Bardolff, Karl Frh. von; 1918 Freiherr von (1865–1953), General und Fachschriftsteller

Bardolff Karl, 1918 Freiherr von, General und Fachschriftsteller. Geb. Graz (Steiermark), 3. 9. 1865; gest. Graz, 17. 5. 1953 (begraben: Wien); röm.-kath. Sohn von Mathilde Theresia Bardolff, geb. Gründorf, und dem Hofbeamten und Musiker Carl Bardolff (1816–1882), Neffe des Offiziers Wilhelm Gründorf von Zebegény (1832–1866); ab 1899 in 1. Ehe verheiratet mit der Offizierstochter und Sängerin Cäcilie Bardolff, geb. von Wenz (1863–1910), ab 1912 mit der Sängerin Georgine (Freifrau von) Bardolff, geb. Preleuthner (1880–1960). – Bardolff verlebte seine frühe Kindheit in Wien, dann übersiedelte er nach Graz. Nach dem Besuch des 2. Staatsgymnasiums rückte er im September 1884 als Einjährig-Freiwilliger zur Reserveoffiziersausbildung ein und wurde dem Wiener Infanterieregiment Nr. 4 zugeteilt; 1885 Leutnant der Reserve. An der Universität Graz studierte er ab 1884/85 Rechtswissenschaften und wurde 1889 zum Dr. iur. promoviert. Während seiner Studienzeit trat er dem Deutschen Akademischen Gesangverein bei. 1889 wurde Bardolff als Berufsoffizier in die k. u. k. Armee übernommen und versah seinen Dienst zunächst im Grazer Infanterieregiment Nr. 27. 1891 begann er seine Generalstabsausbildung in der Kriegsschule in Wien. 1893 zum Oberleutnant befördert, folgten Verwendungen im Truppengeneralstab bis 1896, im Operationsbüro des Generalstabs 1896–1901 und als Kompaniekommandant beim Infanterieregiment Nr. 31 sowie beim Infanterieregiment Nr. 63 1891–93. 1903–06 lehrte er (ab 1904 als Major) Kriegsgeschichte und Strategie an der Kriegsschule. Danach wirkte er – 1908 zum Oberstleutnant ernannt – bis 1909 zunächst im Operationsbüro und anschließend als Bataillons- und Regimentskommandant beim Infanterieregiment Nr. 19. 1911 Oberst, leitete er bis 1914 die Militärkanzlei des Generalinspektors der gesamten bewaffneten Macht Erzherzog Franz Ferdinand und fungierte als Flügeladjutant des Thronfolgers. Somit wurde er auch zum Augenzeugen der Ermordung →Franz Ferdinands. Im 1. Weltkrieg versah Bardolff zunächst bis September 1914 als Kommandant der 29. Infanteriebrigade seinen Dienst, danach bis Ende 1917 als Generalstabschef der 2. Armee; 1915 Generalmajor, 1918 Feldmarschallleutnant. Anfang 1918 wurde er Kommandant der 60. Infanteriedivision. Ab Oktober 1918 wirkte er als Sektionschef für Verpflegung und Bekleidung im Kriegsministerium. 1919 wurde er pensioniert. Nach dem Krieg übersiedelte Bardolff von Wien nach Graz und übernahm eine Rechtsanwaltsanwärterstelle im steirischen Gröbming bis zum Februar 1921. Danach im Aufsichtsrat des Industriekonzerns Peter Westens in Wien tätig, war er dort v. a. wegen seiner Kenntnisse des Balkans und seines Bekanntheitsgrads bei maßgebenden Personen von großem Nutzen. In dieser Zeit trat er einerseits durch öffentliche Vorträge im militärischen Umfeld zu Franz Ferdinand in Erscheinung (etwa im Jänner 1927 im Wiener Militärkasino), andererseits war er u. a. als Vorsitzender des Deutschen Volksrats für Österreich (1932–36), als Obmann des Verbands deutschvölkischer Vereine und des Deutschen Klubs (1932–37 und 1938–39) in Wien, laut dem Historiker István Deák eine „Tarnorganisation der illegalen Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei“, politisch aktiv. Nach dem „Anschluss“ Österreichs wurde Bardolff zum SA-Oberführer ernannt, war Generalleutnant (zur Verfügung) und als Parteiloser Mitglied des Reichstags. 1939 avancierte er zum General der Infanterie (zur Verfügung). Eine aktive Verwendung erfolgte jedoch nicht. Nach dem Ende des 2. Weltkriegs wurde Bardolff von den alliierten Besatzungsmächten und den österreichischen Behörden zeitweise inhaftiert und mit Schreibverbot belegt. Er lebte bis zuletzt in Graz. Bardolffs deutschnationale Ausrichtung wurde bereits im Studium, spätestens jedoch in seiner frühen militärischen Karriere in den unterschiedlichsten Bereichen deutlich. Seine Publikationen „Deutsch-österreichisches Soldatentum im Weltkrieg“ (1937) und „Soldat im alten Österreich. Erinnerungen aus meinem Leben“ (1938) lassen auf eine starke Nähe zum Deutschtum sowie die Betonung einer deutschen Leitkultur unter den vielen Nationalitäten der Monarchie schließen. In seinen Schriften betonte er stets den deutschen Charakter der Monarchie, auch bezogen auf Kaiser →Franz Joseph I. Bardolff war Aufsichtsratsmitglied der Berndorfer Metallwarenfabrik Arthur Krupp AG, der Felten & Guilleaume, Fabrik elektrischer Kabel, Stahl- und Kupferwerke AG in Wien sowie der Schoeller-Bleckmann Stahlwerke AG in Wien, 1941–45 Vorsitzender des Aufsichtsrats des Wiener Radiowerks sowie Aufsichtsratsmitglied der Eisenbahn Wittmannsdorf-Ebenfurth, darüber hinaus Reichsehrenrichter der Deutschen Arbeitsfront, Präsident der Wiener Zweigstelle der Deutsch-Japanischen Gesellschaft und Ehrenpräsident der Deutschen Gesellschaft für Wehrpolitik und Wehrwissenschaften. Er erhielt 1901 das Militärverdienstkreuz, 1906 das Ritterkreuz des Franz Joseph-Ordens, 1909 den Orden der Eisernen Krone III. Klasse, 1914 jenen der II. Klasse, 1915 das Kommandeurkreuz des Leopold-Ordens, 1917 das Großkreuz des Franz Joseph-Ordens, 1918 das Ritterkreuz des Militär-Maria-Theresien-Ordens, weiters den Orden Pour le Mérite und zahlreiche andere in- und ausländische Militärauszeichnungen.

Weitere W.: Der Siegeszug Alexanders des Großen nach dem Osten, 1942.
L.: J. Mende, Dr. Carl Freiherr von Bardolff, Diss. Wien, 1984; I. Deák, Der k.(u.)k. Offizier 1848–1918, 1991, S. 266; Zeugen des Untergangs. Ego-Dokumente zur Geschichte des Ersten Weltkriegs im Österreichischen Staatsarchiv, bearb. M. Krenn – M. Hochedlinger, 2013; reichstag-abgeordnetendatenbank.de (Zugriff 15. 4. 2023); ÖStA Wien / KA, Qualifikationsliste, Karl Bardolff; Mitteilung Sabine Krammer, Graz, Steiermark.
(Tamara Scheer)   
Zuletzt aktualisiert: 15.7.2024  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 12 (15.07.2024)