De Vaux, Léon Freiherr (1870–1944), Diplomat

De Vaux Léon Freiherr, Diplomat. Geb. Wien, 7. 5. 1870; gest. Lausanne (CH), 27. 6. 1944 (?); röm.-kath. Urenkel von →Thierry de Vaux, Sohn von →Karl Freiherr de Vaux (s. u. Thierry de Vaux) und dessen Frau Elisabeth (Elise), geb. Gräfin Brzezie-Lanckorońska (geb. Hietzing, Niederösterreich / Wien, 29. 6. 1844), der Schwester von Karl Graf Brzezie-Lanckoroński (→Karl Graf Lanckoroński-Brzezie), Bruder des k. k. Kämmerers und Ehrenritters des Deutschen Ordens Kasimir Freiherr de Vaux (geb. Mauer, Niederösterreich / Wien, 11. 6. 1867; gest. Zoppot, Freie Stadt Danzig / Sopot, PL, 5. 8. 1923); ledig. – D. maturierte an der Theresianischen Akademie in Wien und studierte anschließend Rechtswissenschaften an der Universität Wien; 1893 Dr. iur. Ab Oktober 1893 diente er als Einjährig-Freiwilliger und war später Leutnant der Reserve des Dragonerregiments Nr. 3. Ab 1895 war er bei der niederösterreichischen Statthalterei als Konzepts-Praktikant tätig. Nach Ablegung der Diplomatenprüfung 1896 wurde er noch im selben Jahr zum unbesoldeten Gesandtschaftsattaché ernannt und der Botschaft am Heiligen Stuhl zugeteilt. Die weiteren Stationen seiner diplomatischen Laufbahn waren Stockholm, München, Berlin, Den Haag, Paris und Rom (königlich-italienischer Hof). Zusammen mit den anderen an den beiden k. u. k. Botschaften in Rom beschäftigten Diplomaten verließ D. unmittelbar nach der Kriegserklärung Italiens im Mai 1915 die Stadt und wirkte in der Folge als Diplomat in Bern. Im Juni 1918 sollte er zum Leiter der Gesandtschaft in Den Haag ernannt werden, doch kam es dazu nicht mehr. Stattdessen amtierte er im Herbst desselben Jahres als erster Geschäftsträger der Botschaft in Bern. Da die Schweiz Deutschösterreich erst im Jänner 1920 und Ungarn erst im Oktober desselben Jahres diplomatisch anerkannte, blieb D. bis zu diesem Zeitpunkt Leiter der österreichisch-ungarischen Gesandtschaft in Liquidation. Danach wurde D. in den Ruhestand versetzt. Er nahm die polnische Staatsbürgerschaft an, blieb vorerst jedoch meist in Wien. Vermutlich 1939 übersiedelte er nach Warschau, einen weiteren Wohnsitz hatte er im galizischen Chodorów, wo seine Mutter ein großes Gut geerbt hatte. D.ʼ umfangreiches Privatarchiv wurde von den Nationalsozialisten, die in ihm einen „Hetzer und Deutschenhasser übelster Sorte“ sahen, 1940 in Warschau beschlagnahmt und nach Wien verbracht. Der Beirat der Kommission für Provenienzforschung empfahl 2012 eine Restituierung an die Rechtsnachfolger D.’. 1896 wurde D. zum k. u. k. Kämmerer und Ehrenritter des Deutschen Ordens sowie 1908 zum Ritter des Leopold-Ordens ernannt; er war Träger zahlreicher in- und ausländischer Ehrenzeichen, z. B. des Komturkreuzes des Franz Joseph-Ordens mit dem Stern (1913).

L.: Jahrbuch des K. u. K. Auswärtigen Dienstes 21, 1917, S. 449f.; A. Aerni – R. Agstner, Von k.k. Gesandtschaft zur Österreichischen Botschaft. Festschrift 150 Jahre Österreichische Botschaft Bern, 2000, S. 71ff.; Th. Just, in: K. Lanckoroński und seine Zeit, ed. B. Dybaś u. a., 2014, S. 101ff. (mit Bild); Beschlüsse des Beirats der Kommission für Provenienzforschung (nur online, Zugriff 11. 8. 2015); Deutschordens-Zentralarchiv, HHStA, beide Wien.
(H. Bergmann)   
Zuletzt aktualisiert: 27.11.2017  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 6 (27.11.2017)