Bast, Gerhard; später Franz Geyer (1911–1947), Jurist und Beamter

Bast Gerhard, später Franz Geyer, Jurist und Beamter. Geb. Gottschee, Krain (Kočevje, SL), 12. 1. 1911; gest. Nähe Passo del Brennero/Brennerpass, Tirol, 9. 3. 1947 (ermordet); ursprünglich evang. AB, ab April 1938 gottgläubig. Sohn des Rechtsanwalts Dr. Rudolf Bast und der Lehrerin Paula, geb. Lehner; ab April 1945 verheiratet mit der geschiedenen Hildegard Pollack, geb. Gfrerer, der Mutter seines außerehelichen Sohns, des Schriftstellers Martin Pollack (geb. Bad Hall, Oberösterreich, 23. 5. 1944). – B., der in einem deutschnationalen Milieu aufwuchs, kam etwa einjährig mit seinen Eltern nach Amstetten. Er besuchte das Realgymnasium in Wels und studierte nach der Matura, 1929, neun Semester Jus an der Universität Graz, wo er der schlagenden Verbindung Germania beitrat; 1935 Dr. jur. 1929–31 engagierte er sich im Steirischen Heimatschutz, im Oktober 1931 trat er, wie zuvor schon sein Vater, der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) bei und schloss sich im Jänner 1932 der SS an. Aufgrund nationalsozialistischer Betätigung verlor B., der ab August 1935 in Amstetten, danach am Kreisgericht St. Pölten seine Gerichtspraxis absolvierte, 1936 seine Bundesstelle. Danach arbeitete er als Konzipist in der Kanzlei seines Vaters in Amstetten, wo er sich auch in der illegalen SS betätigte; 1937 war er für einige Monate in Haft. Nach dem „Anschluss“ 1938 Angehöriger im höheren Dienst bei der Geheimen Staatspolizeistelle Graz und Mitglied des Sicherheitsdienstes, wurde er 1939 als Regierungsassessor endgültig in den Dienst der Gestapo übernommen. 1940 zur Staatspolizeistelle Koblenz versetzt und mit der Vertretung des Leiters beauftragt, hatte er von Jänner bis Juni 1941 die vertretungsweise Leitung der Gestapostelle Linz über und wurde darauf in gleicher Position nach Münster versetzt, wo er führend an Deportationen von Juden und an Hinrichtungen von Zwangsarbeitern beteiligt war. 1938 Untersturmführer, 1939 Hauptsturmführer, 1941 Regierungsrat und Sturmbannführer. Von November bis Dezember 1942 war B. Führer des Sonderkommandos (SK) 11a bei der Einsatzgruppe D, welches die Tötung von Juden, Partisanen und Zivilisten im Süden der Sowjetunion zu verantworten hatte, von Jänner 1943 bis Juni 1944 Leiter der Gestapo in Linz. Aufgrund eines im November 1943 von ihm fahrlässig verursachten Jagdunfalls mit Todesfolge wurde B. im darauffolgenden Jahr zu einer Gefängnisstrafe verurteilt, die jedoch gegen Frontbewährung ausgesetzt wurde. Von Juni bis November 1944 war B. Leiter des SK 7a der Einsatzgruppe B, die im Raum um Białystok Mordaktionen durchführte, ab November 1944 bis März 1945 war das SK der Einsatzgruppe H zugeteilt, die in der Slowakei verwendet wurde. Zu Kriegsende gelang es B., zunächst in Österreich unterzutauchen. Zuletzt fand er im Herbst 1946 bei einem Bauern im Pustertal als Knecht Unterschlupf und bereitete mit gefälschten, auf den Namen Franz Geyer ausgestellten Papieren seine Flucht nach Südamerika vor. Beim Versuch, noch einmal nach Österreich zurückzukehren, wurde er von einem Bergführer, der ihn gegen Bezahlung über die Grenze schmuggeln sollte, erschossen. B.s Sohn begab sich spät auf die Spurensuche nach seinem Vater, die er in dem eindrucksvollen biographisch-autobiographischen „Bericht“ „Der Tote im Bunker“ niederlegte.

L.: H. M. Broder, in: Der Spiegel, 20. 9. 2004, S. 174f.; M. Pollack, Der Tote im Bunker. Bericht über meinen Vater, 2004 (m. B.), Neuausg. 2006; E. Klee, Das Personenlexikon zum Dritten Reich, Neuausg. 2007; G. Steinacher, Nazis auf der Flucht. Wie Kriegsverbrecher über Italien nach Übersee entkamen, 2008, s. Reg. (m. B.); J. Fiala, „Österreicher“ in den SS-Einsatzgruppen und SS-Brigaden. Die Tötungsaktionen in der Sowjetunion 1941–1942, 2010, S. 86–89 (m. B.); Bundesarchiv (ehem. BDC), Berlin, D.
(E. Lebensaft)   
Zuletzt aktualisiert: 15.3.2013  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 2 (15.03.2013)