Brancsik, Karl (Károly) Joseph (1842–1915), Mediziner und Naturwissenschaftler

Brancsik Karl (Károly) Joseph, Mediziner und Naturwissenschaftler. Geb. Alt-Bistritz, Ungarn (Stará Bystrica, SK), 22. 3. 1842 (Taufdatum); gest. Trentschin, Ungarn (Trenčín, SK), 18. 11. 1915; röm.-kath. Sohn des Rentmeisters Karl Brancsik (1810–1890) und der Emilie Brancsik, geb. Höffler. – Nach dem Besuch der Gymnasien in Teschen, Pressburg und Ödenburg (Matura 1862) studierte B. zunächst bis 1864 Medizin an der Universität Wien. Danach setzte er das Studium an der Universität Prag fort und wechselte 1870 an die Universität Graz; 1872 Dr. med. in Graz. Noch im selben Jahr wurde er Gemeindearzt in Beckow sowie 1874 Bezirksarzt in Trentschin. 1879 ernannte man ihn zum Komitats-Oberarzt von Trentschin. Seit Schulzeiten naturwissenschaftlich interessiert, sammelte er zunächst Pflanzen und Käfer. 1871 erschien sein Hauptwerk „Die Käfer der Steiermark“, in dem rund 3.500 Käferarten des Gebiets einschließlich der Untersteiermark verzeichnet wurden und das bis heute eine wichtige Grundlage für koleopterologische Bearbeitungen der Region darstellt. Ab 1878 beschäftigte sich B. auch mit Schnabelkerfen, Gerad- und Hautflüglern und sammelte daneben intensiv Mollusken-Schalen und Pflanzen aus dem Trentschiner Komitat. Zu diesen fachlich diversen Themen verfasste er zahlreiche kleinere Aufsätze, die vorwiegend in den „Jahresheften des Naturwissenschaftlichen Vereines des Trencsiner Comitates“ erschienen sind, wie beispielsweise „Trencsén megye Hemipteráinak felsorolása“ (in: A Trencsén megyei Természettudományi Egylet évkönyve 1, 1878), „Series Orthopterorum novorum“ (ebd. 19/20, 1897) und „Botanische Exkurse im Jahre 1899“ (ebd. 21/22, 1899). 1885, 1888 und 1904 unternahm er selbst Sammel-Ausflüge nach Dalmatien und Bosnien und bearbeitete zudem ausländische Käferfunde von Fachkollegen, wie „Beiträge zur Kenntniss Nossibés und dessen Fauna nach Sendungen und Mittheilungen des Herrn P. Frey“ (ebd. 13/14, 1891 und 15/16, 1893). 1877 gründete B. gemeinsam mit Freunden den Naturwissenschaftlichen Verein des Komitats Trentschin und redigierte dessen „Jahreshefte“ bis zu seinem Tod. Die 1879 gegründete Vereinsbibliothek bildet heute den Grundstock für die Bibliothek des Trenčianske Múzeum, welches 1912 ebenfalls auf Initiative B.s gegründet wurde und dem er als Direktor vorstand. Die Mollusken-Sammlung ging in den Besitz des Magyar Nemzeti Múzeum in Budapest über, das Herbarium (im Umfang von rund 8.000 Pflanzenarten) schenkte er dem Trenčianske Múzeum. Die überaus reiche Sammlung von Käfern aus Europa, Afrika, Australien und Nordamerika umfasste bei B.s Tod rund 31.000 Arten in 67.000 Exemplaren und ging zunächst käuflich an den Zahnarzt und Käfersammler Eduard Knirsch in Wien, im Dezember 1955 gelangte sie an das Chicago Natural History Museum. Nach B. wurden u. a. 1904 ein Rindenglanzkäfer Rhizophagus brancsiki und 1906 ein Rüsselkäfer Mylacus brancsiki benannt. 1879 erhielt er den Titel eines königlichen Rats.

Weitere W.: s. Pazsiczky; Hetschko; Hrabovec.
L.: Tagespost (Graz), 7. 12. 1871; Das geistige Ungarn; M. Életr. Lex.; Révai; Botanik und Zoologie in Österreich ... 1850 bis 1900, 1901, s. Reg.; I. Dörfler, Botaniker-Adressbuch, 2. Aufl. 1902, S. 149, 3. Aufl. 1909, S. 211; J. Pazsiczky, in: Rovartani lapok 23, 1916, S. 69ff., 123 (mit Bild und W.); H. Soldanski, in: Deutsche entomologische Zeitschrift, 1916, H. 1, S. 88; Wiener Entomologische Zeitung 35, 1916, S. 64; Entomologische Blätter für Biologie und Systematik der Käfer 13, 1917, S. 62; A. Hetschko, in: Wiener Entomologische Zeitung 49, 1932, S. 51ff. (mit Bild und W.); P. Gulyás, Magyar írók. Élete és munkái 3, 1941; R. Wenzel, in: Chicago Natural History Museum Bulletin 27/2, 1956, S. 4, 7; I. Hrabovec, Prírodovedný spolok župy Trenčianskej, 1960, passim (mit Bild und W.); A. Stollmann, in: Búvár 12, 1967, S. 303ff.; Z. Koleška, in: Zprávy Československé společnosti entomologické při ČSAV 15, 1979, S. 15f.; Slovenský biografický slovník 1, 1986; G. Nonveiller, The pioneers of the research on the insects of Dalmatia, 1999, s. Reg.; L. Kiss, in: Orvosi hetilap 156, 2015, S. 1875ff.; Pfarre Stará Bystrica, SK; Mitteilung Martin Georg Enne, Wien; Mitteilung Alois Kernbauer, Graz, Steiermark; Mitteilung Jana Ratajová, Praha, CZ.
(M. Svojtka)  
Zuletzt aktualisiert: 20.12.2021  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 10 (20.12.2021)