Belar, Albin (1864–1939), Seismologe, Chemiker und Physiker

Belar Albin, Seismologe, Chemiker und Physiker. Geb. Laibach, Krain (Ljubljana, SLO), 21. 2. 1864; gest. Polom bei Kočevje, Königreich Jugoslawien (SLO), 1. 1. 1939. Sohn des Schulleiters und Komponisten Leopold Belar (geb. Idria, Krain / Idrija, SLO, 27. 10. 1828; gest. Laibach, 17. 6. 1899). – Nach Besuch des Untergymnasiums und der Staatsoberrealschule studierte B. ab 1883 Technik an der TH in Graz sowie 1883–85 an der TH in Wien und 1885–89 Chemie und Naturwissenschaften an der Universität Wien; 1890 Lehramtsprüfung für Chemie und Naturwissenschaft als Nebenfächer. Danach unternahm er eine Studienreise nach Italien, Frankreich und Deutschland; 1890 Dr. phil. 1890–96 war B. Assistent für Chemie und Naturwissenschaft an der Seefahrtsakademie in Fiume (Rijeka), wo er sich mit Seismologie und chemischer Technologie zu befassen begann. 1896 legte er die Lehramtsprüfung für Chemie und Naturwissenschaften als Hauptfach in Wien ab, kehrte nach Laibach zurück und erhielt eine Anstellung als Lehrer an der Staatsoberrealschule. 1908–18 fungierte er als Kreisschulinspektor für alle Volks- und Mittelschulen sowie für die deutschsprachigen Schulen in Krain. Bekannt wurde B. als Seismologe: 1897 gründete er die erste moderne seismologische Station in Europa, die bis 1919 in Betrieb blieb und Laibach zu einem bedeutenden Zentrum für seismologische Forschung machte. Außerdem arbeitete er an der Gründung moderner Erdbebenwarten in Österreich und in der Tschechoslowakei mit. 1908–10 war er an der Gründung der seismologischen Station auf dem Tašmajdan-Plateau in Belgrad beteiligt, womit der Grundstein für die Entwicklung der Seismologie in Mittel- und Südosteuropa gelegt wurde. Mit seinen Beiträgen und Studien über Seismologie förderte er die Entwicklung der seismologischen Prognostik. B. war 1901–10 Herausgeber der Monatsschrift „Die Erdbebenwarte“ mit der Beilage „Neueste Erdbeben-Nachrichten“. Er erfand und konstruierte eine Reihe von seismometrischen Instrumenten, u. a. den Apparat „Zlatorog“ (Goldhorn) und den Seismographen-Typ „Belar“. Gemeinsam mit dem Architekten Max Fabiani plante er 1912 ein modernes geophysikalisches Institut in Laibach, dessen Bau aber durch den 1. Weltkrieg verhindert wurde. Während des Kriegs war B. einige Zeit in leitender Funktion zur Beobachtung des Minenkriegs im Tal von Vallone bei Doberdò eingesetzt. 1919 wurde er unter dem Vorwurf deutschfreundlich zu sein, zwangsmäßig in den Ruhestand versetzt. Sein Instrumentarium, seine Bibliothek und sein Archiv wurden beschlagnahmt, und er musste Ljubljana verlassen. 1923 gründete er ein eigenes geophysikalisches Observatorium oberhalb der Vintgar-Schlucht, das nach Sir Humphry Davy benannt wurde. Dort befasste sich B. mit chemischen, mineralogischen, geomorphologischen und elektrotechnischen Studien. Er wurde als Sachverständiger in chemischen Fragen herangezogen, auf meteorologischem Gebiet beschäftigte er sich mit der Messung der Gewitterelektrizität und mit meteorologischen Ballonsonden, darüber hinaus mit Radiotechnik (gemeinsam mit Anton Codelli), Karstkunde und Naturschutz. B. konstruierte einen drahtlosen Taschenempfangsapparat, für den man in Wien, Berlin und England Interesse zeigte, und gilt als Pionier der Radiosendungen in slowenischer Sprache. 1906 schlug er als Erster die Gründung eines alpinen Naturschutzparks im Bereich der Komarča-Wand, des heutigen Triglav-National-Parks (Triglavski narodni parks), vor. 1930 musste er krankheitsbedingt seine Forschungen aufgeben. B. war korrespondierendes Mitglied der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik, Erdbebenreferent der (kaiserlichen) Akademie der Wissenschaften in Wien sowie Mitglied der Società seismologica italiana. 1923 wurde er mit dem St.-Sava-Orden III. Klasse ausgezeichnet.

Weitere W.: Frh. S. Zoisʼ Briefe mineralogischen Inhalts, in: Mittheilungen des Musealvereines für Krain 7, 1894, l. Abt.; Prüfung der Rothweine auf fremde Farbstoffe, in: Freseniusʼ Journal of Analytical Chemistry 35, 1896; Ein Ausflug auf den Aetna …, 1898; Laibacher Erdbebenstudien, in: Sonderabdruck aus dem Jahresberichte der k. k. Staats-Oberrealschule in Laibach für das Schuljahr 1898/99, 1898; Über Erdbebenbeobachtung in alter und gegenwärtiger Zeit und die Erdbebenwarte in Laibach, 1898; Denkschrift (Betrifft die Laibacher Erdbebenwarte), 1910; etc.
L.: The New York Times, 17. 7. 1919; Enc. Jug.; SBL; Whoʼs Who in Central and East-Europe 1935/36, ed. S. Taylor, 2. Aufl. 1937; M. Gosar – V. Petkovšek, Naravoslovci na Slovenskem …, in: Scopolia 5, 1982, S. 30; Enciklopedija Slovenije 1, 1987; S. Sitar, Sto slovenskih znanstvenikov, zdravnikov i tehnikov, 1987 (m. B.); V. Ribarič, A. B. (1864–1939). Začetki slovenske seizmologije, in: Zbornik za zgodovino naravoslovja in tehnike 10, 1989, S. 41–68; R. Vidrih u. a., Delo naravoslovca A. B. v seizmologiji, in: Potresi v letu 1999, 2001, S. 131–144; International handbook of earthquake and engineering seismology B, ed. W. H. K. Lee u. a., 2003, s. Reg.; J. A. Mihelič – R. Vidrih, Dr. A. B., in: Snovalci Triglavskega narodnega parka – Ljudje pred svojim časom, 2006, S. 12–25; Osebnosti. Veliki slovenski biografski leksikon, 2008 (m. B.); MUT-Lexikon, ungedruckte Materialien des Technischen Museums Wien, 2009 (Typoskript); Materialiensammlung ÖBL (m. B.), UA, beide Wien.
(H. Gračanin)   
Zuletzt aktualisiert: 1.3.2011  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 1 (01.03.2011)