Cossmann (Coßmann), Alfred (Adolf Viktor) (1870–1951), Kupferstecher, Radierer und Illustrator

Cossmann (Coßmann) Alfred (Adolf Viktor), Kupferstecher, Radierer und Illustrator. Geb. Graz (Steiermark), 2. 10. 1870; gest. Wien, 31. 3. 1951; röm.-kath. (getauft 1884). Sohn von Viktor Cossmann (1825–1891), Forstdirektor des Fürsten Liechtenstein in der Steiermark, und dessen Frau Caroline Müller (1839–1883); ab 1913 verheiratet mit Anna Albine Wettengl (geb. Wien, 18. 7. 1880; gest. ebd., 1969). – Nach der Realschule in Graz besuchte C. ab 1885 die Vorbereitungsschule der Kunstgewerbeschule in Wien (Ornamentales Zeichnen bei →Karl Hrachowina) und belegte 1890–92 Aktzeichnen bei Wilhelm Groll und →Andreas Groll, den Sonderkurs Keramische Dekoration und Emailmalerei bei Hans Macht sowie die Fachklasse für Malerei bei →Karl Karger (1891–95). 1894/95 absolvierte C. den Sonderkurs Spezial-Atelier Radierkunst von →William Unger und folgte diesem als Schüler an die Akademie der bildenden Künste. Er besuchte die Spezialschule für Graphik bei Unger und beschäftigte sich dort intensiv mit dem Linienstich der Meister des 15. und 16. Jahrhunderts. 1896 erhielt er den Gundel-Preis, 1897 den Goldenen Füger-Preis, 1898 den Spezialschul-Preis. Bereits während des Studiums übernahm C. Auftragsarbeiten, u. a. erschienen seine Radierungen „Die Industrie“ bzw. „Der Tod“ in dem von →Martin Gerlach d. Ä. edierten Werk „Allegorien. Neue Folge“ (1900). 1901–07 präsentierte C. seine Arbeiten bei Ausstellungen des Hagenbunds, dem er 1903–05 angehörte, ab 1905 war er Mitglied der Genossenschaft der bildenden Künstler Wiens (Künstlerhaus), wo er seine mehrfach prämierten Graphiken regelmäßig ausstellte. 1916 mit dem Kaiserpreis für seine Stich-Radierungen zu Gottfried Kellers „Die drei gerechten Kammacher“ (1915) ausgezeichnet, ehrte ihn die Künstlervereinigung für seine Spruchmappe der Gegensätze („Einige Sprüche eigener Küche, nach längerem Kochen von Coßmann gestochen“, elf Kupferstiche mit Texten von C., 1923) mit der Großen Ehrenmedaille. Nach 1915 entstanden auf Linienspiel und Ornament basierende, von Spruchbändern durchzogene und mit Symbolik angereicherte detailgenaue Kupferstiche, u. a. zehn Stich-Radierungen zu Kellers Novelle „Der Landvogt von Greifensee“ (1919). 1920 wurde er als Nachfolger von →Ludwig Michalek an die Graphische Lehr- und Versuchsanstalt Wien berufen, wo er bis zu seiner Pensionierung 1930 u. a. die (Wertzeichen-)Stecher Hans Ranzoni, Herbert Toni Schimek, Friedrich Teubel, Hubert Woyty-Wimmer und Rudolf Zenzinger (sogenannte Cossmann-Schule) ausbildete. 1937 trat C., der ab den 1930er-Jahren in Neujahrsgraphik und freien Arbeiten die politische Entwicklung in Österreich mit stark symbolisch aufgeladenen Bildelementen kommentierte, dem Bund deutscher Maler Österreichs, einer Vereinigung national bzw. nationalsozialistisch gesinnter Künstler, bei. 1938 stach er im Auftrag der Stadt Wien eine Karte des neu geschaffenen „Groß-Wien“, 1939 entstand die freie Graphik „Ein graphischer Talisman“, eine Hommage an Politik und Gesetzgebung der NSDAP seit 1933 in Deutschland. 1942/43 wurden in C.s letzter Folge „Sechs Stiche zu Goethes Worten über die Natur“ detailgenaue Studien des Mikrokosmos zur Chiffre für das naturgesetzliche Werden und Vergehen jedweden Seins; in seinem „Musikblatt“ („Welch reicher Himmel! Stern bei Stern!