Carda, Karl (1870–1943), Mathematiker

Carda Karl, Mathematiker. Geb. Wien, 6. 4. 1870; gest. Prag, Protektorat Böhmen und Mähren (Praha, CZ), 12. 11. 1943; röm.-kath. Sohn von Josef Carda, dem Sekretär des Obersten und Kämmerers Vinzenz Graf Morzin. – C. besuchte 1882–90 das Staatsgymnasium in Wien 8. Ab 1890 studierte er – mit einem Figdorʼschen Stipendium (1892) – Mathematik und Physik an der Universität Wien; 1894 Dr. phil. mit der Dissertation „Zur Theorie der algebraischen Funktionen auf einer zweiblättrigen Riemannschen Fläche“ bei Emil Weyr und →Gustav von Escherich. 1895 legte er die Lehramtsprüfung aus Mathematik und Physik ab. Im Wintersemester 1895/96 vertiefte er seine Ausbildung in Leipzig bei dem Geometer Sophus Lie, den er gemeinsam mit dem Amerikaner Edgar Odell Lovett mit einem Stipendium im Sommersemester 1896 nach Kristiania begleiten konnte, wo Lie sich in jenem Frühjahr zwei Monate aufhielt. C. hörte danach auch weiterhin Lies Vorlesungen in Leipzig. 1896 zunächst provisorischer, ab November definitiver Assistent an den Lehrkanzeln für Mathematik an der deutschen Technischen Hochschule in Brünn, hatte er diese Stelle bis Ende September 1900 inne. 1897 vertrat er den erkrankten Professor Emil Waelsch. 1901 erwarb C. aufgrund seiner Habilitationsschrift „Zur Theorie der algebraischen Gruppen der Geraden und der Ebenen“ (in: Monatshefte für Mathematik und Physik 11, 1900) die Venia legendi für Mathematik an der Universität Wien. Ab 1902 wirkte er als Assistent für Mathematik an den Lehrkanzeln Mathematik für Bauingenieure unter Karl Zsigmondy und Mathematik II unter →Emanuel Czuber an der Technischen Hochschule in Wien, wo er 1902/03 sowie 1904 auch Parallelvorlesungen an der zweiten Lehrkanzel für Mathematik hielt. 1905 wurde C. zum ao. Professor für Mathematik für Bauingenieure an der Technischen Hochschule in Wien als Nachfolger von Zsigmondy bestellt und schließlich 1907 zum o. Professor an der deutschen Technischen Hochschule in Prag ernannt. Dort wirkte er bis zu seiner Emeritierung 1939 und hatte zwischen 1908 und 1929 acht Mal das Amt des Dekans verschiedener Abteilungen inne. Eine Wahl zum Rektor 1912 nahm er nicht an. C. begann seine Publikationstätigkeit zwar bereits vor Fertigstellung seiner Dissertation, veröffentlichte insgesamt jedoch wenig. Er publizierte in den „Sitzungsberichten der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Wien, mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse“, den „Monatsheften für Mathematik und Physik“, den „Jahresberichten der Deutschen Mathematiker-Vereinigung“ und der Prager Zeitschrift für Naturwissenschaften „Lotos“. In seinen frühen Arbeiten widmete er sich den Bernoullischen Zahlen und deren Darstellung durch bestimmte Integrale. Später lagen seine Interessen v. a. auf dem Gebiet der Geometrie und hier insbesondere im Bereich der Invariantentheorie von Lie. Eine seiner umfangreicheren Studien betraf die Differentialgeometrie und erschien 1898 unter dem Titel „Zur Geometrie auf Flächen constanter Krümmung“ (in: Sitzungsberichte der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Wien, mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse 107, Abteilung IIa). „Zur Theorie der transzendenten Gruppen der Geraden“ veröffentlichte er in der „Festschrift der k.k. Technischen Hochschule in Brünn …“, 1899. C. war ab 1901 Mitglied der Deutschen Mathematiker-Vereinigung. 1928 nahm er an der Tagung deutscher Physiker und Mathematiker in Prag teil.

Weitere W.: s. Birk; Einhorn; Ottowitz.
L.: Prager Tagblatt, 21. 6. 1912 (Abendausg.); Poggendorff 4–7a; A. Birk, Die Deutsche Technische Hochschule in Prag 1806–1931, 1931, S. 129, 131 (mit W.); A. Lechner, Geschichte der Technischen Hochschule in Wien, 1942, s. Reg.; R. Einhorn, Vertreter der Mathematik und Geometrie an den Wiener Hochschulen 1900–40, 2, 1985, S. 367ff. (mit W.); J. J. Boehm-Pilsen, Die Deutsche Technische Hochschule in Prag und ihre Vorstufen, 1991, S. 240, 246f.; N. Ottowitz, Der Mathematikunterricht an der Technischen Hochschule in Wien 1815–1918, 2, 1992, S. 251ff. (mit Bild und W.); P. Šišma, Matematika na německé technice v Brně, 2002, S. 128ff., 156f., 160f., 291; Ch. Binder, in: Internationale Mathematische Nachrichten / International Mathematical News / Nouvelles Mathématiques Internationales 57, 2003, S. 4f., 7; A. Stubhaug, Es war die Kühnheit meiner Gedanken, 2003, s. Reg. (mit Bild); M. Bečvářová, Česká matematická komunita v letech 1848 až 1918, 2008, S. 35; TU, UA, beide Wien.
(M. Pesditschek)   
Zuletzt aktualisiert: 25.11.2016  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 5 (25.11.2016)