Auinger, Josef (1897–1961), Kriminalbeamter

Auinger Josef, Kriminalbeamter. Geb. Gallspach (Oberösterreich), 1. 12. 1897; gest. Grieskirchen (Oberösterreich), 11. 5. 1961; röm.-kath. Sohn von Theresia Auinger, geb. Höftberger, und dem Besitzer des Ditschenbergerguts in Enzendorf sowie Gemeindevorsteher von Enzendorf Andreas Auinger (geb. Gallspach, 3. 7. 1856; gest. Gallspach, 13. 7. 1916), Vater des Mediziners Josef Auinger (geb. Wien, 13. 10. 1927); ab 1927 verheiratet mit Theresia Auinger, geb. Koppler (Kopler) (geb. Dietach, Oberösterreich, 31. 1. 1904). – Auinger besuchte das Kollegium Petrinum in Urfahr bei Linz. Ab 1915 leistete er Kriegsdienst und diente im Infanterieregiment Nr. 70 an der Ostfront. Bereits ein Jahr später geriet er in russische Kriegsgefangenschaft, aus der er erst 1921 entlassen wurde. Nach seiner Rückkehr nach Österreich arbeitete er zunächst im landwirtschaftlichen Betrieb seiner Eltern mit. 1923 ging er zur Wiener Sicherheitswache, wo er führend im Nachrichtendienst tätig war. 1924 begann er ein Jusstudium an der Universität Graz, das er ab dem Wintersemester 1925/26 an der Universität Wien fortsetzte; 1929 Dr. iur. In der Folge versah er Dienst als Polizeijurist im Polizeikommissariat in Wien-Ottakring. 1933 trat er der illegalen NSDAP bei (die offizielle Aufnahme beantragte er Ende Mai 1938), 1934 der SS, wo er der illegalen SS-Standarte 89, IV. ND-Kompanie angehörte. Auinger nutzte seine berufliche Position, um die Verfolgung illegaler Nationalsozialisten zu hintertreiben, indem er Ermittlungen behinderte und Nationalsozialisten entsprechende Warnungen und Informationen zukommen ließ. Im Gegenzug ging er verstärkt gegen Sozialdemokraten und Kommunisten vor, was ihm in sozialistischen Kreisen den Namen Prügel-Kommissar einbrachte. Im März 1938 übernahm er die Leitung der Gestapo-Außenstelle in St. Pölten, im darauffolgenden Monat wurde er Leiter des Sachgebiets II A 2 bei der Staatspolizeileitstelle Wien. Bereits in der Nacht vom 11. auf den 12. März 1938 hatte er die Befehlsgewalt des Kommissariatsleiters übernommen und ohne dienstlichen Auftrag die Verhaftung von Kommunisten, Sozialdemokraten und anderen Gegnern des NS-Regimes veranlasst. Im Herbst 1938 kam Auinger kurzfristig bei der geheimen Feldpolizei zum Einsatz. 1939, im Jahr seiner Ernennung zum Regierungsrat, übernahm er erneut die Leitung der Gestapo-Außenstelle St. Pölten. Aufgrund seiner politischen Zuverlässigkeit und seiner erfolgreichen Zerschlagungen von Widerstandsgruppen sowie der Verfolgung von Widerstandskämpfer:innen wurde er zum SS-Sturmbannführer ernannt und gehörte somit dem Sicherheitsdienst des Reichsführers SS an. 1940 kehrte er in der Funktion des Referenten II C und H zur Staatspolizeileitstelle Wien zurück. 1942 Oberregierungsrat, avancierte er zum stellvertretenden Leiter bei der Gestapo Salzburg und Linz. Ab Juli 1942 fungierte er als Leiter des SS-Sonderkommandos 7b in Smolensk, wo er an der Ermordung Tausender Jüdinnen und Juden beteiligt war. Im Dezember dieses Jahres ernannte man ihn zum Befehlshaber der Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdiensts Prag. Ab Februar 1943 fungierte er als Inspekteur der Zivilpolizei in Böhmen. Möglicherweise gehörte damals auch die Überwachung des „Zigeunerlagers“ Lety zu seinen Aufgaben. 1944 kam Auinger als Obersturmbannführer zum SS-Einsatzkommando 7 nach Pécs, anschließend zum Reichssicherheitshauptamt, wo er kurzfristig der Informatorischen Abteilung zugeteilt wurde. 1945 geriet er in französische Kriegsgefangenschaft. 1947 lieferten die Franzosen Auinger an die Sowjetunion aus, wo er zu 25 Jahren Arbeitslager verurteilt wurde. Die Strafe verbüßte er zunächst in Ostdeutschland sowie ab 1950 in einem Gefängnis nahe Irkutsk. 1955 entlassen, wurde ein in seiner Heimat eingeleitetes Untersuchungsverfahren letztlich eingestellt. 1934 wurde Auinger Ehrenobmann des Kameradschaftsverbands ehemaliger „Vierzehner“ (Hessen) in Wien.

L.: Widerstand und Verfolgung in Wien 1933–1945. Eine Dokumentation 1, 1934–1938, 1984, S. 282; F. Weisz, Die NS-Machtübernahme in den Wiener Bezirkspolizeikommissariaten, in: Studien zur Wiener Geschichte 49, 1993, S. 195ff.; Der Umgang mit dem Holocaust. Europa – USA – Israel, ed. R. Steininger – I. Böhler, 1994, S. 194f.; S. Ganglmair, Widerstand und Verfolgung in Linz in der NS-Zeit, in: Nationalsozialismus in Linz 2, ed. F. Mayrhofer – W. Schuster, 2002, S. 1413; W. Neugebauer, Repressionsapparat und -maßnahmen 1933–1938, in: Austrofaschismus. Politik – Ökonomie – Kultur 1933–1938, ed. E. Tálos – W. Neugebauer, 5. Aufl. 2005, S. 312; J. Fiala, „Österreicher“ in den SS-Einsatzgruppen und SS-Brigaden, 2010, S. 84ff. (mit Bild); Die Gestapo-Leitstelle Wien, in: DÖW Jahrbuch 2012, 2012, S. 23, 25 (mit Bild); St. D. Yada-Mc Neal, Heim ins Reich – Hitlers willigste Österreicher, 2018, S. 198f.; E. Boeckl-Klamper u. a., The Vienna Gestapo, 1938–1945. Crimes, Perpetrators, Victims, 2022, S. 310f., 316; ÖStA Wien / AdR, BMI, Gauakt 4.646, Auinger, Dr. Josef (1.12.1897); UA, Wien; Pfarre Gallspach, Pfarre Linz-Pöstlingberg, beide Oberösterreich; UA Graz, Steiermark.
(Daniela Angetter)   
Zuletzt aktualisiert: 15.7.2024  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 12 (15.07.2024)