Bahner, Willi (Wilhelm Josef) (1906–1981), Bühnenbildner, Maler und Grafiker

Bahner Willi (Wilhelm Josef), Bühnenbildner, Maler und Grafiker. Geb. Neutitschein, Mähren (Nový Jičín, Tschechien), 26. 4. 1906; gest. Wien, 7. 7. 1981; röm.-kath. Sohn der Thekla Bahner, geb. Miksch (gest. 1945), und des Schlossers Josef Bahner (gest. 1945); ab 1939 verheiratet mit Rosa Bahner, geb. Hofbauer (geb. 28. 5. 1909). – Nach dem Besuch der Realschule ging Bahner nach Wien, um Maler zu werden. Er zeichnete 1922 Akt an der Kunstgewerbeschule und wurde 1923 an der Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt in die Kupferstichklasse von →Alfred Cossmann aufgenommen. Ab 1924 war er Schüler von →Rudolf Jettmar in der Allgemeinen Malerschule der Akademie der bildenden Künste und 1928–29 von Ferdinand Andri in der Meisterschule für Malerei (1925 Naturkopfpreis, 1926 Goldene Fügermedaille und Lampi-Preis, 1927 Silberne Fügermedaille). Anschließend studierte er bis 1931 Regie und Bühnenbild bei →Alfred Roller und →Oskar Strnad am Max Reinhardt-Seminar an der Staatsakademie für Musik. Nachdem er 1930 ein Bühnenbild zu einer Sonderveranstaltung der Salzburger Festspiele und 1932 Kostüme und Bühnenbild für Otto Indigs Komödie „Die Braut von Toroczko“ am Wiener Theater in der Josefstadt entworfen hatte, war Bahner 1932–36 als Bühnenbildner und Chef des Kostümwesens für das Burg- und Akademietheater tätig. In diese Zeit fallen Bühnenbilder und Kostüme für mehr als 40 Stücke, darunter für Imre Madáchs „Die Tragödie des Menschen“ (1934) oder →Franz Grillparzers „Ein Bruderzwist in Habsburg“ (1938), bzw. die Zusammenarbeit mit Regisseuren wie Ernst Lothar, Otto Preminger und →Raoul Aslan. Daneben stattete Bahner für Kostümbälle die Säle des Wiener Konzerthauses mit Dekorationen und historischen Nachbauten aus (100 Jahre Josefstadt, 1933; Landstreicherkongress, 1934; Salzburger Festspielrummel, 1936) und gestaltete mit dem Baumeister Karl Lorenz die Sommerbühne Theater der Fünftausend in Weigls Dreherpark bei Schönbrunn (1934). Für die Salzburger Festspiele 1936 entwarf er die Kostüme zu Wagners „Die Meistersinger von Nürnberg“ und übernahm verschiedene Arbeiten für die Salzburg Opera Guild, die in den USA erfolgreich war. Als Bühnenbildner war er in der Folge an einer Reihe weiterer Theater tätig, wie dem Wiener Werkel, dem Künstlertheater, dem Theater an der Wien, dem Theater in der Josefstadt, der Insel, der Renaissancebühne (bis 1950) sowie dem Volkstheater (ab 1954). 1943 und 1944 lieferte er Bühnenbilder für die Exl-Bühne und 1944 für eine von der NS-Organisation „Kraft durch Freude“ organisierte Freiluftaufführung von Rossinis „Barbier von Sevilla“. Erste Buchillustrationen datieren ebenfalls aus dieser Zeit (Friedrich Wallisch, „Die Rosenburse“, „Slowakische Märchen“, beide 1944). Es folgten verstärkt grafische Arbeiten – neben Bucheinbänden und Umschlägen Illustrationen u. a. zu „Österreichs Märchenschatz“ (ed. Karl Haiding, 1953) oder „Es war einmal. Märchen für Größere“ (ed. Max Stebich, 1956, 7. Auflage 1974). Jahrzehntelang war Bahner auch in der Lehre tätig. So referierte er 1935/36 über die Entwicklung des Bühnenbilds im Wiener Volksbildungsverein, gehörte 1936 dem Lehrkörper des neugegründeten Studios für arbeitslose Schauspieler an, unterrichtete ab 1941 an der Kunst- und Modeschule der Stadt Wien sowie der Musikschule Wien (Kostümkunde bei Rosalia Chladek) und lehrte 1950–52 im Rahmen der Künstlerischen Volkshochschule in der Akademie der bildenden Künste Buchillustration, Schriftzeichnen, Bühnenbild, Holzschnitt, Radierung, Linolschnitt sowie Schaufensterdekoration. 