Blecha, Matěj (Matthias) (1861–1919), Architekt und Bauunternehmer

Blecha Matěj (Matthias), Architekt und Bauunternehmer. Geb. Štítary, Böhmen (Štítary, CZ), 16. 7. 1861; gest. Praha, Tschechoslowakei (CZ), 18. 12. 1919; evang. Bruder der Baumeister Josef Blecha (1841–1900) und Alois Blecha (gest. 1902); verheiratet mit Milada Blecha. – Nach Absolvierung des Gymnasiums studierte B. ab 1879 an der Prager tschechischen Technischen Hochschule, 1881–84 in Wien an der Technischen Hochschule und 1884–87 an der Akademie der bildenden Künste bei →Carl Freiherr von Hasenauer Architektur (1885 Füger-Preis, 1886 Hof-Preis, 1887 Gundel-Preis). Nach zahlreichen Studienreisen begann er seine Tätigkeit in der sich rasch entwickelnden Baufirma seines Bruders Josef, die 1870 in Karolinenthal (Prag) gegründet worden war. 1890 trat B. zum ersten Mal mit dem im monumentalen Barockstil geplanten Wettbewerbsprojekt für die Prager Franzens-Brücke an die Öffentlichkeit. Unter seinen frühen Arbeiten besonders erwähnenswert ist das Haus der Druckerei und des Verlags Politika am Wenzelsplatz (1893–95). Nach dem Tod Josefs übernahm er 1900 mit seinem Bruder Alois die Leitung der Firma und war ab 1902 Alleininhaber des Bauunternehmens, das zum größten in Prag avancierte. 1903–13 beschäftigte er dort den Architekten Emil Králíček als Projektanten, der junge →Oldřich Tyl erwarb bei ihm seine ersten Praxiserfahrungen und bei der Fassadendekoration arbeitete B. manchmal mit →Celda Klouček zusammen. Mit seinem Unternehmen führte er Projekte der bedeutenden Prager Architekten Josef Fanta, Josef Gočár, Otakar Novotný, Osvald Polívka und Josef Zasche aus und verwirklichte die monumentalsten Bauten der Zeit, namentlich Banken und große öffentliche Gebäude (Landesbank, 1894–97; Prager Creditbank, 1900–02; Palais der Prager Eisen-Industrie-Gesellschaft, 1906–07; Palais des Assekuranzvereins von Zuckerfabrikanten, 1912–16; Hlávka-Studentenheim, 1902–04). Die Mehrheit seiner ausgeführten Bauten befindet sich in Prag. Daneben erhielt B. Aufträge aus der adeligen Gesellschaft (Restaurierung des Schlosses in Mníšek pod Brdy, 1910–11), errichtete auf dem Land große Villen (Hernych-Villa in Ústí nad Orlicí, 1906–07) und erbaute einige evangelische Kirchen (u. a. in Kladno, 1895). Für B.s Arbeiten war eine außergewöhnliche Solidität in der Ausführung charakteristisch, die ihm Aufträge – besonders für Industriebauten (Zuckerfabriken, Kunstmühlen) und Bankgebäude (Lemberg, Brody) – aus ganz Europa und sogar Übersee einbrachte. Anscheinend griff er bei der Umsetzung der Projekte teilweise auch in die Gestaltung ein; aufgrund der Mannigfaltigkeit (er versuchte den Wünschen der Auftraggeber nachzukommen) ist sein eigenständiges Schaffen jedoch schwer zu charakterisieren. Für prachtvolle Zins- oder Geschäftshäuser an den Prager Boulevards wählte er schwere plastische Formen, während er Pläne für kleinere gemeinnützige Institutionen in nüchternerem Stil umsetzte (Vereinshaus „Záštita“, 1907–08). Stilistisch verwendete er u. a. Neobarock, Neoklassizismus, Jugendstil, geometrische Moderne und Kubismus. B. war Mitglied des Prager Stadtverordnetenkollegiums, Präsident der Prager Creditbank und wurde 1906 Ritter des Franz Joseph-Ordens.

Weitere W. (s. auch Encyklopedie architektů): St. Adalbert-Kirche, 1904–05 (Praha-Libeň); Badehaus, 1911 (Baška auf der Insel Krk).
L.: Prager Tagblatt, 16. 7. 1911; Národní listy, Národní politika, 20. 12. 1919; AKL; Otto 28; Toman; Y. Janková, in: Památky a příroda 11, 1986, S. 73ff.; R. Švácha, Od moderny k funkcionalismu, 1994s. Reg.; M. Horyna, in: Dějiny českého výtvarného umění 1780–1890, 3/2, ed. T. Petrasová – H. Lorenzová, 2001, S. 169; Encyklopedie architektů, stavitelů, zedníků a kameníků v Čechách, ed. P. Vlček, 2004 (mit W.); Digitalizované pobytové přihlášky pražského policejního ředitelství (konskripce) 1850–1914 (online); ABK, TU, beide Wien.
(V. Laštovičková)   
Zuletzt aktualisiert: 25.11.2016  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 5 (25.11.2016)