Cartellieri, Carmen (Franziska Ottilia); verheiratete Ziffer von Teschenbruck, Ps. Carmen Teschen (1891–1953), Schauspielerin

Cartellieri Carmen (Franziska Ottilia), verheiratete Ziffer von Teschenbruck, Ps. Carmen Teschen, Schauspielerin. Geb. Proßnitz, Mähren (Prostějov, CZ), 28. 6. 1891; gest. Wien, 17. 10. 1953. Tochter des Bahnbeamten Max Cartellieri; ab 1909 mit dem Bahnbeamten Mano Ziffer von Teschenbruck (1888–1968) verheiratet. – C. wuchs aufgrund der beruflichen Verpflichtungen ihres Vaters in Tirol und im niederösterreichischen Hainfeld auf. Nach ihrer Heirat widmete sie sich dem Leben als Hausfrau, bis sie im Sommer 1917 für ihren ersten Film („Aniula“) vor der Kamera stand. Ihr spätes Debüt – noch unter ihrem Pseudonym – hatte sie dem Südtiroler Filmregisseur Cornelius Hintner zu verdanken, der in den folgenden Jahren zu ihrem Mentor werden sollte. Beachtenswert ist, dass sie noch keinerlei Schauspiel- oder Bühnenerfahrung vorzuweisen hatte und sich ihr Wissen offenbar autodidaktisch aneignen musste. Über ihren in Wien entstandenen Debütfilm hinaus konnte C. dann weitere Erfahrungen in Budapest sammeln, wo sie gemeinsam mit Hintner für die Star- und die Astra-Film arbeitete. 1919 kehrten die beiden aufgrund der politischen Umwälzungen in Ungarn nach Wien zurück, wo C. ihren Karrierehöhepunkt erleben sollte. In Wien entwickelte sich die Quereinsteigerin zu einer der erfolgreichsten Filmschauspielerinnen der frühen 1920er-Jahre. Sie übernahm zahlreiche Hauptrollen, wie z. B. in „Die Würghand“ (1920), und wurde häufig für die Coverstorys lokaler Zeitschriften abgelichtet. Außerdem wurde C. zum Star ihrer eigenen Filmfirma, der Cartellieri-Film (gegründet 1920/21), in der auch ihr Mentor und ihr Ehemann tätig waren. Doch bereits 1921 zeichnete sich eine Krise ab, da es inflationsbedingt zu finanziellen Schwierigkeiten sowie zu firmeninternen Spannungen gekommen war. Diese führten 1922 zum Ausstieg C.s aus der Filmgesellschaft und zu Engagements bei anderen Firmen, wie der renommierten Vita-Film. Im selben Jahr erlitt C. zudem einen persönlichen Schicksalsschlag, da Hintner überraschend im Alter von nur 47 Jahren starb. Der Tod ihres Förderers bedeutete auch eine Zäsur für ihre Karriere. Die Figuren wurden ihr nun nicht mehr auf den Leib geschrieben und sie musste zunehmend Nebenrollen spielen. Allerdings erhielt C. Engagements u. a. bei der Pan-Film, die prestigeträchtige Projekte wie „Orlac’s Hände“ (1925) und „Der Rosenkavalier“ (1926) produzierte. Des Weiteren widmete sie sich in diesen Jahren erstmals auch der Bühne und versuchte ebenso im deutschen Film Fuß zu fassen, was ihr aber nicht gelang. 1928 drehte sie ihren letzten Film („Das Schicksal derer zu Habsburg“) für eine Berliner Firma. Neben ihrer Filmkarriere, die primär durch die Verkörperung negativ konnotierter Frauenfiguren wie der „Femme fatale“ geprägt war, tat C. sich auch als Verfasserin von Texten zur Schauspielkunst im Stummfilm (1919, 1927) hervor, in denen sie die medienspezifischen Anforderungen an Stummfilmschauspieler und -schauspielerinnen erläuterte. Darüber hinaus wurde C. mehrfach ausgezeichnet: Sie erhielt Schönheits- und Modepreise (1920–23) und wurde zur beliebtesten Filmschauspielerin gekürt (1922). Trotz ihrer Erfolge zog sie sich 1928/29 in das Privatleben zurück, den Sprung in die Tonfilmära schaffte sie – vermutlich aufgrund ihrer fehlenden schauspielerischen Schulung bzw. Sprechausbildung – nicht. C. dürfte stattdessen ihrem Mann nach Basel gefolgt sein. Ende der 1930er-Jahre übersiedelte die Familie aber wieder nach Wien. Posthum widmete das Filmarchiv Austria C. im Rahmen der Viennale zwei Retrospektiven (2000, 2017), die das beinahe vergessene Schaffen einer der meistbeschäftigten lokalen Filmschauspielerinnen der 1920er-Jahre der Öffentlichkeit zugänglich machten.

Weitere Filme: s. Loacker. – Publ.: Film und Kunst, in: Die Kinowoche 1, 1919, Nr. 13 (mit Bild); Kino und Kunst, in: Pester Lloyd, 24. 5. 1919; Meine Sommerreise, in: Mein Film 87, 1927 (mit Bild).
L.: P. Caneppele, in: Filmhimmel Österreich 009, 2005, S. 12ff. (mit Bild); A. Denk, Der Beruf des Stummfilmschauspielers / der Stummfilmschauspielerin im Wien der 1910er und 1920er Jahre, phil. Diss. Wien, 2017, S. 468f., 486 (mit Bild und Auswahlfilmographie); A. Loacker, C. C., 2017 (mit Bild und Filmographie); WStLA, Wien.
(A. Denk)   
Zuletzt aktualisiert: 10.12.2019  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 8 (10.12.2019)