Baumgartner, Julius (1870–1955), Botaniker und Beamter

Baumgartner Julius, Botaniker und Beamter. Geb. Melk (Niederösterreich), 10. 4. 1870; gest. Hartberg (Steiermark), 19. 5. 1955; röm.-kath. Sohn von Juliana Baumgartner, geb. Sauer (geb. Melk, 9. 10. 1834; gest. Wien, 19. 1. 1908), und dem Bezirksgerichts-Adjunkten Johann Baumgartner (geb. Langenlois, Niederösterreich, 3. 12. 1821; gest. Stein an der Donau, Niederösterreich, 14. 12. 1901); unverheiratet. – Nach dem Besuch des Gymnasiums in Krems (Matura 1888) begann Baumgartner im Wintersemester 1888/89 ein Jusstudium an der Universität Wien und erlangte hier das juridische Absolutorium Ende Juli 1892. Nach Absolvierung des Einjährig-Freiwilligen-Jahres 1893 trat er Ende Juli 1894 als Konzeptspraktikant bei der Finanzlandesdirektion Wien in die Beamtenlaufbahn ein. 1897 zum provisorischen und 1898 zum definitiven Finanzkonzipisten ernannt, arbeitete er zunächst in der Finanzbezirksdirektion Stein an der Donau und wurde im April 1900 zum Zentraltaxamt nach Wien versetzt, wo er 1901 zum Finanzkommissär ernannt wurde. Ab März 1902 wieder in der Finanzlandesdirektion Wien tätig, wurde er hier 1908 zum Finanzsekretär, 1916 zum Finanzrat und 1919 zum Oberfinanzrat befördert. 1921 mit Titel und Charakter eines Hofrats versehen, avancierte Baumgartner 1925 zum wirklichen Hofrat und trat mit Ende Juli 1930 in den Ruhestand. Seit seiner Gymnasialzeit naturwissenschaftlich interessiert, betätigte sich Baumgartner neben seinem Brotberuf intensiv als Botaniker. Dazu legte er 1894 „Pflanzengeographische Notizen zur Flora des oberen Donauthales und des Waldviertels in Niederösterreich“ (in: Verhandlungen der kaiserlich-königlichen zoologisch-botanischen Gesellschaft in Wien 43) als erste Arbeit vor, die sich schon mit dem späteren Arbeitsschwerpunkt Baumgartners, nämlich der näheren Kenntnis von Laub- und Lebermoosen sowie der Flechten, befasste. In der Folge bearbeitete er zusammenfassend die Moose für →August Ginzbergers „Beiträge zur Naturgeschichte der Scoglien und kleineren Inseln Süddalmatiens“ (in: Denkschriften der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse 92, 1915) sowie für Karl Heinz Rechingers „Ergebnisse einer botanischen Reise nach dem Iran, 1937“ (in: Annalen des Naturhistorischen Museums in Wien 50, 1939) und „Neue Beiträge zur Flora von Kreta“ (in: Denkschriften der Akademie der Wissenschaften, mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse 105/2, 1943). Neben einigen kleineren bryologischen Arbeiten, wie „Über zwei neue Laubmoosarten aus Österreich“ (gemeinsam mit →Viktor Schiffner, in: Österreichische botanische Zeitschrift 56, 1906), verdienen v. a. noch die „Studien über die Verbreitung der Gehölze im nordöstlichen Adriagebiete“ (2 Teile, Abhandlungen der k. k. zoologisch-botanischen Gesellschaft in Wien 6, 1911, H. 2, und 9, 1916, H. 2) besondere Erwähnung. Baumgartner unterzog einen Großteil des Kryptogamenherbars im Botanischen Institut der Universität Wien einer kritischen Revision und nahm eine vollständige Neuordnung des Bestands vor. 1930–43 arbeitete er nahezu täglich in der Botanischen Abteilung des Naturhistorischen Museums in Wien, für die er ebenfalls das Laub- und Lebermoosherbarium ordnete und einige kleinere Kollektionen bestimmte. Für einige Exsikkaten-Werke, so beispielsweise die „Cryptogamae exsiccatae“ des Naturhistorischen Museums Wien, die „Musci Europaei exsiccati“ von Ernst Bauer und die „Hepaticae Europaeae exsiccatae“ von Schiffner, lieferte Baumgartner zahlreiche Belege. Sein bedeutendes Moos-Herbarium ging noch zu Lebzeiten als Schenkung an das Naturhistorische Museum Wien. 1943 verließ Baumgartner Wien und war dauerhaft in Ring bei Hartberg bei einer Bauernfamilie ansässig, wo er sich mit landwirtschaftlichen Tätigkeiten beschäftigte. Er war ab 1891 Mitglied, ab 1926 Ehrenmitglied der Zoologisch-Botanischen Gesellschaft in Wien und ab 1928 Korrespondent des Naturhistorischen Museums in Wien. 1930 erhielt er das Große Silberne Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich. Nach ihm wurden 1904 das Lebermoos Riccia baumgartneri, 1906 das Lebermoos Cephaloziella baumgartneri und 1953 das Laubmoos altonia baumgartneri benannt.

Weitere W.: s. Rechinger.
L.: Stafleu; I. Dörfler, Botaniker-Adressbuch, 1896, S. 110, 235, 2. Aufl. 1902, S. 149, 3. Aufl. 1909, S. 210; E. Janchen, Richard Wettstein. Sein Leben und Wirken, in: Österreichische botanische Zeitschrift 82, 1933, S. 183; Hrvatska enciklopedija 2, 1941; K.-H. Rechinger, Hofrat Julius Baumgartner, in: Annalen des Naturhistorischen Museums in Wien 60, 1955, S. 12ff. (mit Bild und W.); J. H. Barnhart, Biographical notes upon botanists 1, 1965; G. Sayre, Authors of Names of Bryophytes and the Present Location of Their Herbaria, in: Bryologist 80, 1977, S. 504; J.-P. Frahm – J. Eggers, Lexikon deutschsprachiger Bryologen, 2001; UA Wien / Absolutorienverzeichnis R 49.14 Nr. 3163; Pfarre Melk, Niederösterreich; Mitteilung Martin Georg Enne, Wien.
(Matthias Svojtka)   
Zuletzt aktualisiert: 15.7.2024  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 12 (15.07.2024)