Augustin Liane (Liana), geschiedene Kenézy, verheiratete Brockmann, Sängerin und Diseuse. Geb. Berlin, Deutsches Reich (Deutschland), 18. 11. 1927; gest. Wien, 30. 4. 1978; röm.-kath. Enkelin des Schauspielers und Regisseurs Karl (Carl) Augustin (geb. Wien, 18. 8. 1858; gest. Berlin, 1922?), Tochter der Konzertsängerin Martha Augustin, geb. Hahn (geb. Frankfurt am Main, Deutsches Reich/Deutschland, 24. 5. 1888; begraben: Wien, 2. 1. 1953), und des Schauspielers und Regisseurs Karl Joseph Augustin (geb. München, Deutsches Reich/Deutschland, 29. 12. 1891; begraben: Wien, 26. 3. 1986), Mutter von Jenny Kenézy (geb. Wien, 20. 11. 1947; gest. Horn, Niederösterreich, 20. 11. 2019), Assistentin von Marcel Prawy und danach bis zu ihrer Pensionierung Dramaturgin am Burgtheater; 1953–65 mit dem Geschäftsmann Gabor Kenézy (1912–1976), in 2. Ehe vermutlich ab ca. 1966 mit einem Herrn Brockmann verheiratet. – Augustin wuchs gemeinsam mit ihrer Schwester Maria in Berlin auf, wo der Großvater seit der Saison 1911/12 als Schauspieler tätig war. 1944 übersiedelte sie mit ihren Eltern zurück nach Wien und erhielt hier privaten Gesangsunterricht. Bald sang Augustin auch auf Radio Wien. 1945/46 hatte sie erste Auftritte als Sängerin bei Unterhaltungsabenden an verschiedenen Wiener Veranstaltungsorten (Sofiensäle, Konzerthaus, Neues Schauspielhaus, Scala), u. a. mit dem Neuen Wiener Tanzorchester und dem Konzertorchester Ed. Macku. Im Dezember 1945 trat sie in der Koralle (Wien-Alsergrund, Porzellangasse 39) als Parodistin ihres großen Vorbilds, der Sängerin, Schauspielerin und Kunstpfeiferin Ilse Werner, auf. Darüber hinaus sang sie in den Nachtklubs der amerikanischen Besatzungszone in Wien sowie 1948 in Baden und Linz (Kabarett Metropol), wobei sie zum Teil auch als Bodenakrobatin, Tänzerin, Parodistin und Conférencière agierte. Ab Dezember 1948 trat Augustin in der Wiener Bohème-Bar (Dorotheergasse 7) des ungarischen Geschäftsmanns Gabor Kenézy, ihres späteren Mannes, auf. Ihre Gesangsbegleitung übernahm das Bohème-Bar-Trio (Michael Danzinger, Klavier, László Gatti, Gitarre, und Willy Fantel, Akkordeon, Bass). 1949 schloss sie einen Plattenvertrag mit Odeon, später mit Elite Special/Austroton und nahm 1951 zwei Platten mit Gerhard Bronner („Ich, Du, Er, Sie, Es / Baby, es regnet doch“; „Ich hab mich so an dich gewöhnt / Die zehn Gebote der Liebe“) und eine mit Johannes Fehring und seinem Orchester („Lange stand ich am Fenster“) auf. 1952 folgte ein Plattenvertrag mit dem Label Vanguard, deren insgesamt 16 Langspielplatten (bis Anfang der 1960er-Jahre) sie in Wien als Liane with The Boheme Bar Trio (mitunter mit Orchester) für den amerikanischen Markt einspielte, wobei sie Titel auf Deutsch, Englisch, Französisch und Italienisch aufnahm. Ende 1953 kaufte ihr Mann die Eden Bar (Wien-Innere Stadt), die als „Tanzbar für die gute Gesellschaft mit Gesang und Musikattraktionen auf solidester Basis“ von zahlreichen Prominenten des In- und Auslands besucht wurde, und führte sie bis 1974. Hier trat Augustin in der Folge regelmäßig auf und kümmerte sich als „Hausfrau“ um die prominenten Besucher, die ihre Bewunderung für Augustin in einem Gästebuch zum Ausdruck brachten. 1953–56 wirkte sie in sechs Spielfilmen als Sängerin (u. a. Die Fiakermilli, 1953), darüber hinaus ab 1955 auch in einigen Fernsehsendungen mit. Um 1954 begann ihre Zusammenarbeit mit Robert Stolz, mit dem sie bis 1965 mehrfach Rundfunkauftritte absolvierte und eine Schallplatte aufnahm. Auf einer Gesamtaufnahme von Bertolt Brechts und Kurt Weills „Dreigroschenoper“ (u. a. neben →Rosette Anday und Helge Roswaenge), die 1956 in der Volksoper Wien eingespielt wurde, sang sie die Polly Peachum. 1958 vertrat Augustin Österreich beim Grand Prix Eurovision de la Chanson Européenne (heute Eurovision Song Contest) im niederländischen Hilversum und errang mit dem Titel „Die ganze Welt braucht Liebe“ (Musik und Text: Günther Leopold und Kurt Werner) Platz 5. 1961 hatte sie Auftritte in New York. Im Mai 1964 nahm sie mit dem Titel „Da hilft kein Rosenstrauß“ (Musik: Gerhard Winkler, Text: Ralph Maria Siegel) an den Deutschen Schlager-Festspielen teil, kam aber über die Vorrunde nicht hinaus. Nach der Scheidung von ihrem 1. Mann heiratete Augustin vermutlich 1966 erneut, unternahm lange Auslandsreisen (USA, Frankreich, Skandinavien) und lebte in erster Linie in Helsinki und Stockholm. Sie trat auf Kreuzfahrtschiffen auf und kehrte erst 1976 wieder nach Wien zurück, hatte ihre Wohnung an der Dominikanerbastei 21 (Wien 1) jedoch nie aufgegeben. 1976 war sie noch ein letztes Mal in der Eden Bar zu hören und gab im selben Jahr einen Chansonabend im Brahms-Saal des Musikvereins, begleitet von Michael Danzinger, sowie ein Konzert im Rahmen der Wiener Festwochen Anfang Juni. Ihr musikalischer Nachlass befindet sich in der Wienbibliothek im Rathaus. Augustin wurde 1957 mit dem Grand Prix du Disque für die LP „Die Dreigroschenoper“ ausgezeichnet. Nach ihr und dem als „Lieben Augustin“ bekannten Bänkelsänger wurde 2008 der Augustinplatz in Wien-Neubau benannt.