Bikeles, Gustaw (Gustav); ursprünglich Bikeles Gedalie (1861–1918), Neurologe

Bikeles Gustaw (Gustav), ursprünglich Bikeles Gedalie, Neurologe. Geb. Lemberg, Galizien (L’viv, UA), 1. 9. 1861; gest. ebd., 4. 11. 1918; mos. B. entstammte einer jüdischen Familie, Sohn des Zimmermalers Jacob Bikeles. – Nach dem Besuch des Gymnasiums in Lemberg absolvierte B. die philosophischen Jahrgänge an der Universität Berlin und studierte ab 1886 Medizin an der Universität Wien; 1890 Dr. med. 1890–94 bekleidete er eine Assistentenstelle am Allgemeinen Krankenhaus in Wien, wo er sich auf die Fachgebiete Neurologie und Psychiatrie spezialisierte und seine Kenntnisse bei den Neurologen →Heinrich Obersteiner und →Richard Freiherr von Krafft-Ebing vertiefte. 1894–1900 war er am Allgemeinen Krankenhaus in Lemberg tätig. 1900–07 lehrte er als Privatdozent, 1907–18 als Professor für Neurologie und Psychiatrie an der dortigen Universität. B. befasste sich mit der Histologie und Physiologie des Nervensystems. Seine Studien zur Lokalisierung motorischer und sensorischer Zentren des Rückenmarks bildeten die Grundlage für die topische Diagnose neurologischer Erkrankungen. Daneben forschte er über neurologische Veränderungen bei psychiatrischen Patienten. Nach ihm ist das Bikele-Zeichen benannt, eine Schmerzsymptomatik bei bestimmten Bewegungen des Oberarms. B. arbeitete eng mit dem Physiologen Adolf Beck zusammen, den er beim Aufbau des Instituts für Physiologie an der Universität Lemberg unterstützte, mit dem Priester und Publizisten Leon Zbyszewski von Topór, mit den Neurologen Josef Gerstmann und Kazimierz Edmund Orzechowski von Oksza sowie mit dem Psychologen →Siegmund Kornfeld. Seine Fachbeiträge erschienen in deutscher und polnischer Sprache, u. a. im „Centralblatt für Physiologie“, in der „Wiener klinischen Wochenschrift“, im „Neurologischen Centralblatt“, in der „Gazeta Lekarska“ und im „Lwowski tygodnik lekarski“. Von seinen Werken erwähnenswert sind u. a. „Ein Fall von Osteosarkom des Schädels“ (in: Wiener klinische Wochenschrift 5, 1892, gemeinsam mit Kornfeld), „Die Thätigkeit der Grosshirnrinde bei der Reproduction und Hallucination“ (in: Centralblatt für Physiologie 6, 1893), „Die Phylogenese des Pyramidenvorderstranges“ (in: Neurologisches Centralblatt 17, 1898), „Thrombose der Arteria cerebri anterior“ (ebd. 18, 1899), „Die Ausbreitung des Reflexbogens im Rückenmark …“ (in: Pflüger’s Archiv für die gesammte Physiologie des Menschen und der Tiere 140, 1911, gemeinsam mit Beck) sowie „Versuche über die sensorische Funktion des Kleinhirnmittelstücks (Vermis)“ (ebd. 143, 1911, gemeinsam mit Beck), aber auch „Zwei philosophische Essays“ (1897, 2. Aufl. 1903) über die Genese der menschlichen Affekte.

Weitere W.: s. Kreuter.
L.: Gazeta Wieczorna, 30. 11. 1918; Kreuter (mit W.); PSB; Kronika Uniwersytetu Lwowskiego 1, 1899, S. 171; W. Hahn, Kronika Uniwersytetu Lwowskiego 2, 1912, S. 213, 243, 347, 349, 362, 367, 377f., 381, 426ff., 453, 694; E. Herman, Neurolodzy polscy, 1958, S. 127ff.; W. Zwozdziak, in: Archiwum historii medycyny 28, 1965, S. 65; S. Nicieja, Cmentarz Łyczakowski we Lwowie w latach 1786–1986, 1989, S. 325; W. Wojtkiewich-Rok, Dzieje wydziaіu lekarskiego Uniwersytetu Lwowskiego w latach 1894–1918, 1992, S. 35, 88, 132; Leksykon historii Polski, ed. M. Czajka u. a., 1995; UA, Wien.
(M. Nadraga)   
Zuletzt aktualisiert: 30.11.2015  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 4 (30.11.2015)