Blaas, Karl (Carl) Ritter von (1815–1894), Maler

Blaas Karl (Carl) Ritter von, Maler. Geb. Nauders (Tirol), 28. 4. 1815; gest. Wien, 19. 3. 1894 (Ehrengrab: Zentralfriedhof); röm.-kath. Sohn des Bäckers Johann Joseph Blaas und von Genoveva Blaas, geb. Purtscher, Neffe von →Franz X. Freiherr Purtscher von Eschenburg, Vater von →Eugen von Blaas und →Julius von Blaas; ab 1842 verheiratet mit Agnesina Auda (geb. Rom, Kirchenstaat / Roma, I, 14. 9. 1820; gest. Wien, 17. 10. 1868). – B. stammte aus ärmlichen Verhältnissen und erhielt seinen Schulunterricht in Nauders und Innsbruck. Am Beginn seiner Karriere stand ein mit Preisen für seine Gemälde ausgezeichnetes Studium in Venedig (1832–35), das ihm sein Onkel ermöglichte. Anschließend bildete er sich in München (1835–37) sowie in Rom fort, wo er mit einem Stipendium der Wiener Akademie der bildenden Künste für fünf Jahre arbeitete und sich dem Nazarener-Kreis um Friedrich Overbeck anschloss. Nachdem seine von Overbeck und Pietro Tenerani befürwortete Bewerbung vom März 1850 um eine Professur der Geschichtsmalerei an der Accademia di Belle Arti di Brera in Mailand abschlägig beschieden worden war, wurde B. 1852 Professor der Vorbereitungsschule der Wiener Akademie der bildenden Künste. In den Anfängen seiner Wiener Zeit verschaffte ihm ein Auftrag von Leonie Gräfin Lanckorońska, geb. Potocka, ihr Porträt (1852, Österreichische Galerie Belvedere, Wien) zu malen, zahlreiche weitere Bestellungen des Wiener Hofs und Hochadels. 1855 erhielt er bei der Weltausstellung in Paris für sein Gemälde „Karl der Große besucht die Schule der Knaben“ (Belvedere) die Goldene Medaille. 1858 malte er das figurenreiche Gemälde „Raub der venezianischen Bräute durch istrische Piraten“ (Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck), dem auf der Wiener Kunstausstellung 1859 die große Goldene Medaille zuerkannt wurde. 1856–66 war B. an der Accademia di belle arti in Venedig tätig, an der er mehrere Reformen im Malunterricht einführte. Während dieser Zeit erhielt er 1861 die Oberleitung bei der Ausmalung der Waffensäle im neuen Arsenal (Wien) und nahm weiters an der Restaurierung der Mosaiken von San Marco teil. 1866 übersiedelte er nach Wien und übernahm die Professur an der Allgemeinen Malerschule (1866–72 Leiter einer Spezialschule für Historienmalerei) an der Akademie, die er bis 1882 innehatte (zu seinen Schülern zählte etwa →Leopold Karl Müller). B. war neben seinen zahlreichen Gemäldeaufträgen v. a. an der Durchführung zweier umfangreicher Freskenprogramme in Wien beteiligt: 1854–58 freskierte er an der linken Mittelschiffwand der Altlerchenfelder Kirche Szenen aus dem Leben Jesu und Mariae und gegen den Chor sechs großformatige religiöse Allegorien (insgesamt 24 Felder). Sein wohl wichtigstes Werk sind die 1872 vollendeten Fresken mit den Hauptszenen der Geschichte Österreichs in der Ruhmeshalle des Hofwaffenmuseums, des heutigen Heeresgeschichtlichen Museums. Dieser Auftrag war seitens des federführenden Architekten, →Theophil Freiherr von Hansen, eigentlich →Karl Rahl zugedacht, da Hansen in den Entwürfen Rahls eine kongeniale Ergänzung seines Bauwerks erkannte. Nach Durchsetzung des endgültigen Programmentwurfs durch →Franz Graf Folliot de Crenneville (1861) hatte B. aber schließlich das detaillierte Konzept der Militärhistoriker penibel umzusetzen. 1876 schuf der Maler das Hochaltarbild „Heiliger Johannes auf Patmos“ für die Kirche St. Johann Evangelist in Wien 10, womit er wiederum einen Brückenschlag zu seinen Anfängen in der religiösen Malerei vollzog. Den Stil der Nazarener, der seine römische Zeit geprägt hatte, zunehmend ablegend, wandte sich B. schließlich immer stärker einer realistisch-detailreichen, deutlich farbbetonten Malweise zu, die im Zyklus des Wiener Arsenals, der einen Höhepunkt der habsburgischen Geschichtsmalerei darstellt, gipfelte. B. war in beeindruckender gattungsmäßiger Breite auch als Genre-, Landschafts- (v. a. italienische Motive) und Porträtmaler tätig, favorisierte selbst aber religiöse Sujets. Regierungsrat B. wurde 1871 Komtur des Franz Joseph-Ordens und erhielt 1877 den Orden der Eisernen Krone III. Klasse verbunden mit der Erhebung in den Ritterstand. 1867–91 war er Mitglied der Genossenschaft der bildenden Künstler Wiens (Künstlerhaus), ab 1877 Ehrenmitglied des Vereins Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum.

L.: NFP, 20., WZ, 21. 3. 1894; ADB; AKL; Eisenberg 1; ÖKL; Thieme–Becker; Wurzbach; Selbstbiographie des Malers K. B., ed. A. Wolf, 1876 (Neuausgabe 2020); J. Max, in: Allgemeine Kunst-Chronik 18, 1894, S. 289ff. (mit Bild); A. Strobl, Das k. k. Waffenmuseum im Arsenal, 1961, passim; B. Wild, C. v. B. 1815–1894, Wien 1985 (Kat.); Aus Österreichs Vergangenheit. Entwürfe von C. v. B., ed. H. Adolph, Schloss Halbturn 1991 (Kat.); Kunst des 19. Jahrhunderts 1, bearb. E. Hülmbauer, 1992; „Welch’ elendes Zeug …“. C. v. B. – Skizzen zu einem Meisterwerk, ed. C. Ham, Wien 1998 (Kat.); W. Telesko, Geschichtsraum Österreich, 2006, S. 394ff.; M.-A. Bellin, I De Blaas. Una dinastia di pittori tra Vienna e Venezia, Diss. Venezia, 2016, passim (mit Bild); A. Bellin, in: Predella. Journal of visual arts 41/42, 2017, S. 177ff.; Wien Geschichte Wiki (mit Bild, Zugriff 1. 4. 2021); ABK, Pfarre St. Karl Borromäus, beide Wien; Pfarre Nauders, Tirol.
(W. Telesko)   
Zuletzt aktualisiert: 20.12.2021  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 10 (20.12.2021)