Bánffy von Losoncz Dezső (Desider) Baron, Politiker. Geb. Klausenburg, Siebenbürgen (Cluj-Napoca, RO), 28. 10. 1843; gest. Budapest (H), 24. 5. 1911; evang. HB. Sohn des Abgeordneten und Obergespans des Komitats Doboka Dániel Baron Bánffy von Losoncz d. Ä. (geb. Fugad, Siebenbürgen / Ciuguzel, RO, 14. 5. 1812; gest. Csombord, Ungarn / Ciumbrud, RO, 29. 4. 1888) und von Anna Baronin Bánffy von Losoncz, geb. Gyárfás von Léczfalva (geb. Neumarkt, Siebenbürgen / Târgu Mureș, RO, 6. 3. 1821; gest. Klausenburg, 31. 5. 1902), Vater des Publizisten, Mäzens, Oberhausmitglieds und Obergespans des Komitats Groß-Kokelburg Ferenc Baron Bánffy von Losoncz (geb. Grossendorf, Siebenbürgen / Nușeni, RO, 10. 10. 1869; gest. Budapest, 10. 9. 1938), Großvater des ungarischen Landwirtschaftsministers Dániel Baron Bánffy von Losoncz d. J. (geb. Straßburg, Siebenbürgen / Aiud, RO, 18. 9. 1893; gest. Budapest, 7. 4. 1955); ab 1865 verheiratet mit Mária Baronin Bánffy von Losoncz, geb. Baronin Kemény von Magyargyerőmonostor (geb. Bethlen, Siebenbürgen / Beclean, RO, 2. 7. 1844; gest. Grossendorf, 3. 8. 1884), ab 1893 in 2. Ehe verheiratet mit der Lehrerin Ilona Baronin Bánffy von Losoncz, geb. Máthé von Nagyenyed (geb. Burglos, Siebenbürgen / Dej, RO, 18. 8. 1862; gest. Budapest, 14. 10. 1941). – Nach dem Schulbesuch in Klausenburg studierte B. Rechts- und Staatswissenschaften in Leipzig (ab 1863) und Berlin, anschließend widmete er sich der Verwaltung seiner Güter in Siebenbürgen. Ab den 1870er-Jahren als Mitglied der Liberalen Partei (Szabadelvű Párt) auch politisch aktiv, fungierte er ab 1875 als Obergespan des Komitats Inner-Szolnok sowie als Hauptmann des Kővárer Distrikts, 1876–90 als Obergespan des Komitats Szolnok-Doboka und 1890–92 des Komitats Bistritz-Nussdorf. 1875 zum Notar des Magnatenhauses ernannt, wirkte B. ab 1892 als Abgeordneter im ungarischen Reichstag und war 1892–95 Präsident des Abgeordnetenhauses. 1895–99 amtierte er als Ministerpräsident, 1898 zugleich auch als Minister am Allerhöchsten Hoflager. Die Regierung B. verfolgte eine ambivalente Politik: Sie setzte liberale Gesetze, wie die volle Rezeption der jüdischen Religion und die Sicherung der freien Religionsausübung, durch, führte 1896–97 eine Strafprozessordnung ein, welche eine allgemeine Geschworenengerichtsbarkeit vorsah und gründete 1897 das Verwaltungsgericht. Zugleich war B. jedoch auch ein militanter Verfechter der Magyarisierung und trat vehement für den Ausbau des ungarischen Nationalstaats im Rahmen der österreichisch-ungarischen Monarchie ein. Während seiner Regierungszeit erreichte die Unterdrückung der nichtmagyarischen Nationalitäten, aber auch der sozialen Bewegungen einen neuen Höhepunkt. Aufgrund der Manipulationen während der Wahlkampagne 1896 kam es zum Widerstand der politischen Opposition, der 1898 in parlamentarische Obstruktion mündete und zum Sturz B.s führte. In der Folge war er 1899–1904 königlich ungarischer Obersthofmeister, danach stand er 1904–06 der von ihm gegründeten Oppositionspartei Új Párt vor und saß als Abgeordneter im ungarischen Reichstag. B. publizierte regelmäßig Artikel über die Nationalitätenfrage in Ungarn („Magyar nemzetiségi politika“, 1903), war Oberkurator des reformierten Kirchendistrikts Siebenbürgen und ab 1910 Präsident der Liga für das allgemeine Wahlrecht (Választójogi Országos Szövetség). 1899 wurde ihm das Großkreuz des St. Stephan-Ordens verliehen.