Bauer, Karl (1879–1966), Unternehmer

Bauer Karl, Unternehmer. Geb. Innsbruck (Tirol), 11. 12. 1879; gest. New York City, NY (USA), 1966; mos. Enkel von →Josef Bauer, Sohn von →Louis Bauer und Anna Bauer, geb. Ellinger (geb. Ellwangen, Württemberg/D, 9. 7. 1856; gest. Innsbruck, 7. 9. 1908; mos.), Vater von Gerda Anna Schoenfeld; ab 1918 mit Alice Bauer, geb. Klein (geb. Budapest, H, 22. 3. 1897; gest. New York City, um 1977; mos.), verheiratet. – B. absolvierte die Innsbrucker Handelsakademie. Im 1. Weltkrieg diente er als Hauptmann bei den Tiroler Kaiserjägern und war ab 1933 1. Stellvertreter im Bund Jüdischer Frontsoldaten, Ortsgruppe Innsbruck, später deren Leiter. Obwohl B., ein begabter Pianist mit guter Stimme, sich mehr zur Musik als zum Kaufmannsgeschäft hingezogen fühlte, trat er als einziger Sohn die Nachfolge seines Vaters in dessen Unternehmen an. Gemeinsam mit Richard und Ernst Schwarz war er Geschäftsführer und einer der fünf Mitinhaber des Innsbrucker Kaufhauses Bauer & Schwarz in der Maria-Theresien-Straße. Er hielt knapp 23 % der Geschäftsanteile und besaß ein Viertel der Liegenschaft. Maßnahmen des NS-Regimes trieben das Unternehmen in den Konkurs, sodass der Münchner Unternehmer Ferdinand Kraus das Kaufhaus 1938 weit unter dem Marktwert arisieren konnte. Die Villa von B.s Frau in der Gänsbacherstraße wurde über die Innsbrucker Sparkassa ebenfalls „entjudet“, die sie an die NSDAP weiterverkaufte. Mitte September 1938 lud die Gestapo das Ehepaar vor, um es zum Verlassen Innsbrucks aufzufordern, wobei B. schwer misshandelt wurde. In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 erhielt SS-Sturmführer Alois Schintlholzer mit fünf SS-Männern den Auftrag zur Ermordung von einigen Bewohnern der Gänsbacherstraße. B. überlebte den Einsatz nur knapp. Im Februar 1939 übersiedelte das Ehepaar nach Wien und flüchtete ein Jahr später über Rotterdam nach New York, während die Tochter mit einem domestic permit nach England gelangte und 1940 in die USA emigrierte. B. litt bis zu seinem Tod an den Folgen der Gewalttaten: Er war geh- und sprachbehindert und nicht mehr in der Lage, einen Beruf auszuüben. Der Prozess um die Rückstellung des Kaufhauses nach dem Krieg endete 1959 mit einem außergerichtlichen Vergleich, durch den die ehemaligen Eigentümer lediglich einen geringen Geldbetrag erhielten. B.s Ehefrau, die mit verschiedenen Hilfsarbeiten und schließlich als Bürokraft für den Lebensunterhalt im Exil sorgte, erhielt ihre Innsbrucker Villa restituiert, die sie 1957 an den Evangelischen Oberkirchenrat AB verkaufte. B. war 1931–38 Mitglied des Kultusrats der Israelitischen Kultusgemeinde in Innsbruck.

L.: S. Friedländer, Das Dritte Reich und die Juden, 2. Aufl. 2006, s. Reg.; Von Bauer & Schwarz zum Kaufhaus Tyrol, ed. H. Schreiber, 2010, s. Reg. (mit Bild); Jüdisches Leben im historischen Tirol, ed. Th. Albrich, 2, 2013, S. 346, 3, 2013, S. 65, 80f., 134, 136, 225; M. Guggenberger, Nur „bärig hergeschlagen“? K. B. überlebt den Anschlag des SS-Mordkommandos Schintlholzer, (Manuskript, 2018) ; S. Pitscheider, Gänsbacherstraße 4: „Arisierung“ und Restitution, 2014 (online, Zugriff 24. 4. 2018); Website Center For Jewish History, AHC interview with Gerda Anna Schoenfeld, 2008 (Zugriff 24. 4. 2018); Website Hohenems Genealogie (Zugriff 24. 4. 2018).
(H. Schreiber)  
Zuletzt aktualisiert: 14.12.2018  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 7 (14.12.2018)