Degen, Jakob (1760–1848), Mechaniker, Uhrmacher und Erfinder

Degen Jakob, Mechaniker, Uhrmacher und Erfinder. Geb. Liedertswil (CH), 17. 2. 1760; gest. Wien, 28. 8. 1848; evang. HB. Sohn eines Seidenbandwebers. – Mit seinem Vater kam D. 1770 nach Wien, als unter Maria Theresia mit Hilfe von Schweizer Werkmeistern eine Seidenbandweberei in Penzing (Wien 14) errichtet wurde. Auch D. beschäftigte sich bis zu seinem 19. Lebensjahr mit dem Bandweben, entwickelte jedoch einen großen Hang zur Mechanik und wurde schließlich Uhrmacher. Durch Jean-Pierre Blanchards Ballonaufstiege im Wiener Prater zu eigenen flugtechnischen Versuchen veranlasst, konstruierte er einen Schlagflügelapparat. Für dessen Flügel wählte D. die Umrisse herzförmiger Blätter sowie Stäbe aus Bambusrohr. Die Gesamtoberfläche beider Flügel betrug 108 Quadratfuß (10,78 m²), die des Schwanzes 8 Quadratfuß (0,80 m²). Jede Fläche war in 3.500 Klappen geteilt, die sich beim Flügelaufschlag öffneten und beim Abschlag schlossen. Mit dieser Maschine unternahm D. erstmals 1807 Versuche im Saal der Alten Universität. Um festzustellen, wie viel Kraft ein Mensch leistet, um sich in die Höhe zu erheben, konstruierte D. ein Gerüst, an das er bei seinen Versuchen den Apparat aufhängte, wobei er mit Umlenkrollen und einem Gegengewicht zunächst ein Gleichgewicht des Apparats mit dem Piloten herstellte. D. fand heraus, dass 50 Pfund Erleichterung genügten, um mittels Flügelschlägen in die Höhe zu gelangen – er wog mitsamt dem Flugapparat 150 Pfund (84 kg). Danach übersiedelte D. in die k. k. Reitschule und führte seine Erfindung öffentlich vor. Um auch im Freien Flugversuche vornehmen zu können, wählte D. eine andere Art der Gewichtsverminderung, indem er über dem Schlagflügelapparat einen mit Wasserstoffgas gefüllten Ballon befestigte. Bei seinem ersten Aufstieg im November 1808 von der Feuerwerkswiese im Prater aus erreichte D. eine Höhe von 40 Klaftern (75,86 m), beim zweiten Versuch, nachdem er Ballast entfernt hatte, eine Höhe von 105 Klaftern (199,13 m). Im September 1810 durfte D. im Beisein Kaiser →Franz’ II. (I.) und des Hofs seinen Flugapparat im Schlosspark von Laxenburg bei Wien in Aktion zeigen. 1811 übersiedelte er nach Paris, wo ihm im Juli 1812 ein öffentlicher Versuch glückte, kehrte aber bereits im Oktober wieder nach Wien zurück. Einen maßgeblichen Beitrag leistete D. auch zum Banknotendruck: 1810 hatte er eine Räderschneid- und Stempel-Graviermaschine (Guillochiermaschine) erfunden, die es ermöglichte, in einem Arbeitsvorgang mehrfarbig beidseitig zu drucken. Dazu wurden komplizierte Ornamente und Bogenlinien in die Druckplatten geritzt, wodurch weitgehend fälschungssichere Banknoten hergestellt werden konnten. Diese Erfindung brachte einen wesentlichen Fortschritt im Banknotendruck, wurde schließlich von der Oesterreichischen Nationalbank 1820 angenommen und erlaubte D. ein sorgenfreieres Leben. 1825 erhielt er bei der Nationalbank eine Anstellung auf Lebenszeit, 1841 trat er in den Ruhestand.

W.: Beschreibung einer neuen Flugmaschine, 1808.
L.: Vaterländische Blätter für den österreichischen Kaiserstaat, 4. 10. 1808; Czeike; J. Ch. Stelzhammer, in: Annalen der Physik 30, 1808, S. 1ff., 31, 1809, S. 192ff.; ders., J. D.s erstes Aufsteigen mit der Flugmaschine in Verbindung mit dem Luftballe ohne Leitschnur …, 1810; H. R. Degen, in: pioniere. Schweizer Pioniere der Wirtschaft und Technik, 1996, S. 9ff. (m. B.); Technisches Museum Wien.
(R. Keimel)   
Zuletzt aktualisiert: 15.11.2014  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 3 (15.11.2014)
1. AUFLAGE: ÖBL 1815-1950, Bd. 1 (Lfg. 2, 1954), S. 174
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