Döbler, Ludwig (1801–1864), Zauberkünstler

Döbler Ludwig, Zauberkünstler. Geb. Wien, 5. 10. 1801; gest. Gstettenhof (Niederösterreich), 17. 4. 1864 (begraben: Türnitz). Sohn des aus Schwäbisch Gmünd eingewanderten Gold- und Galanteriearbeiters Bernhard Döbler (Debler); ab 1837 mit Elise Döbler, geb. Meyer (geb. Altona, Dänemark / Hamburg, D, 19. 11. 1812; gest. Schottwien, Niederösterreich, 3. 12. 1896, begraben: Türnitz), verheiratet. – D. besuchte 1820 die Graveurschule der Akademie der bildenden Künste in Wien. Angeregt durch Johann Friedrich Kleukers „Magikon“, begann er mit großem Geschick physikalische und mechanische Kunststücke zu entwickeln. In einem kleinen Geschäft erfreute er um 1825 sein erstes Publikum. Durch Zufall wurde er von →Klemens Wenzel Lothar Fürst Metternich-Winneburg entdeckt und durfte vor Kaiser →Franz II. (I.) in Pressburg auftreten. Es folgten Vorstellungen am Theater in der Leopoldstadt, im Kleinen Redoutensaal in der Wiener Hofburg (1826) und im Theater in der Josefstadt (1828), ehe er zu einer 10-jährigen Reise durch Europa aufbrach, die ihn auch nach Weimar führte. Goethe schrieb ihm ins Stammbuch: „Bedarf’s noch ein Diplom besiegelt? Unmögliches hast Du uns vorgespiegelt!“ In seinen Vorführungen kombinierte D. physikalisch-wissenschaftliche Vorträge mit Zauberei, wobei er etwa mittels Hydro-Oxygen-Gas-Mikroskop mikroskopisch kleine Ansichten durch Projektion auf eine Leinwand auf das Tausendfache vergrößerte. 1839 an das Theater in der Josefstadt zurückgekehrt, gab D. mit ungeheurem Erfolg hintereinander 61 ausverkaufte Vorstellungen. Das größte Aufsehen erregte er durch seine nicht enden wollende Produktion an Blumen aus einem unzählige Male leer gezeigten Zylinderhut, dem er bis zu 5.000 Biedermeiersträußchen entnahm, obwohl er ihn zerdrückte, verbog und auch mit den Füßen trat. Aus dieser Zeit stammt sein geflügeltes Wort: „Hier ein Sträußchen – da ein Sträußchen – noch ein Sträußchen!“ Zur Sensation wurde auch sein Kunststück, 200 auf Kandelabern stehende Kerzen mit einem einzigen Pistolenschuss zu entzünden. Schon früh hatte D. die wallenden Kostüme mit einem eng anliegenden Rock, die marktschreierischen Vorführweisen mit einem eleganten Vortrag und die verhangenen, dunklen Bühnen mit einem farbenfrohen Aufbau vertauscht. Anfangs trat er als deutscher Junker, später in schwarzem Samtrock und schwarzen Seidenhosen auf. Dabei setzte er europaweit Modetrends. Neben Biedermeiersträußchen, Kleidung und Hüten wurden selbst Torten, Brezeln und Pralinen nach ihm benannt. D. trat mit enormem Erfolg in ganz Europa auf, so etwa 1842 vor der königlichen Familie im St. James Theatre in London. Aufsehen erregten seine Projektionen von „Nebelbildern“ (dissolving views). Mit Hilfe einer dreifachen Laterna magica und eines Kalklichts ließen sich Ansichten von Orten, Gebäuden, historischen Schlachten usw. überblenden, die wie aus einem Nebel hervortraten und sich nebelartig in ein anderes Bild verwandelten. Diese zeigte er 1843 auch im Theater in der Josefstadt. Die Begleitmusik komponierte u. a. →Anton Emil Titl. Ein kleines Orchester begleitete D. bei seinen Vorstellungen, und Komponisten wie →Philipp Fahrbach d. Ä., Hans Christian Lumbye und Philipp Fahrbach d. Ä. widmeten ihm Werke. 1847 erhielt D. ein Patent auf sein Phantaskop, das nun auch die Großprojektion bewegter Bilder erlaubte, wodurch er zum Vater des Amateurfilms wurde. In seinen Zauberkunststücken verband er geschickt Alltagsgegenstände und Ungewöhnliches. Taschenuhren, Tabakdosen, Ringe und Handspiegel spielten eine ebenso wichtige Rolle wie Topfpflanzen, Pfannen, Degen oder Kanarienvögel. Die mehrfachen Eskamotagen von Taschenuhren, Damenhandschuhen, Schlüsseln und Regenschirmen beeinflussten noch Generationen späterer Zauberkünstler. Schon Bartholomäus Bosco führte manche davon aus. D., ein Star seiner Zeit, wurde u. a. von →Moritz Gottlieb Saphir und →Ignaz Franz Castelli geschätzt. 1847 wirkte er noch in Wien in der Meyerbeer-Oper „Vielka“ mit, ehe er sich, vermögend geworden, 1849 auf sein Gut Klafterbrunn in Niederösterreich zurückzog. Ab 1850 Bürgermeister der benachbarten Gemeinden Eschenau und Traisen, war er an einigen wichtigen kommunalen Einrichtungen beteiligt. Um 1860 tauschte er sein Domizil mit dem Gstettenhof bei Türnitz. Er nahm seine Graveurtätigkeit wieder auf und fertigte einen Ehrensäbel für Herzog Ernst von Gotha. Jenen für Kaiser →Franz Joseph I. konnte er nicht mehr vollenden. D. erhielt u. a. den päpstlichen Orden vom Goldenen Sporn und das goldene Verdienstkreuz mit der Krone (1854). Ein Teilnachlass befindet sich in der Wienbibliothek im Rathaus.

L.: ADB; Wurzbach; Ein Blick in Döbler’s und Bosko’s Zauberkabinet, ed. L. Schellenberg, 1832; C. Willmann, in: Die Zauberwelt, 1896, S. 177, 1897, S. 1; I. F. Castelli, Memoiren meines Lebens 2, ed. J. Bindtner, (1913), s. Reg. (mit Bild); W. Wurzbach, J. Kriehuber und die Wiener Gesellschaft seiner Zeit 2/1, 1957, S. 384ff.; Ch. Milbourne, The Illustrated History of Magic, 1973, s. Reg.; W. H. A. Debler, L. L. D., 2001 (mit Bild); Albertina, TU, Wien Museum, WStLA, alle Wien; Sammlungen Magic Christian, Wien, Volker Huber, Offenbach am Main, D, David Copperfield, Las Vegas, NV, USA.
(Magic Christian)   
Zuletzt aktualisiert: 25.11.2016  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 5 (25.11.2016)
1. AUFLAGE: ÖBL 1815-1950, Bd. 1 (Lfg. 2, 1954), S. 190
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