Brass, Hermann (1855–1938), Industrieller und Politiker

Brass Hermann, Industrieller und Politiker. Geb. Friesedorf, Mähren (Březná, CZ), 5. 1. 1855; gest. Zábřeh, Tschechoslowakei (CZ), 17. 10. 1938; evang. HB. Enkel des Rotfärbers Johann Engelbert Brass (geb. Elberfeld, Herzogtum Berg / Wuppertal, D, 1785), Sohn des Industriellen und Bürgermeisters in Hohenstadt Wilhelm Engelbert Brass (geb. Geneicken bei Rheydt, Preußen/D, 26. 3. 1819; gest. Hohenstadt an der March, Mähren / Zábřeh, CZ, 11. 7. 1897) und von Anna Berta Brass, geb. Wülfing (geb. 28. 2. 1819; gest. 22. 7. 1899), Bruder des Bankiers, Industriellen und Politikers Otto Brass (geb. 22. 12. 1846; gest. 8. 3. 1909) und des Industriellen Gustav Brass (geb. 25. 3. 1851; gest. 14. 7. 1922), Vater von Dipl.-Ing. Wilhelm Brass (geb. 9. 5. 1881), Dr. rer. nat. Robert Brass (geb. 21. 10. 1882; gest. 22. 1. 1951) und Dipl.-Ing. Gustav Brass (geb. 9. 10. 1887), Schwager des Industriellen in Sternberg Heinrich Gröger, des Hofrats am Verwaltungsgerichtshof und Rittmeisters Josef Ritter von Heiterer-Schaller und des Wiener Kaufmanns Eduard Emmer; ab 1880 verheiratet mit Anna Maria Brass, geb. Gromes (1859–1900), der Tochter des Landwirts, Postmeisters und mährischen Landtagsabgeordneten Franz Gromes (geb. Ranigsdorf, Mähren / Linhartice, CZ, 5. 7. 1829; gest. Grünau, Mähren / Gruna, CZ, 15. 4 1908), und ab 1900 mit Anna Brass, geb. Briner (1856–1936). – Nach dem Besuch des deutschen Gymnasiums in Mährisch Trübau und zweier Colleges in Winterthur und Zürich trat B. 1875 in die Firma seines Vaters Wilhelm Brass & Söhne, Baumwollspinnerei und Färberei ein, die dieser 1870 von seinem Vater übernommen und deren Sitz er von Friese bei Schildberg 1856 nach Hohenstadt verlegt hatte. 1878 wurde B. Partner und 1897 Inhaber der bis 1945 bestehenden Firma. Die Fabrik mit Zweigbetrieben in Niedergrund bei Warnsdorf und im polnischen Czenstochau, die von B. zunächst mit seinen älteren Brüdern Otto und Gustav geführt wurde, war für Jahrzehnte das größte Unternehmen der Stadt. Für die Arbeiter wurden soziale Einrichtungen wie eine Betriebskrankenkasse, ein Arbeiterpensionsfonds und ein Betriebshospital geschaffen. B. gehörte dem Verwaltungsrat der Mährischen Lebens-Versicherungsanstalt an und war außerdem Vorstandsmitglied des Allgemeinen Deutschen Textilverbands sowie des Deutschen Hauptverbands der Industrie. Er war auch politisch aktiv und u. a. Vorsitzender des Bunds der Deutschen Nordmährischen Gesellschaft. Er unterstützte die Gründung deutscher Schulen, gehörte dem Deutschen Schulverein seit seiner Gründung 1880 an und setzte sich für den Erhalt und Ausbau deutscher kultureller und nationaler Institutionen in Nordmähren ein. Ab 1907 war er Mitglied des Herrenhauses auf Lebenszeit, 1909–18 Mitglied im mährischen Landtag und 1900–18 Stadtrat von Hohenstadt. 1919 gründete er die deutschpolitische Arbeitsstelle als Verbindungsstelle zwischen den deutschen Reichsratsmitgliedern unterschiedlicher Parteien aus Böhmen, Mähren und Schlesien, der er als 2. Vorsitzender angehörte. In der Zwischenkriegszeit war er Mitglied der Deutschen Nationalpartei und nach 1933 der Sudetendeutschen Heimatfront.

L.: Salzburger Volksblatt, 5. 1. 1935, 22. 10. 1938; Illustrierte Kronen-Zeitung, 23. 10. 1938; Adlgasser; Textilrundschau 20, 1938, S. 283; Ch. Boyer, Nationale Kontrahenten oder Partner? Studien zu den Beziehungen zwischen Tschechen und Deutschen in der Wirtschaft der ČSR (1918–38), 2009, S. 45f., 53f., 422; J. Malíř, Biografický slovník poslanců moravského zemského sněmu v letech 1861–1918, 2012 (mit Bild); euro.cz (Zugriff 13. 4. 2021); Schlot.at (Zugriff 13. 4. 2021); Zedhia, Zentraleuropäisches digitales wirtschafts- und gesellschaftshistorisches interaktives Archiv (online, Zugriff 17. 4. 2021); Technisches Museum, Wien.
(S. B. Weiss)  
Zuletzt aktualisiert: 25.8.2023  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 11 (25.08.2023)