Aumüller, Stephan (István, István Alajos) (1903–1988), Biologe und Lehrer

Aumüller Stephan (István, István Alajos), Biologe und Lehrer. Geb. Langeck, Ungarn (Langeck im Burgenland, Burgenland), 10. 5. 1903; gest. Wiener Neustadt (Niederösterreich), 20. 7. 1988 (begraben: Eisenstadt, Burgenland); röm.-kath. Sohn von Rosa Aumüller, geb. Weninger (geb. Lockenhaus, Ungarn / Burgenland, 30. 11. 1882), und dem Förster Stephan Aumüller (geb. Lockenhaus, 6. 3. 1875); ab 1937 verheiratet mit der Münzdesignerin Georgine (Györgyike Angyal Maria) Aumüller, geb. Novák, 1933 Namensänderung auf Torbágyi (1911–1994). – Als Förstersohn bekam Aumüller von Kindheit an einen intensiven Zugang zur Natur vermittelt. An einer der Arbeitsstätten seines Vaters, der Burg Lockenhaus, wurde durch die dort befindliche Vogelsammlung sein Interesse für die Ornithologie geweckt. Nach der Übersiedlung der Familie ins nahegelegene Hammerteich besuchte er hier die Volksschule und absolvierte als Vorbereitung für die Bürgerschule in Güns einen fünfmonatigen Sprachkurs an einer ungarischen Schule. Anschließend erfolgte seine Ausbildung zum Volksschullehrer in Pápa, wo er 1923 das Lehrer- und Kantorendiplom erwarb. Seine erste Stelle erlangte er noch im selben Jahr an der Volksschule in Unterrabnitz, seine zweite wenig später in Eisenstadt-Oberberg. Nach Ergänzungsprüfungen in Wiener Neustadt wurde er 1938 Fachlehrer für Naturgeschichte und Geografie an der Hauptschule in Eisenstadt. Hier knüpfte er erste Kontakte zum Burgenländischen Landesmuseum, arbeitete dort ab 1931 zeitweilig als Volontär mit und trug zur Vergrößerung der Sammlung bei. 1941 wurde er zur Wehrmacht eingezogen und leistete seinen Kriegsdienst als Sanitäter an der Westfront und später in Berlin, wo er 1945 in sowjetische Kriegsgefangenschaft gelangte und verschleppt wurde. Ende 1947 kehrte er aus Kuibyschew (heute Samara) zurück und begann 1948 als Hauptschullehrer in Neusiedl am See zu unterrichten. Noch im selben Jahr wurde er zum Direktor der Hauptschule in Rust bestellt, wo er bis zu seiner Pensionierung 1965 blieb. Seinen Ruhestand verbrachte er in Luising, Hornstein und Neudörfl. Neben seinem pädagogischen Beruf war Aumüller wissenschaftlich tätig. 1934 veröffentlichte er einen vielbeachteten Aufsatz über „Die Schmetterlinge des Leithagebirges“ (in: Burgenländische Heimatblätter 3, F. 1–3), beschäftigte sich aber hauptsächlich mit Ornithologie, hier in erster Linie mit der Erforschung der Storchenpopulation. Sein besonderes Interesse galt der Bioakustik, und er wurde zu einem Pionier der Vogelstimmenforschung. Seine naturgeschichtlichen, aber auch volkskundlichen Forschungsergebnisse veröffentlichte er auf Deutsch und Ungarisch in Büchern und Zeitschriften, wie den „Burgenländischen Heimatblättern“, „Volk und Heimat“ oder „Savaria“. In seinen Publikationen und Vorträgen ist ein stark volksbildnerischer Ansatz spürbar. Während seiner Forschungslaufbahn rückte der Naturschutz zunehmend in den Mittelpunkt seiner Aktivitäten. 1950 etablierte er mit Unterstützung des Österreichischen Naturschutzbunds eine Zweigstelle der Biologischen Station am Neusiedler See im Hafen von Rust, die v. a. zur Beringung und Zählung von Störchen genutzt wurde. 