Bethlen von Bethlen, András Graf (1847–1898), Politiker

Bethlen von Bethlen András Graf, Politiker. Geb. Klausenburg, Siebenbürgen (Cluj-Napoca, RO), 26. 7. 1847; gest. Bethlen, Ungarn (Beclean, RO), 25. 8. 1898; evang. HB. Aus einer der bedeutendsten siebenbürgischen Adelsfamilien stammend. Sohn des Reichstagsabgeordneten Sándor Graf Bethlen von Bethlen (geb. Ebesfalva, Siebenbürgen / Dumbrăveni, RO, 14. 5. 1823; gest. Retteg, Ungarn / Reteag, RO, 27. 2. 1884) und dessen Frau Jozefa Gräfin Bethlen von Bethlen, geb. Baronin Bánffy von Losoncz (geb. Klausenburg, 20. 3. 1828; gest. ebd., 22. 5. 1902), Bruder des Reichstagsabgeordneten Gergely Graf Bethlen von Bethlen (geb. Apa-Nagyfalu, Siebenbürgen / Nușeni, RO, 13. 10. 1854; gest. Wien, 30. 7. 1896), Vater der Schriftstellerin und Journalistin Margit Gräfin Bethlen von Bethlen, verheiratete Gräfin Bethlen von Bethlen (geb. Budapest, H, 6. 8. 1882; gest. ebd., 7. 6. 1970), Schwiegervater von István Graf Bethlen von Bethlen, 1921–31 Ministerpräsident von Ungarn (geb. Gernyeszeg, Ungarn / Gornești, RO, 8. 10. 1874; gest. Moskva, UdSSR/RUS, 5. 10. 1946); ab 1880 verheiratet mit Lívia Júlia Gräfin Bethlen von Bethlen, geb. von Fény (geb. Pest /Budapest, H, 4. 3. 1862; gest. Budapest, 1944). – Nach Besuch des reformierten Gymnasiums in Budapest studierte B. Jus an den Universitäten Budapest, Brüssel und Leipzig, an Letzterer auch Volkswirtschaft bei dem Historiker und Ökonomen Wilhelm Roscher. Anschließend bereiste er Europa. B. war Mitglied der Magnatentafel und saß 1875–82 sowie 1890–96 als Abgeordneter der Liberalen Partei im Reichstag. 1882–90 fungierte er als Obergespan des Kronstädter und 1888–90 auch des Hermannstädter Komitats. Des Weiteren bekleidete er 1886–89 in Siebenbürgen das Amt des für die Vermittlung zwischen Krone und Siebenbürger Sachsen zuständigen Sachsengrafen sowie das eines königlichen Kommissärs. 1890–92 Ackerbauminister in der von →Gyula Graf Szapáry von Szapár, Muraszombat und Szécsisziget geleiteten Regierung und ein weiteres Mal 1892–94 im ersten Kabinett von →Sándor Wekerle, erreichte B. zu jener Zeit den Höhepunkt seiner politischen Karriere. Während seiner Amtszeit als Minister zählten die Flussregulierungen, insbesondere jene der Theiß, zu seinen wichtigsten Anliegen. Die Stärkung der Landwirtschaft, allen voran der Viehzucht, als Reaktion auf die durch die Agrarkrise verursachten Probleme, stand ebenfalls im Vordergrund seines Programms. Mit der Verabschiedung des Feldpolizei-Gesetzes 1894 gelang es ihm, die rechtlichen Rahmenbedingungen der Agrarproduktion zu regeln. Das im selben Jahr vom Parlament verabschiedete Gesetz über die Ansiedlung entsprach allerdings nicht seinem, die großen Fideikommiss-Besitzungen verteidigenden Konzept. Des Weiteren veröffentlichte B. Artikel in der ökonomischen Fachzeitschrift „Nemzetgazdasági Szemle“ und initiierte 1894 die Gründung des mehrsprachigen Wochenblatts „Néplap“, das in der Folge von dem Ministerialsekretär und Publizisten Ede Krisztinkovich herausgegeben wurde. Ab 1892 wirklicher Geheimer Rat, war B. Träger des Großkreuzes des königlichen Ordens der Krone von Rumänien.

L.: NFP, Pester Lloyd, 25., Agramer Zeitung, 26. 8. 1898; M. Életr. Lex.; Pallas; Révai; Szinnyei; ÚMÉL (mit Bild); Új országgyülési almanach 1887–92, ed. A. Sturm, 1888, S. 122; Országgyülési almanach 1892–97, ed. A. Sturm, 1892, S. 196f.; F. Jekel, Graf A. B., 1898; Á. Péchy, Imák és emlékbeszéd bethleni gróf B. A. gyász-emlékünnepén, 1899; B. Kempelen, Magyar nemes családok 2, 1911; I. Lukinich, A bethleni gróf B. család története, 1927, S. 540ff.; P. Gulyás, Magyar írók élete és munkái 3, 1941; A. Toth, Parteien und Reichstagswahlen in Ungarn 1848–92, 1973, s. Reg.; Magyar nagylexikon 3, 1994; Z. Szatucsek, in: Borászati Füzetek 10, 1998, Nr. 4, S. 17; J. Bölöny – L. Hubay, Magyarország kormányai 1848–2004, 5. Ausg. 2004, s. Reg.; A. Vári, Herren und Landwirte. Ungarische Aristokraten und Agrarier auf dem Weg in die Moderne (1821–1910), 2008, s. Reg.
(Á. Z. Bernád)   
Zuletzt aktualisiert: 15.12.2020  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 9 (15.12.2020)