Baumgarten, Johann Christian (1765–1843), Mediziner und Botaniker

Baumgarten Johann Christian, Mediziner und Botaniker. Geb. Luckau, Sachsen (D), 7. 4. 1765; gest. Schäßburg, Siebenbürgen (Sighișoara, RO), 29. 12. 1843. Sohn des Senators, späteren Stadtrichters sowie Bürgermeisters von Luckau Johann Gottlob Baumgarten (gest. Luckau, 28. 3. 1800) und der Johanna Wilhelmine Baumgarten, geb. Passarini (gest. 1804); ab 1802 verheiratet mit Elisabeth Baumgarten, geb. Hager. – Nach dem Besuch des Gymnasiums wechselte B. 1784 zunächst an das Collegium medico-chirurgicum in Dresden, ab 1785 studierte er Philosophie und Medizin an der Universität Leipzig. Angeregt durch die Botanik-Vorlesungen von Johann Ehrenfried Pohl befasste sich B. nun intensiv mit der Pflanzenkunde und hielt, nachdem er 1787 zum Bakkalaureus der Medizin ernannt worden war, eine Probevorlesung über kryptogame Pflanzen. Hierauf zum Magister ernannt, erfolgte 1791 nach Abfassung der gedruckten medizinischen Dissertation über Themen der plastischen Chirurgie „De arte decoratoria. Pars 1“ die Verleihung des Dr. phil. und die Berechtigung zur Abhaltung philosophischer Vorlesungen an der Universität Leipzig. Ebenfalls 1791 wurde B. mit der gedruckten Arbeit „De corticis Ulmi campestris natura viribus usuque medico“ zum Dr. med. promoviert. Zunächst vertiefte er seine medizinisch-praktischen und botanischen Kenntnisse in Wien, wo ihn →Nicolaus Joseph Freiherr von Jacquin unterstützte. Da er sich für die Bearbeitung der Flora Siebenbürgens interessierte, empfahl man B. dem Botaniker Joseph Raditschnig von Lerchenfeld in Hermannstadt. Ab 1793 untersuchte er gemeinsam mit vielen namhaften siebenbürgischen Botanikern zunächst die Zentralkarpaten, dann das Fogarascher Gebirge und später die Berge im Burzenland. Durch eine Krankheit an der Rückkehr nach Wien gehindert, übernahm B. im Oktober 1794 die Physikats-Stelle des Leschkircher Stuhls und versah dieses Amt bis zum Wechsel als Stadt- und Stuhlarzt nach Schäßburg 1801. 1807 legte er diese Stelle zurück und wirkte lediglich als praktischer Arzt in Schäßburg weiter. In der Folge widmete er sich verstärkt botanischen Studien, übernahm aber 1828 die Physikats-Stelle erneut und übte sie bis zu seinem Tod aus. B.s erste Veröffentlichung „Brevis trepani coronati historia“ (1789) bildet zusammen mit seiner chirurgischen Dissertation die einzige medizinische Schrift, später publizierte er ausschließlich botanische Werke. Bereits 1790 waren mit „Sertum Lipsicum seu stirpes omnes praeprimis exoticas circa urbem olim maximeque nuperrime plantatas digessit ...“ und der „Flora lipsiensis“ zwei Arbeiten zur Flora Leipzigs erschienen. Im erstgenannten Werk widmete sich B. den in Gärten gezogenen, größtenteils exotischen Pflanzen, in der „Flora“ behandelte er rund 1.130 wildwachsende wie auch kultivierte Blütenpflanzen und 550 Kryptogamen des Gebiets. Sein botanisches Hauptwerk bildet die vierbändige „Enumeratio stirpium magno Transsilvaniae principatui“. Die ersten drei Bände erschienen 1816, waren den Blütenpflanzen gewidmet und enthielten zusammen die Beschreibung von rund 2.250 Arten. Der vierte Band wurde von →Michael Fuss fertiggestellt und erst 1846 herausgegeben. Er umfasst die Beschreibung von 342 Arten von Moos- und Farnpflanzen sowie Ergänzungen und Nachträge von Fuss zu den Blütenpflanzen. B.s „Enumeratio“ stellte für die Botanik in Siebenbürgen ein bahnbrechendes Werk dar, auf dessen Basis zahlreiche weitere Detailbearbeitungen und Forschungen durchgeführt wurden. Seine umfangreichen Pflanzensammlungen, bestehend aus einem „Herbarium patrium“ mit 5.422 Belegen von siebenbürgischen Phanerogamen und 343 Kryptogamen sowie einem „Herbarium universale“ mit insgesamt 30.849 Belegen, gelangten zunächst an das Lyzeum in Hermannstadt und befinden sich heute größtenteils am botanischen Institut der Universität Cluj-Napoca. B. war u. a. ab 1791 Mitglied der Linnéischen Sozietät in Leipzig und ab 1830 Ehrenmitglied im medizinischen Doktorenkollegium der Universität Pest. Nach ihm wurden 1794 eine Gattung der Mondsamengewächse Baumgartia, 1817 eine Gattung der Grasliliengewächse Baumgartenia sowie zahlreiche Pflanzenarten, darunter u. a. 1817 ein Ehrenpreis Veronica baumgartenii, 1827 eine Glockenblume Campanula baumgartenii, 1886 ein Eisenhut Aconitum baumgartenianum sowie 1908 eine Primel Primula baumgarteniana benannt.

Weitere W.: s. Trausch; Schneider.
L.: Siebenbürger Bote, 13. 8. 1855; ADB; Das geistige Ungarn; M. Életr. Lex.; Révai; Stafleu; Szinnyei; Trausch (mit W.); Wurzbach; A. Kanitz, Geschichte der Botanik in Ungarn, 1863, s. Reg.; F. F. Fronius, in: Archiv des Vereines für siebenbürgische Landeskunde, NF 11, 1873, S. 143ff.; C. Diaconovich, Enciclopedia română 1, 1898; Dicționar enciclopedic român 1, ed. A. Joja, 1962; J. H. Barnhart, Biographical notes upon botanists 1, 1965; H. Illig, in: Verhandlungen des Botanischen Vereins der Provinz Brandenburg 106, 1969, S. 7ff. (mit Bild); H. Heltmann, in: Biologische Studien im Kreis Luckau 2, 1973, S. 15ff.; A. Brătescu, Personalităti ale științei. Mic dicționar, 1977; E. Schneider, in: Von Honterus zu Oberth, ed. H. Barth, 1980, S. 96ff. (mit Bild und W.); F. A. Stafleu – E. A. Mennega, Taxonomic literature, Suppl. 1, 1992; H. Heltmann, in: Kanitzia 11, 2003, S. 39ff. (mit Bild); E. Schneider, in: Siebenbürgische Zeitung Online, 11. 4. 2015 (mit Bild).
(M. Svojtka)   
Zuletzt aktualisiert: 14.12.2018  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 7 (14.12.2018)