Ehrhard, Albert Josef Maria (1862-1940), Kirchenhistoriker und Kulturhistoriker, Theologe und Altphilologe

Ehrhard Albert Josef Maria, Kirchen- und Kulturhistoriker, Patristiker, Byzantinist. * Herbitzheim (Unterelsaß), 14. 3. 1862; † Bonn, 23. 9. 1940. Stud. in Straßburg, Münster, Würzburg, München, Bonn, Tübingen und Rom. 1885 Priesterweihe, 1888 Dr. theol., 1889 Prof. für christl. Kunst und Philosophie am Priesterseminar in Straßburg, 1892–98 Prof. für Kirchengeschichte an der Univ. Würzburg, 1898 in Wien, 1902 in Freiburg i. Br., 1903 an der neuen Kathol. theol. Fakultät der Univ. Straßburg, 1911/12 Rektor; 1920 in Bonn, 1927 emeritiert. Mitgl. der Akad. d. Wiss. in Wien 1901, München 1920, Berlin 1930 etc., Dr. h. c. mehrerer Univ. E. bemühte sich um den Ausbau der Seminare für Kirchengeschichte und die Neuordnung der theol. Stud. an der theol. Fakultät Wien, um die Anerkennung der Kirchengeschichtswiss. durch die Profangeschichte, um ihre Ebenbürtigkeit neben der prot. Dogmen- und Kirchengeschichtsforschung (Harnack). Seine Hauptleistung ist die quellenmäßige Erfassung und Durchforschung der altchristl. Lit., und da vor allem der griechischen Kirche, wovon reiches Material noch der Veröffentlichung harrt. Er unterzog die gesamte Kirchengeschichte einer auf den neuesten Forschungen beruhenden Periodisierung. Erfaßt vom Geiste Leos XIII., rang er mit dem bedeutenden Wiener Moraltheologen und Soziologen Fr. Schindler zur Jahrhundertwende um den Anschluß des Katholizismus an die Errungenschaften der Neuzeit und dessen Aufgaben darin und gab während seiner erfolgreichen Wirksamkeit in Wien 1901 sein aufsehenerregendes Werk „Der Katholizismus und das XX. Jahrhundert“ heraus, das 12 Auflagen erreichte, ihm aber von „Hyperkatholiken“ schwere Angriffe eintrug, die er mit seinem Werk „Liberaler Katholizismus?“, 1902, geistvoll zurückwies. Die Verdächtigungen auf Reformkatholizismus und Modernismus, ebenso die Aberkennung seiner Prälatur (1908–22) prallten an seiner Kirchentreue ab. Er wirkte über seine glänzende Lehr- und Forschertätigkeit hinaus als Vortragender und Universitätsprediger gleich erfolgreich und zählt zu den hervorragendsten Kirchenhistorikern und Patristikern der kath.-theol. Fakultät in Wien.

W.: Das unterirdische Rom, 1892; Die altchristliche Literatur und ihre Erforschung von 1884–1900, 1900; Der Katholizismus und das XX. Jahrhundert im Lichte der kirchlichen Entwicklung der Neuzeit, 1901; Liberaler Katholizismus? 1902; Die Kirche der Märtyrer. Ihre Aufgaben und Leistungen, 1932; Urkirche und Frühkatholizismus, 1935; Die griechische und die lateinische Kirche, 1937; Überlieferung und Bestand der hagiographischen und homiletischen Lit. der griech. Kirche, 1–3, 1936–41, unvollendet; etc.
L.: Hist. Jb. 61, 1941; Kürschner, Gel.-Kal., 1931; A.Dempf, A. E., 1944 (Werksverzeichnis); Almanach Wien, 1941; Enc. Catt.; Kosch, Das kath. Deutschland; Sanctificatio nostra, Jg. 12, 1941, S. 46–50; Mitt. F. Loidl, Wien.
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 1 (Lfg. 3, 1956), S. 228
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