Babor, P. Konrad (Johann) (1762–1846), Ordensmann und Theologe

Babor P. Konrad (Johann) OSB, Ordensmann und Theologe. Geb. Radomischl, Böhmen (Radomyšl, CZ), 8. 3. 1762; gest. Olmütz, Mähren (Olomouc, CZ), 21. 11. 1846; röm.-kath. Aus ärmlichen Verhältnissen stammend. B., der mit neun Jahren seinen Vater verlor, wurde von einem Verwandten in Krumau erzogen, wo er die deutsche Sprache erlernte und die Grammatikal- und Humanitätsklassen des Gymnasiums besuchte. Die philosophischen Studien absolvierte er in Passau. 1780 trat er als Novize bei den Benediktinern in Seitenstetten ein, wo er seine Neigung zu Wissenschaft und Geschichte in der Stiftsbibliothek vertiefen konnte. 1781–83 studierte er an der Hauslehranstalt des Stifts Moral und Dogmatik, setzte aufgrund der josephinischen Reformen 1783 sein Theologiestudium an der Universität Wien (nicht nachweisbar) und ab 1785 im Wiener Generalseminar fort, wo er sich überwiegend mit Kirchengeschichte und dem Studium orientalischer sowie alter europäischer Sprachen befasste. 1786 wurde er vom Generalseminar zum Studienpräfekten ernannt. Nach seiner Ordination 1787 wirkte er als Korrepetitor für Hebräisch und Hermeneutik des Alten Testaments in Wien. 1789 erhielt B. den Lehrstuhl für Hermeneutik des Alten und Neuen Testaments in Olmütz; 1792 Dr. theol. in Olmütz, 1794 Lehrer der Dogmatik und Rektor des Lyzeums, später auch Direktor des theologischen Studiums an der Universität Olmütz. Als Präses des Studienkonsesses in Mähren und Schlesien stand er jenem Gremium vor, das ein Vorschlagsrecht bei Lehrstuhlbesetzungen hatte, an Bücherbeschaffung und Stipendienverteilung beteiligt war und Aufgaben der Sittenaufsicht wahrnahm; 1818 Direktor des theologischen Studiums an der Universität Olmütz. Wegen gesundheitlicher Probleme gab B. Ende 1804 seine Lehrverpflichtungen auf und wandte sich der Seelsorge zu. 1805 wurde er Pfarrer und Dechant im mährischen Sternberg, 1818 im Olschan bei Proßnitz. Seine theologisch-wissenschaftlichen Aktivitäten übte er ohne Einschränkung auch während seines Wirkens als Seelsorger weiter aus. Der aufgeklärte Wissenschaftler, der zeit seines Lebens eine Vorliebe für die Orientalistik hegte, trat für eine vorurteilsfreie, an den Quellen orientierte und an diesen nachprüfbare Geschichtsschreibung ein. Ein besonderes Interesse entwickelte er an der Geschichte der Exkommunikation, wobei er zum Schluss kam, dass die Kirche selbst dieses an sich wichtige Instrument durch allzu häufige Anwendung seiner Kraft und Wirkung beraubt habe. Da er sich dabei mit seiner Argumentation zu Angriffen gegen das Papsttum verstieg, wurde er heftig kritisiert.

L.: Gräffer-Czikann; Wurzbach; H. Hurter, Nomenclator literarius theologiae catholicae 5/1–2, 1911–13, s. Reg.; R. Zimprich, Die Professoren der k. k. Franzensuniversität zu Olmütz (1828–1855), 1962, S. 5; M. Brandl, Die deutschen katholischen Theologen der Neuzeit 2, 1978; UA, Wien; Stiftsarchiv Seitenstetten, Niederösterreich.
(J. Tisch)  
Zuletzt aktualisiert: 30.11.2015  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 4 (30.11.2015)