Bauer Franz Andreas (Francis), Maler und Naturforscher. Geb. Feldsberg, Niederösterreich (Valtice, CZ), 14. 3. 1758; gest. Kew (London, GB), 11. 12. 1840; röm.-kath. Sohn des Galerieinspektors Lucas Baur und der Therese Baur, geb. Hirsch, Bruder von →Joseph Anton Bauer und →Ferdinand Lukas Bauer. – In jungen Jahren in Feldsberg mit seinen Brüdern maßgeblich an der Herstellung des „Liber regni vegetabilis“ genannten Florilegiums beteiligt, ging B. 1781 an die Akademie der bildenden Künste nach Wien und war danach u. a. für →Nicolaus Joseph Freiherr von Jacquin als Pflanzenillustrator tätig. Für ihn schuf er zusammen mit seinem Bruder Ferdinand Aquarelle, welche im Botanischen Garten der Universität Wien kultivierte Pflanzen dokumentierten, sowie gemalte Titelblätter. Mit →Joseph Franz Freiherrn von Jacquin reiste B. 1788 auf Kosten von Kaiser Joseph II. über Prag, Dresden, Leipzig, Berlin, Göttingen, Bonn und Leiden nach London, wo er ab 1790 für Sir Joseph Banks, den Präsidenten der Royal Society, als Illustrator tätig war. Entlohnt mit einer außerordentlich hohen Leibrente, ließ sich B. in Kew bei London nieder und stellte bis zu seinem Lebensende eine sehr große Zahl von Aquarellen von im dortigen königlichen Garten kultivierten Pflanzen aus aller Welt her, die sich durch bestechende Naturtreue auszeichnen (überwiegend im Natural History Museum, London, aufbewahrt). Nur ein winziger Teil davon wurde von B. in seinen „Delineations of Exotick Plants …“ (1796–1803), „Strelitzia depicta“ (1818) und den „Illustrations of Orchidaceous Plants“ (1830–38), zu denen John Lindley den Text verfasste, veröffentlicht. Für Banks schuf B. eine Dokumentation über den Lebenszyklus des Weizens und über Pilzkrankheiten der Getreide (überwiegend im Natural History Museum), von der ebenfalls nur eine geringe Zahl im Druck erschien. Daneben fungierte B. als botanischer Zeichenlehrer für Königin Charlotte von England und ihre Tochter Elizabeth. 1802 sah und zeichnete B. als Erster den Zellkern bei Pflanzen, dokumentierte über Jahrzehnte die Mannigfaltigkeit der Pollen, wandte dabei als Erster die Acetolyse an und beobachtete wiederum als Erster die Pollenkeimung, ließ aber all diese Entdeckungen unveröffentlicht. 1819 untersuchte B. Proben vom Roten Schnee und kam zum falschen Schluss, dass es sich bei den Verursachern um Pilzsporen handle. Ebenso verstand er den Vorgang der Befruchtung bei Orchideen nur teilweise. 1821 dokumentierte er für Robert Brown als Erster die riesigen Blüten der neu entdeckten Rafflesia arnoldii. Die Zahl seiner exquisiten Blumenstücke (Fitzwilliam Museum, Cambridge) ist hingegen gering. Ab 1816 schuf B. für den Chirurgen und vergleichenden Anatomen Sir Everard Home zahlreiche Illustrationen, die größtenteils in den „Philosophical Transactions of the Royal Society“ erschienen. Sie dokumentieren ein außerordentlich breites Spektrum von Themen, u. a. Blutkoagulation, Embryonalentwicklung, Bauchhöhlenschwangerschaft und Prostatakarzinom sowie die Anatomie zahlreicher Tiere, etwa des Schnabeltiers. B. verfasste dabei auch die diesbezüglichen Protokolle. Nach Homes Tod stellte er für William Hooker eine Serie von Farndarstellungen (Natural History Museum) her, die in dessen „Genera filicum“ (1838–42) veröffentlicht wurden. Im Alter beschäftigte er sich mit der Messgenauigkeit von Mikroskopen. 1827 erhielt B. von Joseph Nicéphore Niépce die Heliographie „Blick vom Fenster in Le Gras“, die Ikone der Photographiegeschichte (Harry Ramson Center, Austin), und setzte sich 1839 für dessen Priorität gegenüber Louis Daguerre ein. Auf seinem Epitaph in der St. Anne’s Church in Kew wird die Verbindung der Genauigkeit eines profunden Naturforschers mit den Fähigkeiten eines vollendeten Künstlers hervorgehoben. Zusammen mit seinem Bruder Ferdinand gilt B. als bester Pflanzenillustrator, der ein Œuvre von atemberaubender Qualität und Quantität hinterließ.