Egli, Ernst (1893–1974), Architekt

Egli Ernst, Architekt. Geb. Wien, 17. 1. 1893; gest. Meilen (CH), 20. 10. 1974; evang. HB. Sohn des Ingenieurs Johann Jakob Egli und der Anna Egli, geb. Michalek; ab 1914 mit Ella Egli, geb. Schreiber, verheiratet. – Nach Besuch des Gymnasiums studierte E. 1912–18 Architektur an der Technischen Hochschule in Wien (II. Staatsprüfung 1918, 1925 Dr. techn.) und absolvierte während dieser Zeit zwei Praxisjahre bei →Leopold Simony. Danach war er kurze Zeit im Atelier Theiß & Jaksch tätig, bevor er sich 1919 selbstständig machte und einige Wohnhäuser in Wien und Umgebung errichtete. In den Jahren 1920–24 erstellte er als Leiter der Siedlungsgenossenschaft Neue Gesellschaft den Bebauungsplan für die Siedlung Eden in Wien 14, Edenstraße (1922). 1924–27/28 fungierte E. als Assistent von Clemens Holzmeister in dessen Meisterschule an der Akademie der bildenden Künste und wurde 1926 auf dessen Empfehlung als Leiter der Architekturfakultät der Akademie der Schönen Künste in Istanbul und gleichzeitig als Chefarchitekt an die Bauabteilung des türkischen Unterrichtsministeriums nach Ankara berufen. Seine Hauptaufgabe lag im Bau von Unterrichtsanstalten, die sich an modernen westlichen Vorbildern orientieren sollten. Auf die regionalen kulturellen und landschaftlichen Besonderheiten eingehend, schuf E. v. a. in Ankara und Istanbul, aber auch in anderen Städten der Türkei neben weiteren Gebäuden eine große Anzahl von Schulen. Er wählte zunächst eine klassizierende Gestaltungsweise, später eine plastische Durchgestaltung in der Art von Erich Mendelsohn, um schließlich der Reduktion auf Funktionalität den Vorzug zu geben. 1935 trat E. von seinen öffentlichen Ämtern zurück und arbeitete als Chefarchitekt des türkischen Luftflottenvereins. 1940 übersiedelte er in die Schweiz, wo er vorerst hauptsächlich als Raumplaner tätig war und 1942 eine Berufung an die Eidgenössische Technische Hochschule (ETH) in Zürich erhielt. Allerdings unterbrach er seine Lehrtätigkeit, als ihm 1947 die Stelle des Leiters der Städtebauabteilung in Beirut angeboten wurde, um Bebauungspläne für diverse Städte zu erstellen. Ab 1953 hielt E. im Auftrag der Vereinten Nationen Vorlesungen an der Universität Ankara und leitete eine Studienkommission für Wohnungsbau. 1952 kehrte er in die Schweiz zurück, nahm seine Lehrtätigkeit wieder auf und wurde städtebaulicher Berater. Auf diesem Gebiet publizierte E. auch zahlreiche Fachbücher. Daneben verfasste er Studien zur etruskischen Sprache sowie über türkische Dramatik und Lyrik. Er war ab 1918 Mitglied des Österreichischen Ingenieur- und Architekten-Vereins, ab 1919 der Wiener Bauhütte und der Zentralvereinigung der Architekten Österreichs sowie ab 1930 Ehrenmitglied des türkischen Architekten-Vereins; 1936 Baurat h. c., 1947 Titular-Professor der ETH Zürich, 1968 Dr. h. c. der Technischen Universität Wien.

Weitere W. (s. auch E. E. 1893–1974; Architektenlexikon): Weißer Hof, 1920–21 (Kritzendorf); Villa, 1924 (Wien 18); Mietshaus, 1924–25 (Wien 3); Wohnhausanlage der Gemeinde Wien, 1925–26 (Wien 10); Siedlung Espenhof, nach 1940 (Zürich). – Publ.: Landesplanung und Städtebau in der Türkei, in: Plan 2, 1945; Die neue Stadt in Landschaft und Klima, 1951; Sinan. Der Baumeister osmanischer Glanzzeit, 1954; Geschichte des Städtebaus, 3 Bde., 1959–67; Siedlung und Landschaft um das Jahr 2025, 1968.
L.: AKL; Emődi; HLS; Vollmer; D. Schouki, in: Bau- und Werkkunst 7, 1930/31, S. 317ff.; Stadt und Umwelt. Festschrift … E. E., ed. W. Aebli, 1964; F. Achleitner, Österreichische Architektur im 20. Jahrhundert 3/1–2, 1990–95, s. Reg.; E. E. 1893–1974 …, 1994 (mit W.); Architektenlexikon der Schweiz 19./20. Jahrhundert, ed. I. Rucki – D. Huber, 1998; B. Nicolai, Moderne und Exil. Deutschsprachige Architekten in der Türkei 1925–55, 1998, S. 20ff.; B. Nicolai, in: Centropa 7, 2007, Nr. 2, S. 153ff.; O. Atalay Franck, Architektur und Politik. E. E. und die türkische Moderne 1927–40, 2012; L. Alpagut, Cumhuriyet’in mimar E. A. E., 2012; Architektenlexikon Wien 1770–1945 (mit W., nur online, Zugriff 17. 2. 2017); ABK, TU, beide Wien; ETH Zürich, CH.
(I. Scheidl)   
Zuletzt aktualisiert: 27.11.2017  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 6 (27.11.2017)