Dorer Johann, Bildhauer. Geb. Hinterbichl (Tirol), 7. 6. 1832; gest. Wien, 4. 12. 1911; röm.-kath. Sohn des Bergbauern Jakob Dorer und der Lastika Dorer, geb. Weiskopf. – Wegen der ärmlichen Verhältnisse in seinem Elternhaus wuchs D. bei Pflegeeltern (Josef Ortner vulgo Ortnerbauer) auf und absolvierte eine Tischlerlehre in Leisach. Seiner künstlerischen Neigung folgend, ging er zunächst zu einem Meister nach Graz, bei dem er erste Grundlagen der Bildhauerei und Malerei sowie Vergoldungstechniken erlernte, dann nach Wien zu einem Orgelbauer, für den er Dekorationen für Orgelprospekte anfertigte. 1859 arbeitete er kurze Zeit als Lehrling beim Bildhauer und Elfenbeinschnitzer →Peter Kastlunger, der ihn als Gehilfe für einen Großauftrag für die Wiener Votivkirche einstellte. Schon nach einigen Monaten wechselte D. zu einem Verzierungsbildhauer, bis er 1862 nach München ging, um an der Akademie der Bildenden Künste zu studieren; kurzzeitig besuchte er dort vermutlich die Bildhauerklasse von Max von Widnmann. Studienreisen führten ihn nach Paris, Rom und Mailand, wo er seine Fähigkeit, mit Ton zu arbeiten, vertiefte. Nach Wien zurückgekehrt, schuf D. zahlreiche Werke aus Terrakotta und Majolika. Er nahm an mehreren Wettbewerben teil, so um das Beethovendenkmal (1873) und das Türkenbefreiungsdenkmal (1882); 1878 beteiligte er sich an der Pariser Weltausstellung. Im selben Jahr gewann er den Wettbewerb um die figurale Ausschmückung des Wiener Rathauses, für das er in der Folge einige Skulpturen („Brauer“, „Wehrhafter Bürger“, Statuen Böhmens, Mährens, Schlesiens, 1878–82) anfertigte. Mit dem Baumeister Rudolph Breuer befreundet, erhielt er 1884/85 den Auftrag, für das von →Friedrich Freiherr von Schmidt entworfene k. k. Stiftungshaus (sogenanntes Sühnhaus, Wien 1) Skulpturen (Engel, zwei Cherubim, vier Schlusssteine) für die Fassade und die Innenraumdekorationen anzufertigen (Kriegsverlust). In der Folge stellte Schmidt ihn immer wieder für Renovierungs- und Restaurierungsarbeiten im Wiener Stephansdom an (Mariä Verkündigung, Krönung Mariens, 1887/88, Hochreliefs). Daneben erhielt er zahlreiche Aufträge aus Böhmen und Mähren, etwa 1885 für Fassaden-Skulpturen am Rudolfinum in Prag. D.s Schaffen reichte von der Bildhauerei über Malerei und Graphik, die Herstellung von Kunstgewerbearbeiten, Gebrauchsgegenständen, Möbeln, Intarsienarbeiten bis hin zu architektonischen Entwürfen. Das Spätwerk enthält eine Reihe humorvoll-grotesker Genre-Typen in Terrakotta („Zigeunerin“, „Böse Alte“). Meisterhaft beherrschte er die verschiedenen historistischen Stile, die je nach Aufgabe von gotischen, renaissancehaften, barocken bis hin zu Rokoko-Formen reichten. Seine Majolika-Arbeiten versah er mit einer chromatischen, byzantinisch oder orientalisch anmutenden Farbgebung. D., der seine Arbeiten selten signierte, beteiligte sich an mehreren Ausstellungen, z. B. 1876 an der Kunst- und Kunstgewerbe-Ausstellung in München (Silbermedaille), 1884 und 1900 im Wiener Künstlerhaus. Er war Mitglied im Albrecht-Dürer-Verein und befreundet mit der Künstlerfamilie Pendl.