Bartsch Robert (Johann Heinrich Friedrich), Jurist. Geb. Mödling (Niederösterreich), 23. 7. 1874; gest. Wien, 30. 5. 1955; röm.-kath. Urenkel des juristischen Fachschriftstellers Franz Joseph Schopf (geb. Altbrünn, Mähren / Brno, Tschechien, 22. 1. 1787; gest. Klosterneuburg, Niederösterreich, 18. 2. 1859), Enkel des Mediziners und Professors der Geburtshilfe für Hebammen an der Universität Wien Dr. Franz Bartsch (geb. Wien, 25. 9. 1800; gest. Wien, 10. 9. 1861), Sohn des Richters Dr. Heinrich Bartsch (geb. Wien, 17. 7. 1842; gest. Wien, 14. 4. 1910) und dessen Frau Marie Bartsch, geb. Benesch (geb. St. Pölten, Niederösterreich, 21. 4. 1853; gest. Wien, 24. 12. 1927), Bruder des Richters und 2. Präsidenten (1947–49) des Obersten Gerichtshofs Dr. Heinrich Bartsch (geb. Wien, 23. 4. 1877; gest. Wien, 28. 10. 1959) sowie des Generaldirektors (1945–56) der Österreichischen Nationalbank Dr. Franz Bartsch (geb. Wien, 16. 3. 1879; gest. Wien, 13. 10. 1965), Pflegevater der Schauspielerin Viktoria Behrendt, geb. von Ballasko (geb. Wien, 24. 1. 1909; gest. Berlin, Deutschland, 10. 5. 1976); ab 1906 verheiratet mit Mathilde Bartsch, geb. Knoll (geb. Wien, 13. 12. 1881; gest. Wien, 28. 3. 1959). – Nach Besuch des Schottengymnasiums begann Bartsch 1892 das Studium der Rechte an der Universität Wien, das er (unterbrochen durch den Einjährig-Freiwilligen-Militärdienst) 1897 beendete; Dr. iur. 1898. Dem väterlichen Rat folgend, trat er noch 1897 seine Gerichtspraxis an. Weil der richterliche Vorbereitungsdienst wegen des gestiegenen Personalbedarfs infolge der Ziviljustizreform 1898 stark gekürzt worden war, konnte er schon nach eineinhalb Jahren die Richteramtsprüfung ablegen und wurde im März 1899 zum Gerichtsadjunkten (Richter) ernannt. In der Folge war Bartsch am Wiener Bezirksgericht Wieden tätig. Um verstärkt wissenschaftlich arbeiten zu können, nahm er 1901 eine Stelle als Juristenpräfekt am Theresianum an. Hier verfasste er „Die Rechtsstellung der Frau als Gattin und Mutter“ (1903). Nachdem er das Sommersemester 1904 als Schüler von Karl von Amira in München verbracht hatte, publizierte er 1904 „Eheliches Güterrecht im Erzherzogtum Österreich im sechzehnten Jahrhundert“ und wurde 1905 für Deutsches Recht habilitiert. Zwar zerschlugen sich Hoffnungen auf rechtshistorische Professuren, doch wurde er von →Franz Klein ins Justizministerium berufen, wo er 1906–17 in den legislativen Abteilungen für Zivilrecht sowie für Handels- und Konkursrecht Verwendung fand, zuletzt als Sektionsrat. Er arbeitete an einem Theatergesetz (später Schauspielergesetz, 1920) und an der Konkursreform (Konkurs- und Ausgleichsordnung, 1914); daran knüpften auch viele Veröffentlichungen an. Ebenfalls von der Arbeit im Justizministerium geprägt sind Untersuchungen über die Uneigennützigkeit im Privatrecht und über die Kraftfahrzeughaftpflicht. Er beteiligte sich weiters an dem von Heinrich Klang herausgegebenen „Kommentar zum ABGB“ (§§ 137–276, 279–299, 301–308, 1933) und an Ernst Swobodas Kommentar zum Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch (mit dem Band „Erbrecht“, 1942, 2. Auflage 1944), schließlich verfasste er das Lehrbuch „Österreichisches Bürgerliches Recht. Eine Einführung“ (1948). Familiengeschichtlich motiviert waren Bartschs Forschungen über den „Räuberhauptmann“ →Johann Georg Grasel. Die universitäre Lehrtätigkeit setzte Bartsch nebenberuflich bis 1945 fort. Schon 1911 erhielt er den Titel eines ao., 1918 jenen eines o. Professors. Der infolge seiner legislativen Arbeiten veränderten inhaltlichen Schwerpunktsetzung entsprach die Erweiterung seiner Lehrbefugnis auf österreichisches Bürgerliches Recht (1912). Außerhalb der Universität Wien lehrte er bis 1920 an der Konsularakademie (ab 1908; 1909 Dozent, 1910 Professor), an der Hochschule für Welthandel (1919–45) und an den Verwaltungsakademien in Wien, Linz und Salzburg (1938–44); volksbildnerisch war er in der Urania tätig (im wissenschaftlichen Leitungsgremium 1917–33). 1918 wechselte Bartsch als Ministerialrat und legislativer Referent in das neu geschaffene Ministerium für soziale Fürsorge (1920 Ministerium für soziale Verwaltung), wo er rasch zum Sektionsleiter aufstieg. Weil legislative Fortschritte auf diesem Gebiet wegen Kompetenzstreitigkeiten nicht zu erzielen waren, entwickelte sich Bartsch durch rege Reise- und Vortragstätigkeit zu einem erfolgreichen Propagandisten des Jugendfürsorgegedankens. Zwar richteten die Länder sukzessive Jugendämter ein, und auch über mangelnde persönliche Bestätigung konnte der geschäftsführende Vizepräsident der Zentralstelle für Jugendfürsorge nicht klagen; die erhoffte Ernennung zum Sektionschef scheiterte jedoch. Bartsch trat daraufhin von der Sektionsleitung zurück und wurde nach einjähriger schwieriger Übergangsphase 1923 zum Rat am Verwaltungsgerichtshof ernannt, 1933 zum Senatspräsidenten. Im März 1938 führte er als dienstältestes Mitglied interimistisch den 1934 aus dem Verwaltungsgerichtshof hervorgegangenen Bundesgerichtshof; 1939 trat er in den Ruhestand. 1938 ruhte Bartschs Lehrbefugnis für einige Monate. Zwar war er (z. B. als Mitglied des Deutschen Klubs) dem NS-Regime positiv gegenübergestanden, doch schien es verdächtig, dass ein von ihm seit 1934 herausgegebenes Loseblatt-Großprojekt Geleitworte von Kurt Schuschnigg enthielt. Die Tatsache, dass Bartsch durch viele Jahre intensiv in jüdischen Kreisen verkehrt hatte, etwa in jenem von →Eugenie Schwarzwald, wog offenbar weniger schwer bzw. wurde durch sein Engagement in der Deutsch-österreichischen Arbeitsgemeinschaft gleichsam „kompensiert“. In der Folge kam es sogar noch einmal zu einer Intensivierung von Bartschs universitärer Lehrtätigkeit: Als Honorarprofessor vertrat er 1938–40 eine vakante Lehrkanzel für deutsches Recht an der Universität Wien. Darüber hinaus wirkte er, seit 1. Oktober 1940 NSDAP-Mitglied, in der Akademie für Deutsches Recht mit (Volksgesetzbuch-Unterausschuss für eheliches Güterrecht). Bartsch war Mitglied im Deutschen Schulverein (bis 1938, Mitglied der Vereinsleitung bis 1906), Präsident des Bunds für Mutterschutz (1924–28) und hatte 1921–39 Vorstandsfunktionen in der Zentralstelle für Kinderschutz und Jugendfürsorge inne. In seinen letzten Lebensjahren verfasste er umfangreiche Erinnerungen. Bartsch prägte so unterschiedliche Gebiete wie Jugendfürsorge und Insolvenzrecht; beeindruckend bleibt die Vielseitigkeit seiner Karriere als Richter, Legist und Wissenschaftler.