Baross von Bellus Gábor (János Jusztin) d. Ä., Politiker. Geb. Pruzsina (Pružina, SK), 6. 6. 1848; gest. Budapest (H), 9. 5. 1892; röm.-kath. (?). Vater des Juristen, Politikers und Präsidenten der Königlichen ungarischen Postsparkasse Gábor Baross von Bellus d. J. (geb. Budapest, 23. 2. 1884; gest. Châlons-sur-Marne / Châlons-en-Champagne, F, 1971); ab 1883 verheiratet mit Karolina Baross von Bellus, geb. Sipeky von Paks (geb. Klobusicz, Ungarn / Ilava-Klobušice, SK, 13. 4. 1854; gest. Balatonfüred, H, 14. 12. 1931). – Nach dem Schulbesuch bei den Piaristen in Lewenz (Levice) und im St. Stephan-Gymnasium in Gran (Esztergom) studierte B. ab 1865 an der Universität Pest Rechtswissenschaften; 1869 Dr. iur., 1871 Advokatenprüfung. Ab 1869 wirkte er als Verwaltungsbeamter im Komitat Trencsén, zunächst als Vizenotar, ab 1874 als Obernotar und Beisitzer des Waisenamts. Ab 1875 war B. als Mitglied der Liberalen Partei (Szabadelvű Párt) Abgeordneter im ungarischen Reichstag. Er unternahm Auslandsreisen, um die Verkehrsinfrastruktur der westeuropäischen Staaten zu studieren. Unter der Regierung von →Kálmán Gf. Tisza von Borosjenő 1883–86 Staatssekretär und 1886–89 Minister für öffentliche Arbeiten und Kommunikation, bekleidete B. 1888 auch das Amt des Ministers für Kultus und Unterricht, 1889 war er Innenminister. Ab Juni 1889 bis zu seinem Tod fungierte B. als Handelsminister der Tisza- bzw. Szapáry-Regierung. Als einer der bedeutendsten, nach europäischen Maßstäben agierenden Politiker Ungarns in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts führte B. tiefgreifende Infrastrukturreformen im Bereich des Verkehrs-, Nachrichten- und Kommunikations- sowie Finanz- und Bankwesens durch und schuf damit die Voraussetzungen für den wirtschaftlichen Aufschwung des Landes. 1886 initiierte er die Gründung der ungarischen Postsparkasse, 1887 vollendete er die Vereinigung der ungarischen Post und der ungarischen Telegraphenanstalt, 1890 wurde die Telefonleitung Budapest–Wien in Betrieb genommen. B. förderte den Ausbau der Bahnlinien und trieb konsequent die Verstaatlichung der Eisenbahn voran. Allein 1889–91 übernahm der ungarische Staat sechs Privatbahnen, darunter die Österreichisch-Ungarische Staatseisenbahngesellschaft. Des Weiteren führte er 1889 das kostengünstige Zonentarifsystem ein. Große Verdienste erwarb er sich auch durch die Weiterentwicklung des Schiffsverkehrs. Die Gründung der im Besitz der Ungarischen Staatsbahnen befindlichen Schifffahrtsgesellschaft Magyar Államvasutak Hajózási Vállalata (1888) fiel ebenso in seine Amtszeit wie der Ausbau des Hafens von Fiume (Rijeka) ab 1888 und der Beginn der Donauregulierungsarbeiten am Eisernen Tor 1890. Industrie, Wirtschaft und Handel profitierten von B.ʼ Modernisierungsmaßnahmen, die zur Steigerung der Transportmöglichkeiten sowie der Mobilität führten und maßgeblich zur Anbindung neuer Gebiete und Märkte an den Personen- und Warenverkehr beitrugen. Geheimrat B., der 1887 Ritter des Ordens der Eisernen Krone I. Klasse wurde, erhielt aufgrund seiner Beharrlichkeit bereits zu Lebzeiten den Beinamen „vasminiszter“ („Eiserner Minister“).