Demelius, (Karl Gottfried) Ernst (1859–1904), Jurist

Demelius (Karl Gottfried) Ernst, Jurist. Geb. Krakau, Galizien (Kraków, PL), 10. 7. 1859; gest. am Gabelhorn in den Walliser Alpen (CH), 28. 7. 1904 (verunglückt; begraben: Mödling, Niederösterreich); evang. AB. Sohn von →Gustav Demelius, Vater von Heinrich Demelius (s. u.); ab 1889 verheiratet mit Paula Demelius, geb. Freiin von Bach (geb. Wien, 5. 12. 1862; röm.-kath.), der Nichte von →Alexander Freiherr von Bach. – D. studierte Jus in Graz (Schüler u. a. von →Emil August Strohal, Mitglied der Burschenschaft Styria) und Innsbruck (1879). 1881 wechselte er nach Wien, promovierte jedoch im Jahr darauf in Graz zum Dr. iur. Nach Ableistung seines Präsenzdiensts als Einjährig-Freiwilliger beim 8. Dragonerregiment war er als Rechtspraktikant in Wien tätig; 1889 Gerichtsadjunkt in Mödling. 1895 habilitierte sich D. an der Wiener juridischen Fakultät für österreichisches zivilgerichtliches Verfahren und wurde 1897 zum ao. und 1901 zum o. Professor für Zivilrecht an der Universität Innsbruck ernannt; 1901/02 Dekan, 1903/04 Rektor (kurz vor seinem Tod für die Amtsperiode 1904/05 wiedergewählt). Als Dekan und Rektor trat D. entschieden gegen die Einrichtung der schließlich wenige Monate nach seinem Ableben eröffneten und nach gewaltsamen Auseinandersetzungen („Fatti di Innsbruck“) bald wieder geschlossenen italienischen Rechtsfakultät auf. Seine Rektoratsrede „Wirtschaftsentfaltung und Rechtsentwicklung“ hatte die Forderung nach einer modernen Privatrechtsgesetzgebung zum Inhalt. 1892 war D. mit der Schrift „Zur Lehre von der Rechtskraft des Civil-Urtheils nach geltendem österreichischem Rechte und dem Entwurfe vom Jahre 1881“ hervorgetreten. 1894 und 1895 folgten „Kritische Studien zu den Gesetzentwürfen aus dem Jahre 1893 betreffend die Reform des zivilgerichtlichen Verfahrens in Österreich“ (2 Hefte). D. wandte sich dann dem Sachenrecht zu und veröffentlichte 1897 „Das Pfandrecht an beweglichen Sachen nach österreichischem geltenden Recht“ und 1900 „Grundriß des Sachenrechtes“. Er war zudem Vizepräses der rechtshistorischen und Mitglied der judiziellen Staatsprüfungskommission. Der passionierte Alpinist D. wurde auf einer Bergtour in den Walliser Alpen gemeinsam mit seinem aus dem Südtiroler Sulden stammenden Führer, dem Hotelier Josef Tembl, Opfer eines Steinschlags. Sein Sohn Heinrich Demelius (geb. Mödling, 2. 11. 1893; gest. Wien, 6. 2. 1987; röm.-kath.), ab 1925 verheiratet mit Christa Demelius, geb. Heck (geb. Wien, 16. 3. 1902; mos.), studierte 1911–15 in Wien Rechtswissenschaften; 1916 Dr. iur. Kriegsbedingt trat er erst 1919 die Gerichtspraxis an und habilitierte sich im folgenden Jahr in Wien für österreichisches bürgerliches Recht. In der Folge war er parallel als Richter und Dozent tätig. 1930 wurde er zum tit. ao. Professor und 1935 zum ao. Professor für kaufmännisches Recht an der Hochschule für Welthandel ernannt, ab 1939 hatte er die Lehrkanzel für Handels- und Wechselrecht des vertriebenen →Joseph Hupka an der Universität Wien inne. Als Mitglied der NSDAP (ab 1941) nach Kriegsende vorläufig weiterhin aus „Wichtigkeit für die Lehre“ an der Universität tätig, wurde er 1946 seines Amts enthoben, jedoch Ende 1948 erneut als o. Professor eingesetzt; 1952/53 und 1961/62 Dekan, 1965 emeritiert. Heinrich D. verfasste wertvolle Arbeiten v. a. zur österreichischen Privatrechtsgeschichte des Mittelalters und der Neuzeit, beschäftigte sich daneben aber auch mit bürgerlichem sowie mit Handels-, Gesellschafts- und Wertpapierrecht. Er war ab 1961 korrespondierendes und ab 1974 wirkliches Mitglied der philosophisch-historischen Klasse der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Sein Nachlass wird am Institut für Rechts- und Verfassungsgeschichte der Universität Wien aufbewahrt.

Weitere W.: Der neue Civilprozess, 1902. – Heinrich D. (s. auch Festschrift H. D., S. 529ff.): Zur Geschichte des Eheversprechens nach österreichischem Recht, in: Juristische Blätter 70, 1948.
L.: Innsbrucker Nachrichten, 29. 7., 1. 8. 1904; Biograph. Jb. 9, 1906, S. 285ff.; A. Ritter v. Wretschko, E. D., 1905 (mit Bild); G. Wesener, Geschichte der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Graz 1, 1978, 4, 2002, jeweils s. Reg.; G. Oberkofler, Studien zur Geschichte der österreichischen Rechtswissenschaft, 1984, s. Reg.; Pfarre St. Stephan, Wien. – Heinrich D.: Almanach Wien 137, 1987, S. 355ff.; W. Ogris, in: Festschrift H. D. zum 80. Geburtstag, ed. G. Frotz – W. Ogris, 1973, S. Vff. (mit Bild); W. Ogris, in: ZRG, Germanistische Abteilung 105, 1988, S. 476ff.; K. Staudigl-Ciechowicz, in: Die Wiener Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät 1918–38, ed. Th. Olechowski u. a., 2014, S. 356ff.; ÖAW, UA, beide Wien; Pfarre Mödling-St. Othmar, Niederösterreich; UA, Innsbruck, Tirol.
(G. Wesener – H. Bergmann)   
Zuletzt aktualisiert: 27.11.2017  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 6 (27.11.2017)
1. AUFLAGE: ÖBL 1815-1950, Bd. 1 (Lfg. 2, 1954), S. 177
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