1953–55 hielt er Kurse über Schrift und Schreiben an der Urania Wien, ab 1958 Vorlesungen über visuelle Werbung an der Hochschule für Welthandel. Als Lehrbeauftragter (1961–63) und Leiter einer Meisterklasse für Schrift und angewandte Schriftgestaltung bzw. Grafik an der Hochschule für angewandte Kunst in Wien (1965–76) unterrichtete Bahner u. a. Friedrich Eisenmenger, Joey Badian und Franz Merlicek. Er war ein Pionier des Corporate Designs. Sein künstlerisches Werk umfasst neben den genannten Bereichen u. a. das Produktionsdesign bei Filmen („Frau Suitner“, 1962; „Fast ein Poet“, 1968), Lettern-Entwürfe für die Schriftgießerei Klingspor in Offenbach am Main (darunter die Schrift WEGA), Wandbespannungen in den Pausenräumen sowie Beschriftungen im Theater an der Wien (1962, Motive aus „Fidelio“, „Lumpazivagabundus“, „Fledermaus“, „Zigeunerbaron“, „Eine Nacht in Venedig“), Beschriftungen von Wiener Wohnhausanlagen, Signets, Firmenzeichen, heraldische Arbeiten, Plakate (u. a. Wiener Festwochen, 1956, 1957, 1960) und Landschaftsaquarelle. Bahner war an der Gestaltung von Ausstellungen in Wien ebenso beteiligt wie an Messen in Wien, Toronto, Utrecht, Mailand, Zagreb und Kopenhagen. Er gehörte u. a. der Wiener Secession, dem Österreichischen Werkbund und der Werbewissenschaftlichen Gesellschaft an. Er erhielt 1957 den Professorentitel h. c. und 1963 den Würdigungspreis der Stadt Wien für angewandte Kunst. Zahlreiche von ihm angefertigte Bühnenbildentwürfe und Figurinen befinden sich im Theatermuseum, Wien / Sammlung der Handzeichnungen.

Weitere W.: Die Sommer-Arena, in: Österreichische Kunst 5, 1934, H. 10; In memoriam Alfred Roller, in: Die Bühne 403, 1935; Die Szene. Willi Bahner spricht über die „Meistersinger“-Kostüme für Salzburg, in: Profil, 1936, H. 6.
L.: Die Presse, 16. 7. 1981; AKL; Alth, Burgtheater; Fuchs, 20. Jh.; Die Bühne 371, 1934, S. 12 (Bild), 384, 1934, S. 33 (mit Bildern); U. Radenius, in: Österreichische Kunst 7, 1936, H. 4, S. 30; H. Ankwicz von Kleehoven, in: Österreichisches Jahrbuch für Exlibris und Gebrauchsgraphik 40, 1954/55, S. 16; Kürschners Biographisches Theater-Handbuch, ed. H. A. Frenzel – H. J. Moser, 1956; R. Schmidt, Österreichisches Künstlerlexikon, 1980; Kunst: Anspruch und Gegenstand. Von der Kunstgewerbeschule zur Hochschule für angewandte Kunst in Wien 1918–1991, 1991, s. Reg.; A. Kern, Österreichisches Grafikdesign im 20. Jahrhundert, 2010, s. Reg.; Grafikdesign von der Wiener Moderne bis heute, ed. A. Kern u. a., 2010, s. Reg.; Wien Geschichte Wiki (Zugriff 15. 11. 2023); ABK, Österreichisches Volkshochschularchiv, Universität für angewandte Kunst Wien, alle Wien; WStLA / Bundespolizeidirektion Wien, Historische Meldeunterlagen, K 11; Pfarre Nový Jičín, Tschechien.
(Eva Offenthaler)   
Zuletzt aktualisiert: 15.7.2024  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 12 (15.07.2024)