Barea-Kulcsar (Kulcsar, Pollak-Kulscar, Barea) Ilsa (Ilse), geb. Pollak, Journalistin, Übersetzerin, Lehrerin und politische Aktivistin. Geb. Wien, 20. 9. 1902; gest. Wien, 1. 1. 1973; evang. AB, ab 1924 konfessionslos. Tochter des sozialdemokratischen Lehrers und Schuldirektors jüdischer Abstammung Valentin Pollak (geb. Wiener Neustadt, Niederösterreich, 13. 12. 1871; gest. Faringdon, Vereinigtes Königreich, 8. 12. 1948) und seiner Frau Alice Pollak, geb. Zieglmayer-Hamman von Hollenfeld (geb. Wien, 10. 10. 1872; gest. Faringdon, 4. 10. 1948), Nichte von Helene Schober, geb. Zieglmayer (geb. Perg, Oberösterreich, 14. 11. 1874; gest. Baden, Niederösterreich, 9. 8. 1932), der Ehefrau von →Johannes Schober; 1922–38 in 1. Ehe verheiratet mit Leopold Kulcsar (geb. Wien, 9. 9. 1900; gest. Praha, Tschechoslowakei, 28. 1. 1938), 1938–57 in 2. Ehe mit Arturo Barea (geb. Badajoz, Spanien, 20. 9. 1897; gest. Faringdon, 24. 12. 1957). – Nach dem Besuch der Schule von →Eugenie Schwarzwald studierte Barea-Kulcsar 1920–28 (mit Unterbrechungen) Staatswissenschaften an der Universität Wien. Bereits während ihrer Schulzeit war sie in der sozialistischen Mittelschülerbewegung politisch aktiv, 1920 trat sie der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Österreichs (SDAP) bei. 1921 verließ sie diese aufgrund ideologischer Differenzen und wurde Mitglied der Kommunistischen Partei Österreichs (KPÖ), in der sie als Wirtschaftsredakteurin der „Roten Fahne“ arbeitete und ihren ersten Mann kennenlernte. 1925 trat sie aus der KPÖ aus und 1926 wieder in die SDAP ein (Mitglied bis 1936). Für die Bildungszentrale der Partei hielt sie Vorträge sowie Kurse und bereiste als Wanderlehrerin die ländlichen Regionen Ostösterreichs. Sie schrieb für die sozialdemokratische Parteipresse („Arbeiter-Zeitung“, „Rote Revue“) und verfasste die Broschüre „Großmächte der Finanz und der Industrie“ (1930). Aufgrund der zunehmend autoritären Tendenzen des Staats gründete sie 1933 unter dem Einfluss der linken deutschen Widerstandsgruppe Neu Beginnen mit ihrem Mann die illegale Gruppe Funke. Im Dezember 1934 wurde ihre Tätigkeit aufgedeckt. Das Ehepaar ging ins Exil in die Tschechoslowakei, wo sie für das Auslandsbüro der österreichischen Sozialdemokraten arbeiteten. Hier trennten sich ihre Wege; im Oktober 1936 ging Barea-Kulcsar als Journalistin nach Spanien, um im Bürgerkrieg die Republik gegen die aufständischen Generäle zu unterstützen. Dank ihrer Sprachkenntnisse arbeitete sie in der Zensurstelle für die Auslandspresse in der Madrider Telefónica. Arturo Barea, Leiter der Zensurstelle, wurde ihr zweiter Ehemann. Aufgrund der Verfolgung durch deutsche stalinistische Agenten verließ Barea-Kulcsar kurz nach ihrer Hochzeit im Februar 1938 Spanien. Sie ging mit ihrem Mann nach Paris und im Februar 1939 nach Großbritannien. Im 2. Weltkrieg arbeitete Barea-Kulcsar für den Abhördienst der BBC und überwachte NS-Nachrichtensender. Danach ließ sie sich mit ihrem Mann auf dem Land nieder und verfasste mit ihm mehrere Bücher über spanische Themen, arbeitete als Dolmetscherin bei Gewerkschaftskongressen, war für Verlage, Zeitungen und Zeitschriften tätig und wurde zu einer angesehenen Übersetzerin aus dem Spanischen ins Englische. Bekannt wurde sie v. a. für die Übertragung von Bareas autobiografischer Trilogie, auf Englisch „The Forging of a Rebel“ (1946). Barea-Kulcsars Roman „Telefónica“, der während des Spanischen Bürgerkriegs spielt, erschien 1949 in der „Arbeiter-Zeitung“, 2019 erstmals in Buchform. 1948 erhielt sie die britische Staatsbürgerschaft und wurde als Mitglied der Labour Party (1948–65) in der Lokalpolitik aktiv. Nach dem Tod ihres Mannes zog Barea-Kulcsar nach London. 1965 kehrte sie nach Wien zurück, nahm erneut die österreichische Staatsbürgerschaft an, war für den Österreichischen Gewerkschaftsbund sowie als Bildungsfunktionärin der SPÖ (Parteimitglied ab 1965) tätig und schrieb regelmäßig für verschiedene Zeitungen. 1966 erschien ihre auf Englisch verfasste Kulturgeschichte Wiens „Vienna. Legend and Reality“ (deutsch: „Wien. Legende & Wirklichkeit“, 2021). Barea-Kulcsar war Trägerin des Luitpold-Stern-Preises des Österreichischen Gewerkschaftsbundes (1970) sowie der Victor-Adler-Plakette (1972).