Balšánek, Antonín (1865–1921), Architekt

Balšánek Antonín, Architekt. Geb. Böhmisch Brod, Böhmen (Český Brod, CZ), 6. 4. 1865; gest. Praha, Tschechoslowakei (CZ), 22. 2. 1921; röm.-kath. B. studierte 1883–88 Architektur an der tschechischen Technischen Hochschule in Prag, 1885–87 war er Gasthörer an der dortigen Akademie der bildenden Künste. Anschließend wirkte er an der Technik als Assistent, 1911 wurde er – in Nachfolge von →Josef Schulz – zum o. Professor für Architektur bestellt. Bereits während des Studiums unternahm er Reisen nach Deutschland und Italien. 1894 eröffnete er ein eigenes Architekturbüro in Prag. Am Anfang seiner Karriere stand 1890 ein erfolgreiches Wettbewerbsprojekt für den Ersatz der Prager Kaiser-Franz I.-Brücke (gemeinsam mit Josef Janů und Jiří Soukup, errichtet 1898–1901, heute: Most Legií). Wichtig für seine Berufslaufbahn wurde v. a. der Auftrag für das Museum der Hauptstadt Prag (Muzeum hlavního města Prahy) im Stil der Neorenaissance (1895, realisiert 1896–98). Diesem Stilabschnitt in seinem Schaffen entspricht auch das Pilsner Stadttheater, in dem das Baukonzept von →Gottfried Sempers Dresdner Hoftheater erkennbar ist (Wettbewerb 1896, erbaut 1899–1902). Nach 1900 verbinden seine Bauten Historismus mit der floralen Dekoration des Jugendstils: Dazu gehören das Projekt für das Stadttheater in Pardubitz, 1904 (erbaut 1906–09), und für das Prager Gemeinde- oder Repräsentationshaus (Obecní dům, 1906–11, gemeinsam mit Osvald Polívka), das von den führenden tschechischen Malern und Bildhauern (etwa →Alfons Mucha und →Josef Václav Myslbek) ausgestattet wurde. Erst in seinen späten Werken näherte sich B. dem Modernismus an, zuerst bloß in den dekorativen Motiven (Vorschusskasse in Prag-Vršovice, 1911–12), später auch in der Baukomposition (Museum in Český Brod, Projekt ab 1906, realisiert posthum 1927–28). Ab 1902 konzentrierte sich B. auf städtebauliche Konzeptionen, namentlich für die Prager Stadtteile Kleinseite und Hradschin. B. war ein produktiver Architekt des Historismus, dessen Projekte sorgfältig und eindrucksvoll ausgearbeitet waren. Von Seiten der damaligen Modernisten wurde er allerdings heftig kritisiert, besonders für den kostspieligen Prachtbau des Prager Repräsentationshauses, welches im Jahr der Fertigstellung stilistisch veraltet aussah. Manchmal verhalf B. auch seine Konformität zu einem Auftrag, obwohl er den öffentlichen Wettbewerb nicht gewonnen hatte. Seine Projekte und städtebaulichen Studien publizierte er in der Zeitschrift des Architekten- und Ingenieur-Vereins „Architektonický obzor“, deren Chefredakteur er ab 1903 war. Daneben verfasste er einige historische Studien über Baudenkmäler und Architekturmotive der Renaissance in Tschechien („Belvedere – Letohrádek královny Anny na Hradčanech“, 1887; „Štíty a motivy attikové v české renaissanci“, 1902) und über Prager Dacharchitektur im Barock, „Architektura střech doby barokové v Praze“, 2 Bde., 1906–07. B. war Mitglied der Prüfungs-Kommissionen für Zivil-Techniker und wurde 1901 Ritter des Franz Joseph-Ordens.

Weitere W.: Haus „U Českých patronů“, 1895 (Prag); Pavillon der Feuerwehr bei der Prager Völkerkundeausstellung, 1895; Villa des Industriellen Jan Sehnoutka, 1904 (Černožice).
L.: AKL; BSČZ; Otto 28; Toman; Vollmer; F. X. Harlas, Sochařství, stavitelství, 1911, S. 179ff.; Architektonický obzor 20, 1921, S. 13ff.; Z. Wirth – A. Matějček, Česká architektura 1800–1920, 1922, S. 53f.; J. Tomeš u. a., Český biografický slovník XX. století 1, 1999; M. Horyna, in: Dějiny českého výtvarného umění 3/2, ed. T. Petrasová – H. Lorenzová, 2001, S. 193.
(V. Laštovičková)   
Zuletzt aktualisiert: 30.11.2015  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 4 (30.11.2015)