Chiari, Karl Freiherr von (1849–1912), Industrieller, Großgrundbesitzer, Politiker und Gynäkologe

Chiari Karl Freiherr von, Industrieller, Großgrundbesitzer, Politiker und Gynäkologe. Geb. Wien, 26. 5. 1849; gest. Hohentauern (Steiermark), 14. 5. 1912 (begraben: Šumperk, CZ); röm.-kath. Sohn von →Johann Bapt. Chiari und Maria Anna Chiari, geb. Klein (1822–1912), Tochter von Johann Klein (1788–1856), ab 1822 Professor für Geburtshilfe an der Universität Wien, Bruder von →Hans Chiari und →Ottokar Freiherr von Chiari, Vater der Industriellen Karl Freiherr von Chiari (1875–1943), Constantin Freiherr von Chiari (1877–1932), der 1902 Marianna von Oberleithner, seine Cousine 2. Grads und Großnichte von →Karl von Oberleithner heiratete (Schwiegereltern des Diplomaten und österreichischen Außenministers Guido Schmidt und Großeltern des Industriellen Guido Schmidt-Chiari, 1932–2016, 1988–97 Generaldirektor der Wiener Großbank Creditanstalt-Bankverein) und Eduard Freiherr von Chiari (1883–1954); ab 1874 mit Pauline Therese Freifrau von Chiari, geb. Zephyresku (1851–1922) aus der Industriellenfamilie Oberleithner verheiratet. – Nach dem Besuch des Schottengymnasiums studierte C. ab 1866 Medizin an der Universität Wien; 1871 Dr. med., 1872 Dr. chir. Er wirkte zunächst als Assistenzarzt bei →Heinrich von Bamberger an der II. Wiener Medizinischen Universitätsklinik. Seit der Heirat arbeitete C. als Gesellschafter in der Geschäftsleitung der k. k. priv. Leinen- und Baumwollwarenfabrik Ed. Oberleithners Söhne in Mährisch Schönberg und übte den Arztberuf nicht mehr aus. Er war auch Gesellschafter weiterer Familienbetriebe wie der k. k. priv. Hannsdorfer mechanischen Flachsspinnerei von Oberleithner & Co., der Brauerei in Hannsdorf-Halbseit bei Mährisch Schönberg (später Chiari & Co.) und der Kalkgewerkschaft Böhmisch-Märzdorf von A. Eisenstein & Co. sowie Besitzer von Gutsbetrieben in Mährisch Schönberg (Paulinenhof, Lerchenfeld). 1885 gehörte C. zu den Gründungsmitgliedern des Bunds der Deutschen Nordmährens. Ab 1897 war er Mitglied des österreichischen Abgeordnetenhauses, wo er als Mitglied der Deutschen Volkspartei zunächst die nordmährische Städtegruppe Sternberg und ab 1907 die Städtegruppe Römerstadt vertrat. C. entwickelte sich zu einem der führenden Parlamentarier der Deutschnationalen und gehörte ab 1900 dem Klubvorstand zunächst der Deutschen Volkspartei und ab 1907 des Deutschnationalen Verbands an. 1908 war er führend an der Gründung des Nationalverbands der deutschfreiheitlichen Abgeordneten bzw. 1910 von dessen Nachfolger Deutscher Nationalverband beteiligt, den er als Obmann leitete. 1901–07 war er Obmann-Stellvertreter des Steuerausschusses und ab 1907 Obmann des Budgetausschusses des Abgeordnetenhauses. Bei den Neuwahlen 1911 verzichtete er auf eine Wiederkandidatur und wurde im Februar 1912 in das Herrenhaus berufen, wo er sich der Verfassungspartei anschloss. Als Industrieller war C. führend in den wirtschaftlichen Interessensvertretungen aktiv (ab 1903 Zentralausschuss des Bundes Österreichischer Industrieller, ab 1905 Vizepräsident des Industriellen Klubs und des Zentralvereins für Fluß- und Kanalschiffahrt, Mitglied des Kuratoriums des Österreichischen Handelsmuseums) und war Mitglied des Industrie-Rats des Handelsministeriums sowie des Staatseisenbahn-Rats. Als passionierter Jäger war er ab der Gründung 1909 Präsident des Reichs-Jagdverbands. 1908 wurde er in den Freiherrenstand erhoben.

L.: NFP, 15., 16. 5. 1912 (Parte); Adlgasser; Czeike; Heller; Lex. böhm. Länder; Wiener Bilder 17, 1912, S. 8f. (mit Bild); K. Danninger, in: Nordmährisches Heimatbuch 5, 1958, S. 93ff.; R. Granichstädten-Cerva u. a., Altösterreichische Unternehmer, 1969; L. Höbelt, in: Freie Argumente 14/3, 1987, S. 83ff.; Alservorstadtpfarre, AVA, UA, WStLA, alle Wien; Pfarre Hohentauern, Steiermark; Zemský archiv v Opavě, Opava, CZ.
(F. Adlgasser – W. E. Gerabek)   
Zuletzt aktualisiert: 10.12.2019  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 8 (10.12.2019)
1. AUFLAGE: ÖBL 1815-1950, Bd. 1 (Lfg. 2, 1954), S. 142f.
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