Beethoven, Ludwig van (1770-1827), KomponistBeethoven Ludwig van, Komponist. * Bonn a. Rhein, 16. 12. 1770; † Wien, 26. 3. 1827. B. stammt aus einer aus dem Niederländischen eingewanderten Familie, sein erster Lehrer, Chr. G. Neefe, vermittelte ihm die Kenntnis bedeutender Meisterwerke und machte publizistisch die Fachwelt auf das junge Talent aufmerksam und das Wohlwollen des Kurfürsten Maximilian, des jüngsten Sohnes der Kaiserin Maria Theresia, dem B. 3 Klaviersonaten gewidmet hatte, wurde für den weiteren äußeren Lebensweg B.s entscheidend, zumal der aus Österr. an den Kölner Hof gekommene Graf Franz Adam Waldstein ihm die für die ersehnte Wr. Lehrzeit nötige geldliche Unterstützung erwirkte. 1787 besuchte er Mozart, der ihn aufmunternd förderte, wurde aber nicht sein Schüler, da die Todeskrankheit der Mutter B.s Rückkehr forderte. Als sie am 17. 7. 1787 starb, mußte B. nun für den entmündigten Vater und die Geschwister sorgen. 1792 kam B. neuerlich durch kurfürstliche Hilfe nach Wien, wo er den gewünschten strengen Unterricht bei Schenk, Albrechtsberger und Salieri nahm und mit Haydn Freundschaft schloß. Seine von da an währende Bindung an Wien ist vor allem Erzh. Rudolf und den Fürsten Lichnowsky, Kinsky und Lobkowitz zu danken, sicher aber auch der Atmosphäre Wiens, in der B. zunehmend Verständnis als Künstler und Freundschaften als Mensch fand. Die Drucklegung seiner Werke, die in allen Musikstädten begehrt wurden, erfolgte oft auch widerrechtlich; B.s Kampf dagegen war nur ein Zug seiner steigenden inneren Auflehnung gegen manche Unvollkommenheiten des polit. und soz. Lebens, mit deren Problematik sich sein Gerechtigkeitssinn oft stürmisch auseinandersetzte (s. die annullierte Widmung der“Eroica” an Napoleon, als dieser sich zum K. krönen ließ). Um 1800 begann sein Gehör zu schwinden. 1815 wurde er taub. Das „Heiligenstädter Testament“ von 1802 und B.s Briefwechsel aus jenen Jahren offenbaren die übermenschlichen moralischen Kräfte, die ihn dennoch am Werk ließen, das sich in jener Katastrophenzeit zur Fülle und Herrlichkeit der Symphonien, des Fidelio, der Kammermusik und Klaviersonaten steigerte. Als sein Leiden ihn, der früher als Interpret seiner Werke oder als Improvisator am Klavier und sprühender Geist gesellschaftlich brilliert hatte, immer mehr abschloß, lösten die Freunde Oliva, Schindler und Holz jene glänzende Umgebung ab. Reichste Zwiesprache bot B. seine Naturliebe; er ist eigentlich der erste große Musiker, der ein warmes Verhältnis zur Natur bekennt, auch hierin Haydn näher als Mozart; aber sein Naturempfinden liegt auf der romantischen Geistesebene, die er als Künder einer neuen Epoche um die Wende seiner mittleren Schaffenszeit betrat. 1825 kündigt sich sein Leberleiden an, das B.s sonst so robuste Gesundheit untergrub; 1826, auf dem Heimweg von einem Landaufenthalt bei seinem Bruder Johann in Gneixendorf bei Krems, überfiel ihn eine Lungenentzündung, zu der plötzlich Wassersucht trat. Vier Operationen vermochten den Todkranken nicht zu retten; er verschied am 26. 3. 1827, um dreiviertel 6 Uhr abends.
