Augustiner, Werner (1922–1986), Maler

Augustiner Werner, Maler. Geb. Graz (Steiermark), 26. 5. 1922; gest. Graz, 10. 1. 1986 (Suizid); röm.-kath. Sohn von Maria Augustiner, geb. Malli, Hausfrau, und Franz Michael Augustiner, Schlosser und Lokomotivführer. – Augustiner kam mit stark verkürzten Armen zur Welt („Klumphände“ war in seinem Pass unter „Besondere Kennzeichen“ vermerkt). Dennoch wurde schon früh sein zeichnerisches Talent erkannt, weshalb er nach Volks- und Hauptschule 1936 in die Kunstgewerbliche Abteilung der Grazer Höheren Bundes-Gewerbeschule aufgenommen wurde. Danach besuchte er ebenfalls in Graz von 1940 bis 1943 die Staatliche Meisterschule des Deutschen Handwerks, wo Rudolf Szyszkowitz sein Lehrer war. Ab 1943 studierte er an der Akademie der bildenden Künste in Wien drei Semester lang bei →Karl Sterrer, ab 1948 vier Semester bei Albert Paris Gütersloh und besuchte den Abendakt bei Herbert Boeckl (1950 Diplomprüfung und Aktpreis der Meisterklasse Boeckl). Anschließend kehrte er nach Graz zurück. Ab 1946 kam es zu Ausstellungsbeteiligungen in Österreich und in Deutschland, erste Verkäufe an private, aber auch öffentliche Sammlungen (wie die Wiener Albertina) folgten. Ein 1942 vom 20-Jährigen geschaffener „Totentanz“ erregte Aufsehen: ein Holzschnitt-Zyklus von erstaunlicher Reife. Zahlreiche Reisen und längere Aufenthalte in Italien (1954 Romstipendium des Ministeriums für Unterricht) und Paris prägten die nächsten zwei Jahrzehnte. 1945 begonnene, ab 1957 nahezu tägliche und 1987 in Teilen publizierte Aufzeichnungen geben höchst aufschlussreiche Einblicke in Augustiners Leben und in sein Denken. In diesen Schriften zeigt sich der Maler und Zeichner als an Politik, Gesellschaft, Religion und Kirche höchst interessiert. Auch als Notizen eines scharfsichtigen Kritikers sind diese Aufzeichnungen lesenswert. Das wesentliche Thema ist die Kunst, die er stets im Kontext mit den genannten Bereichen sah. Augustiner definierte sich als gegenständlicher Künstler, war aber kein Eiferer wider die Gegenstandslosigkeit (obwohl er immer wieder „abstrakten Kitsch“ ortete). In seinen Menschen- und Landschaftsbildern, in seinen Stillleben und in Arbeiten zu religiösen und mythischen Themen führte er Traditionen weiter, die einen Bogen von der Renaissance bis zum Expressionismus schlagen. James Ensor, Georges Rouault und Lovis Corinth waren für ihn maßgebliche Bildschöpfer. Von diesen Einflüssen zeugen Ölgemälde wie „Der Tanz der Salome“, „Harlekin“ und „Wartende und drei Wanderer“, alle schon während seines Studiums entstanden. In diesem Zusammenhang von Interesse ist eine „Kunstpolemik gegen Monsignore Otto Mauer“ 1943. Dieser hatte zu den Förderern des Künstlers gezählt, dann aber in dessen Augen Verrat begangen, weil er sich von der figürlichen Kunst abgewandt hatte – obwohl Mauer noch 1942 die abstrakte Kunst abgelehnt hatte. 1952 riet Mauer Augustiner in einem Brief, die expressionistische Kunst fortzusetzen und die abstrakte bleibenzulassen, da diese „uns Österreichern und Deutschen überhaupt nicht“ liege. Augustiners künstlerisches Credo bestand in der Annahme, dass die Welt durch unser Auge entstehe: „Wie wir sie sehen, so sind wir.“ Kunst definierte er als Neuschöpfung der Welt. Augustiner war Mitglied des Werkbunds (1969 Präsident) und gehörte ab 1979 dem Künstlerbund Graz an. Er wurde mit der Ehrenmedaille in Silber (1960) und in Gold (1982) der Stadt Graz ausgezeichnet. Werke Augustiners befinden sich u. a. in der Albertina und der Österreichischen Galerie Belvedere, beide Wien, im Lentos Kunstmuseum Linz und in der Neuen Galerie Graz.

Weitere W.: s. Schreiner.
L.: Oberösterreichisches Tagblatt, 3. 2. 1986; Kleine Zeitung, 4. 4. 1997 (mit Bild); AKL; Fuchs, 20. Jh.; R. Schmidt, Österreichisches Künstlerlexikon, 1980; W. Augustiner, in: Einrichten 9, 1982, S. 45ff.; Werner Augustiner in Worten. Aufzeichnungen aus den Jahren 1945 bis 1983, ed. J. Kamenschek, 1987; Kunst des 20. Jahrhunderts 1, bearb. C. Reiter, 1993; Werner Augustiner. Werkverzeichnis, ed. H. Schreiner, 2012; Zum Leben Werner Augustiners, Das Leben Werner Augustiner (zusammengestellt von J. Kamenschek, Typoskript, biografische Sammlung ÖBL, o. J.); ABK, Wien.
(Walter Titz)   
Zuletzt aktualisiert: 15.7.2024  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 12 (15.07.2024)