Auředníček, Otakar (Ottokar, Otokar) (1868–1945), Schriftsteller, Jurist und Beamter

Auředníček Otakar (Ottokar, Otokar), Schriftsteller, Jurist und Beamter. Geb. Rattaj, Böhmen (Rataje nad Sázavou, CZ), 27. 8. 1868; gest. Praha, Tschechoslowakei (CZ), 1. 6. 1945; röm.-kath. Sohn des Juristen Antonín Auředníček (geb. 1835) und seiner Frau Emilie Františka Handlová (geb. 1841), Bruder des Advokaten Zdenko (Zdeněk) Auředníček (1863–1932), Schwager der Übersetzerin und Publizistin Anna Auředníčková, geb. Schück (Schick, Šiková, 1873–1957); ab 1905 verheiratet mit Sylvia Goldenberg (geb. Wien, 24. 9. 1882). – A. erhielt zuerst Privatunterricht in Kuttenberg. Nach dem Umzug seiner Familie nach Prag 1882 setzte er seine Ausbildung am dortigen Akademischen Gymnasium fort (1888 Matura). Danach studierte er Jus an der tschechischen Universität und wurde 1894 promoviert. Kurze Zeit war er als Aspirant in Přibram tätig, 1896–98 als Konzipist in der Direktion der österreichischen Staatsbahnen in Prag, ab 1899 in diversen Funktionen im Eisenbahnministerium in Wien; 1910–18 fungierte er als stellvertretender Direktor der Eisenbahndirektion in Triest. Nach der Gründung der Tschechoslowakei wirkte er als Direktor der Tschechoslowakischen Eisenbahnen in Hradec Králové. 1928 wurde er in den Ruhestand versetzt und wohnte bis zu seinem Lebensende in Prag. Sein gesamtes Œuvre ist stark autobiographisch. Zusammen mit Jaromír Borecký und →Jaroslav Kvapil zählt A. zu den sogenannten Epigonen Jaroslav Vrchlickýs (→Emil Frida). In seinem Werk, Ausdruck der literarischen Dekadenz, sind viele Einflüsse der französischen Poètes maudits zu finden. Während sein lyrisches Frühwerk spätimpressionistisch geprägt ist, entstanden spätere Liebesgedichte zunehmend unter dem Eindruck der dekadenten Poetik mit einem Hang zu symbolisch konstruierten Mysterien von unerfüllten Wünschen und Träumen. A.s Prosa, oft in der düsteren, erotisch aufgeladenen und exotischen Atmosphäre der Künstlerkreise angesiedelt, handelt von schicksalhaften und meist sinnlichen Liebesbegegnungen, die jedoch bereits im Voraus auf ein tragisches Ende hinweisen, wobei der Verfasser sie mit ironischer und antibürgerlich orientierter individualistischer Kritik schildert. Sein späteres Werk verlor aber den Nimbus der Exklusivität und gehörte allmählich zur viel gelesenen Unterhaltungslektüre mit erotischen und exotischen Themen. Zu einem wesentlichen Teil von A.s Schaffen zählen zahlreiche Übersetzungen französischer (Ernest Feydeau, Pierre Louys, Guy de Maupassant, Catulle Mendès, Émile Zola) und italienischer (Alfredo Segre, Giovanni Verga) Belletristik.

W. (s. auch LČL): Verše, 1889; Zpívající labutě, 1891; Malířské novely, 1892; Pseudokontessy a jiné novely, 1894; Intimní dramata, 1895; Královna loutek, 1928; Karneval, 1929; Bloudící srdce, 1933. – Nachlass: Literární archiv PNP, Praha, CZ.
L.: Venkov, 27. 9. 1928; LČL (mit W.); Masaryk; Otto; Zvon 39, 1939–40, S. 71; J. Kunc, Slovník soudobých českých spisovatelů 1, 1945, S. 12f.; J. Brabec, Poezie na předělu doby, 1964, s. Reg.; T. Vlček, Praha 1900, 1986, s. Reg. (mit Bild); L. Merhaut, Cesty stylizace, 1994, s. Reg.; M. Exner, in: Estetika 41, 2005, S. 85ff.; B. Sajvera, Osobnosti Uhlířskojanovicka, 2006, S. 7 (mit Bild); Pfarre Votivkirche, Wien.
(V. Petrbok)  
Zuletzt aktualisiert: 25.8.2023  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 11 (25.08.2023)