W.: Krit. Gesamtausgabe in 25 Serien (36 Bände), Breitkopf & Härtel: 1. 9 Symphonien; 2. Versch. Orchesterwerke, darunter Musik zu Egmont, Prometheus, Ballettmusik, Schlacht bei Vittoria, 36 Tänze; 3. 11 Ouverturen; 4. Konzert und 2 Romanzen für Violine und Orchester; 5.–8. Kammermusiken für Streich- und Blasinstrumente ohne Klavier; 9. 5 Konzerte für Klavier und Orchester; 10. 1 Klavierquintett und 4 Klavierquartette; 11. Klaviertrios; 12. 10 Sonaten, 1 Rondo und 1 Thema mit Variationen für Violine und Klavier; 13. 5 Sonaten und 3 Variationswerke für Violoncello und Klavier; 14. Hornsonaten und 2 Variationswerke für Klavier und Violine ohne Flöte; 15. vierhändige Klavierwerke; 16. 32 Klaviersonaten, 17. 21 Variationswerke für Klavier; 18. Kleinere Klavierstücke; 19. Missa solemnis, Messe in C, Christus am Ölberg; 20. Dram. Werke: Fidelio, das Festspiel Die Ruinen von Athen, u. a.; 21. Kantaten: Der glorreiche Augenblick, Meeresstille und glückliche Fahrt; 22. Solo- und Ensemblegesänge mit Orchester; 23. Lieder und Gesänge mit Klavier; 24. Volkslieder (Solo) mit Klavier, Violine und Violoncello; 25. Ergänzungsband mit Gesangs- und Instrumentalwerken versch. Kategorien. Ein Suppl.-Bd. mit Kompositionen, die in der Gesamtausgabe bisher nicht erschienen sind, von W. Heß, Winterthur, in Vorbereitung.
L.: Sämtl. Briefe, Krit. Ausg. mit Erläuterungen, 1. Ausg., 5 Bde., 1906–08, hrsg. von A. Kalischer; Sämtl. Briefe und Aufsätze, 5 Bde., 1907–11, hrsg. und erläutert von F. Prelinger; Th. von Frimmel, Bemerkungen zur angeblichen „kritischen Ausg. der Briefe“, 1907; L.v.B.s Heiligenstädter Testament, hrsg. zum 120. Todestag des Meisters im Auftrag des Internat. Musikerbriefarchivs von H. Müller von Asow, 1947; O. G. Sonneck, B. letters in America, 1927; L.v.B., Konversationshefte, im Auftrag der Preuß. Staatsbibl. hrsg. von G. Schünemann, 3 Bde., 1941–43; F. G. Wegeler und F. Ries, Biogr. Notizen über L.v.B., 1838, Nachtrag 1845, Neuausg. von Kalischer, 1906; A. Schindler, Biogr. von L.v.B., 1840, 2. Aufl. 1845, 3. Aufl. 1860, Neuausg. von Kalischer, 1908, und F. Volbach, 1927, neue Aufl. in verkürzter Form mit berichtigenden Anmerkungen, hrsg. von St. Ley, 1949; A. W. Thayer, B.s Leben, dt. von Deiters, 5 Bde., 1866–78, neue Ausg. von Riemann, Bd. 1–3, 3. Aufl. 1917–23; R. Rolland, Vie de B., 1909; E. von Bücken, B., 1934; W. Riezler, B., 1936; L. Schiedermair, Der junge B., 1. Aufl. 1925, 3. Aufl. 1951; R. Rolland, B., Les grandes epoques créatrices, 6 Bde. und 1 Suppl., 1928ff.; F. Kerst, Die Erinnerungen an B., 2 Bde., 1913; A. Schering, B. in neuer Deutung, 1934; Ders., B. und die Dichtung, 1936; Beethovenhdb., 2 Bde., 1926; Beethovenjb., hrsg. von Th. von Frimmel, Bd. 1, 1908, Bd. 2, 1909; Neues Beethovenjb., hrsg. von A. Sandberger, Bd. 1–9, 1924–39; Publikationen des Ver. Beethovenhaus in Bonn, hrsg. von L. Schiedermair, 1920–34, Heft 1–10; G. Nottebohm, Beethoveniana, 2 Bde., 1872–87; Ders., Thematisches Verzeichnis der im Druck erschienenen W. L.v.B.s, 1 . Aufl. 1851, 3. Aufl. 1925 (zus. mit E. Kastner, Bibl. Beethoveniana, hrsg. von Th. von Frimmel); E. Kastner, Bibl. Beethoveniana, 1913, 2. Aufl. von Th. von Frimmel, 1925; B.-Zentenarfeier, Festschrift, Wien, 1927; B.-Zentenarfeier, Wien, 1927, Internat. musikhist. Kongreß, Kongreßbericht; Führer durch die B.-Zentenarausstellung der Stadt Wien, 1927; weitere L.-Angaben unter „Beethoven“ in: Die Musik in Geschichte und Gegenwart.
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 1 (Lfg. 1, 1954), S. 64f.