“, 1942–43) würdigte er in Wien wirkende Komponisten seit der Barockzeit. Als hochdekorierter und international angesehener Künstler wurde C. 1944 in die „Gottbegnadeten-Liste“ des Dritten Reichs aufgenommen. 1947 beschrieb C., der in der Zweiten Republik ungebrochene Wertschätzung erfuhr, in „Die Magie des Kupferstichs. Ein Blick in die Welt des Kupferstechers“ Geschichte und Methode der graphischen Technik, die ihm ihre Neubelebung im 20. Jahrhundert verdankt. 1950 präsentierte die Staatsdruckerei Arbeiten C.s und seiner Schüler. Für seine Arbeiten erhielt C. 1913 die Kleine goldene Staatsmedaille, 1929 das Silberne, 1932 das Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich, 1940 die Goethe-Medaille für Kunst und Wissenschaft; 1917 Professorentitel. Seine dekorativ-epigrammatischen Exlibris würdigten 1930 bzw. 1931 die Österreichische Exlibris-Gesellschaft bzw. der Ex-libris-Verein zu Berlin mit Ehrenmitgliedschaften; 1942 Ehrenmitglied der Akademie der bildenden Künste Wien und Verleihung des Kriehuber-Preises durch die Stadt Wien. C.s Werk umfasst Zeichnungen, über 200 Exlibris und Gebrauchsgraphiken und mehr als 130 freie Graphiken. Seine Werke befinden sich im Burgmuseum Archeo Norico, Deutschlandsberg, in der Österreichischen Nationalbibliothek (Bildarchiv und Grafiksammlung), im Universalmuseum Joanneum (Neue Galerie, Graz), der Albertina, im Wien Museum und im Museum für angewandte Kunst Wien (Bibliothek und Kunstblättersammlung).

Weitere W. (s. auch J. Reisinger, Werkverzeichnis A. C., 1954): Das „Eigenblatt“ als Tauschobjekt, in: Jahrbuch der Österreichischen Exlibris-Gesellschaft, 1911; Prof. A. C. über seinen Stich „Groß-Wien“, in: Mitteilungen der Wiener Exlibris-Gesellschaft 3, 1939, Nr. 2.
L.: NWT, 31. 12. 1938; Völkischer Beobachter (Wiener Ausgabe), 2. 10. 1940; WZ, 1. 10. 1950; AKL; Czeike; ÖKL; Thieme–Becker; Vollmer; A. C.s Exlibris und Gebrauchsgraphik, ed. Th. Alexander, 1930; Mitteilungen der Wiener Exlibris-Gesellschaft 5, 1941, Nr. 1, S. 3f.; (W. Zeleny), A. C., 1946; J. Reisinger, Die Kupferstecher der Cossmannschule, 1950; H. Ankwicz-Kleehoven, in: Mitteilungen der Österreichischen Exlibrisgesellschaft, NF 6, 1951, Nr. 1, S. 3; R. List, Kunst und Künstler in der Steiermark 1, 1967; O. Thomae, Die Propaganda-Maschinerie. Bildende Kunst und Öffentlichkeitsarbeit im Dritten Reich, 1978, S. 193, 412; H. Kuhn, in: Österreichisches Jahrbuch für Exlibris und Gebrauchsgraphik 59, 1994–95, S. 7ff.; A. C. 1870–1951, St. Pölten 1995 (Kat.); H. Scheffer, 100 Jahre österreichisches Exlibris, Wels 2004, S. 91ff. (Kat.); E. Klee, Das Kulturlexikon zum Dritten Reich, 2007; M. Haas, in: Eine Institution zwischen Repräsentation und Macht. Die Universität für Musik und darstellende Kunst Wien im Kulturleben des Nationalsozialismus, ed. J. Giannini u. a., 2014, S. 239ff.; V. Pawlowsky, Die Akademie der bildenden Künste Wien im Nationalsozialismus. Lehrende, Studierende und Verwaltungspersonal, 2015, S. 60ff.; C. Karolyi, in: Österreichisches Jahrbuch für Exlibris und Gebrauchsgraphik 69, 2015–16, S. 31ff.; ABK, Universität für angewandte Kunst, beide Wien.
(C. Karolyi)   
Zuletzt aktualisiert: 27.11.2017  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 6 (27.11.2017)