Chavanne, Josef (1846–1902), Geograph

Chavanne Josef, Geograph. Geb. Graz (Steiermark), 7. 8. 1846; gest. Buenos Aires (RA), 7. 12. 1902. Sohn des Militär-Bauverwalters Charles Antoine Chavanne (1809–1878) und von Cornelia Chavanne, geb. Albrecht; ab 1879 in 1. Ehe mit Gabrielle Chavanne, geb. Komtenovitch, ab 1891 mit Eugenia Chavanne, geb. Weiller, verheiratet. – C. studierte vermutlich an der philosophischen Fakultät in Graz (nicht nachweisbar) sowie in Prag und soll 1872 ein philosophisches Doktorat erworben haben. 1867–69 bereiste er Nordamerika, Mexiko, die Westindischen Inseln und Nordafrika. Nach seiner Rückkehr wirkte er an der Centralanstalt für Meteorologie und Erdmagnetismus in Wien. Frühe wissenschaftliche Arbeiten galten der Polarforschung, auf deren Gebiet er sich rasch zu einem international anerkannten Experten entwickelte, sowie klimatologischen Fragen; seine „Beiträge zur Klimatologie von Oesterreich-Ungarn“ (1872) waren ein wichtiges Grundlagenwerk. Von seinen über 60 Karten (großteils von Afrika, Österreich-Ungarn und den Polargebieten mit Schwerpunkt Expeditionen) zeigt insbesondere die Karte „Die Sahara und die ihr angrenzenden Gebiete … 1:8.000.000“, 1878 (Neufassung 1879), bereits eine Fülle von Details (Ansiedelungen, Wasserstellen, Karawanenstraßen), die für die Planung von Expeditionen, aber auch für die Errichtung von Handelswegen bedeutend waren. 1881–82 erstellte er Teile des gemeinsam mit →Vinzenz Haardt von Hartenthurn 1886 herausgegebenen Atlas „Hölzel’s Geographische Charakter-Bilder für Schule und Haus“ sowie 1882–84 Themenkarten zu dem von ihm ebenfalls gemeinsam mit Haardt von Hartenthurn 1887 edierten „Physikalisch-statistischen Handatlas von Oesterreich-Ungarn …“. Aus den Kongoreisen 1884 und 1885 resultierten topographische Aufnahmen. Die 1887 erschienene Monographie „Reisen und Forschungen im alten und neuen Kongostaate in den Jahren 1884 und 1885“ (Reprint 1980) wurde weitgehend als Plagiat identifiziert. Deshalb emigrierte C. 1885 nach Argentinien, wo er als Beamter des Hydrographischen Amts in Buenos Aires tätig war und für das „Argentinische Tageblatt“ schrieb. Weiters fungierte er 1875–83 als Redakteur der „Mitteilungen der k. k. Geographischen Gesellschaft“ in Wien, 1881 als solcher für die „Deutsche Rundschau für Geographie und Statistik“. Darüber hinaus legte C. Sammlungen ethnographischer Objekte an, von denen einige im Weltmuseum in Wien aufbewahrt werden. C. war Ausschussmitglied der 1876 in Wien gegründeten Afrikanischen Gesellschaft sowie ab 1879 Ehrenmitglied der Geographischen Gesellschaft München.

Weitere W. (s. auch Poggendorff): Die Sahara oder von Oase zu Oase, 1879, Reprint 1968. – Karten: Physikalische Wandkarte von Afrika 1:8.000.000, 1877, 1882; Physikalische Wandkarte von Asien 1:8.000.000, 1881; Ethnographische Übersichtskarte von Afrika 1:30 Mio., 1882; Karte des Unteren Congo 1:3.500.000, 1883; etc.
L.: WZ, 2. 1. 1903 (A.); Otto; Poggendorff 3 (m. W.); F. Umlauft, in: Deutsche Rundschau für Geographie und Statistik 7, 1884, S. 41ff. (m. B.); W. Cappus, ebd. 25, 1903, S. 278ff.; The Geographical Journal 21, 1903, S. 464; F. P. Dammerer, Leben und Werk der österreichischen Kartographen J. C. und F. Ritter von Le Monnier, 1995 (m. B.); H. P. Steyrer, in: Berichte der Geologischen Bundesanstalt 45, 2009, S. 37f.
(W. Kainrath)   
Zuletzt aktualisiert: 15.11.2014  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 3 (15.11.2014)
1. AUFLAGE: ÖBL 1815-1950, Bd. 1 (Lfg. 2, 1954), S. 142
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