1961 gelang Aumüller die Reaktivierung des in der Zeit des 2. Weltkriegs aufgelösten Burgenländischen Heimat- und Naturschutzvereins. Von 1961 bis 1966 war er Geschäftsführer dieser Vorgängerorganisation des Naturschutzbunds Burgenland. Der Höhepunkt seiner Initiative auf diesem Gebiet war die Herausgabe des „Handbuchs des burgenländischen Naturschutzes“ (1969). In seinen späten Jahren beschäftigte sich Aumüller mit dem Wirken des Botanikers Carolus Clusius im pannonischen Raum. Er unternahm 1971 eine vierwöchige Studienreise auf dessen Spuren nach Belgien, in die Niederlande, nach Frankreich und Deutschland, zeigte das dabei gesammelte Material 1973 in einer Ausstellung in Güssing, organisierte ein internationales Symposium und initiierte die Gründung der Internationalen Clusius Gesellschaft 1974. 1983 war er Mitherausgeber von Clusiusʼ wichtigem Werk über die Pilze Pannoniens „Fungorum in Pannoniis observatorum brevis historia et Codex Clusii“. Zwei seiner bedeutendsten Publikationen sind die Teile „Naturwissenschaften“ (1956) und „Geowissenschaften“ (1987) in der „Allgemeinen Bibliographie des Burgenlandes“. Zwischen 1965 und 1985 war er ständiger Vortragender bei einschlägigen Fachtagungen in Österreich und Ungarn. Zeitgenossen und die Nachwelt betitelten ihn als „Storchenvater“ und „Pionier des Naturschutzes im Burgenland“. Ab 1931 war er Mitglied des Burgenländischen Heimat- und Naturschutzvereins. Er erhielt 1971 das Goldene Ehrenzeichen des Landes Burgenland, 1974 das Goldene Ehrenzeichen des Österreichischen Naturschutzbunds, 1974 den Berufstitel Professor und 1984 die Clusius-Medaille.

Weitere W. (s. auch Jeanplong): Der Bestand des Weißen Storches in den österreichischen Bundesländern Burgenland, Steiermark und Kärnten in den Jahren 1952–1953, in: Burgenländische Heimatblätter 16, 1954; Der Bestand des Weißstorches im Burgenland in den Jahren 1954 und 1955, in: Burgenländische Heimatblätter 18, 1956; Der Weißstorch (Ciconia c. ciconia) in Ungarn und in Oesterreich, in: Burgenländische Heimatblätter 20, 1958; Beiträge zur Geschichte des burgenländischen Naturschutzes, in: Burgenländische Heimatblätter 24, 1962; Carolus Clusius, der Begründer der botanischen Forschung im Raume des heutigen Burgenlandes, in: Burgenländische Heimatblätter 29, 1967; Die Vogelsammlung Huszthy Edmunds in der Burg Lockenhaus, in: Naturwissenschaften 1966–1967, Wissenschaftliche Arbeiten aus dem Burgenland 38, 1967; Burgenland als Wiege der wissenschaftlichen Pilzkunde, in: Volk und Heimat 22, 1969; Zum Naturschutzjahr 1970, in: Volk und Heimat 23, 1969/70; Einige Ergebnisse der neuen Clusius-Forschung, in: Burgenländische Heimatblätter 34, 1972; Clusius und die Bienenkunde, in: Burgenländische Heimatblätter 40, 1978; Volksbotanik: bislang ein Stiefkind des Burgenlandes, in: Volk und Heimat 33/34, 1979/80.
L.: Clusius-Medaille für Prof. Aumüller, in: Burgenländische Freiheit 54, 1984, Nr. 25, S. 42; I. Csapody, Aumüller István (1903–1988) emlékezete, in: Soproni Szemle 44, 1990, S. 276ff. (mit Bild); J. Jeanplong, Megemlékezés Stephan Aumüller biológusra (1903–1988), in: Savaria 20, 1991, S. 137ff. (mit W.); G. Schlag, Burgenland. Geschichte, Kultur und Wirtschaft in Biographien. XX. Jahrhundert, 1991; 80 Jahre Naturschutzbund Burgenland, 2011, S. 6, 9, 15, 22, 25, 93f.; Landesmuseum Burgenland, Eisenstadt / Alte Hausakten, 1931, 22/1.
(Gert Polster)   
Zuletzt aktualisiert: 15.7.2024  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 12 (15.07.2024)