Bahr, Alois (1834–1898), Politiker und Notar

Bahr Alois, Politiker und Notar. Geb. Brünn, Mähren (Brno, CZ), 11. 4. 1834; gest. Salzburg (Salzburg), 5. 9. 1898; röm.-kath. Sohn des Oberpostamt-Verwalters in Brünn Engelbert Bahr (1790–1842) und von Maria Rosina Bahr, geb. Reisinger (geb. 1811; gest. 15. 10. 1867), Vater des Musikkritikers Otto Bahr (geb. Linz, Oberösterreich, 8. 1. 1866; gest. 18. 7. 1927) und von →Hermann Bahr; verheiratet mit Wilhelmine Bahr, geb. Weidlich (geb. Jauernig, Schlesien / Javorník, CZ, 1836; gest. 1902). – B. besuchte das Untergymnasium in Prag und wechselte dann an das Obergymnasium in Wien, wo er 1851 die Matura ablegte. 1852–55 studierte er an der Universität Wien Rechts- und Staatswissenschaften; 1857 Dr. jur. Bereits 1855 war B. in den Staatsdienst eingetreten. Zunächst als Konzipist in der Finanzprokuratur Wien tätig, kam er ein Jahr später in der gleichen Eigenschaft nach Temesvar (Timișoara), wo er bis zu seiner Versetzung nach Linz 1861 blieb. 1861–63 wirkte er als Beamter der Finanzprokuratur in Linz und danach bis zu seinem krankheitsbedingten Rückzug im Herbst 1896 als Notar. In den Jahren 1879 bis 1896 bekleidete B. zudem die Funktion des Präsidenten der Linzer Notariatskammer. Als politisch ausgeprägt liberal eingestellter Mensch betätigte sich B. im Deutschen Verein für Oberösterreich und zählte gemeinsam mit →Moriz v. Eigner zu den Führern der Liberalen in Oberösterreich. B. war Befürworter einer „geschlossenen Kampfgemeinschaft“ zwischen Liberalen und Deutschnationalen. 1867–77 wirkte er im Linzer Gemeinderat; 1873–96 gehörte er dem Oberösterreichischen Landtag an. 1874–84 und 1890–96 war er Mitglied des Landesausschusses, wo er u. a. mit den Agenden Verwaltung des Landesfonds, Eisenbahnwesen, Landes-, Bezirks- und subventionierte Gemeindestraßen, Wasserbauten und Landeskuranstalt Bad Hall betraut war. Seine glänzende Rednergabe, gepaart mit gemäßigtem Auftreten, sowie seine umfassenden und gründlichen Sachkenntnisse wurden über alle Parteigrenzen hinweg geschätzt. Insbesondere die rhetorischen Duelle mit seinem konservativen Gegenspieler, dem Linzer Bischof →Franz Joseph Rudigier, blieben den Zeitgenossen in Erinnerung. Ein ihm wiederholt angetragenes Reichsratsmandat lehnte B. ab. Nach einer siebenjährigen Mitgliedschaft im Linzer Ortsschulrat wurde er 1874 vom Landesausschuss in den Landesschulrat gewählt, dem er bis 1884 angehörte. In die Zeit seines dortigen Wirkens fielen u. a. der Bau des Linzer Akademischen Gymnasiums und der Lehrerbildungsanstalt. Neben seinem Interesse für Bildungsfragen engagierte er sich als Vertreter des Landesausschusses in der Linzer Handelsakademie und als Mitinitiator des Volksbildungsvereins. Darüber hinaus übte B. die Funktionen eines Direktionsmitglieds der Kremstalbahn und des Vizepräsidenten der Bank für Oberösterreich und Salzburg aus. Aus gesundheitlichen Gründen zog er sich 1896 ins Privatleben zurück und übersiedelte mit seiner Frau nach Salzburg. Als Anerkennung für seine vielfältigen Verdienste wurde B. 1895 mit dem Orden der Eisernen Krone III. Klasse ausgezeichnet.

N.: Tages-Post (Linz), 6. 9. 1898 (m. Parte).
L.: E. Puffer, Die Linzer Gemeindemandatare, in: Historisches Jahrbuch der Stadt Linz 1968, 1969, S. 103; I. Karl, Kultur-, Sozial- und Wirtschaftspolitik des oberösterreichischen Landtags 1871–1883, phil. Diss. Graz, 1972, S. 212f.; K. Wimmer, Liberalismus in Oberösterreich. Am Beispiel des liberal-politischen Vereins für Oberösterreich in Linz (1869–1909), 1979, s. Reg.; A. Zerlik, Sudetendeutsche in Oberösterreich, 2. erweiterte Aufl. 1982, S. 105 (m. B.); H. Slapnicka, Oberösterreich – Die politische Führungsschicht 1861 bis 1918, 1983; E. Puffer, in: Hermann B. – der Herr aus Linz, ed. G. Wacha, Linz 1984, S. 17–20 (Kat.; m. B.); UA, Wien; Oö. LA, Linz, Oberösterreich; Erzdiözese Salzburg.
(N. Kriechbaum)   
Zuletzt aktualisiert: 15.3.2013  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 2 (15.03.2013)