Eichholzer, Herbert (1903–1943), Widerstandskämpfer und Architekt

Eichholzer Herbert, Widerstandskämpfer und Architekt. Geb. Graz (Steiermark), 31. 1. 1903; gest. Wien, 7. 1. 1943 (hingerichtet). Sohn des Handelsreisenden Karl Eichholzer und dessen Frau Adele Eichholzer. – E. besuchte vorerst ein Realgymnasium und maturierte 1922 an einer Realschule in seiner Heimatstadt. Anschließend begann er ein Studium der Architektur an der Technischen Hochschule Graz (Abschluss 1928). Während der Schulzeit war er Mitglied der „Wandervogel“-Bewegung, 1926 trat er der Vereinigung Sozialistischer Hochschüler bei. Ausgedehnte Studienreisen führten ihn nach Abessinien (Reiseberichte erschienen in der Grazer „Tagespost“), nach Bulgarien, Griechenland, in die Türkei sowie nach Italien und Frankreich. Im Frühjahr 1927 erhielt er gemeinsam mit Eduard Bauer den 1. Preis des Akademischen Architekturvereins an der Grazer Technischen Hochschule für die Fassadenneugestaltung des Grazer Wasserwerks. Nach Abschluss seines Studiums arbeitete E. in Deutschland, Griechenland, Frankreich und der Sowjetunion. Bis Juli 1929 war er technischer Leiter der Stahlhaus Ges.m.b.H. Duisburg, die Fertighäuser im deutschen Ruhrgebiet, in der Türkei und in Griechenland errichtete. Ende 1929 ging er nach Paris, wo er drei Monate bei Le Corbusier als Volontär tätig war. Seine erste selbstständige Arbeit war eine Wohnanlage in Judenburg (1930/31), 1931–32 hatte er die Bauleitung beim Neubau des Arbeitsamts in Graz inne. Ab September 1932 wirkte er vier Monate in Moskau, wo er verschiedene Standardwohntypen entwarf. Bis 1938 hatte E. in Graz ein eigenes Architekturbüro und avancierte zum bedeutendsten Vertreter der Architektur-Moderne in der Steiermark. Ab 1932 Mitglied der Grazer Sezession, wurde er 1935 mit deren Staatspreis ausgezeichnet und fungierte 1935/36 als Vizepräsident dieser Künstlervereinigung. 1937 hielt er sich zu Studienzwecken vier Monate in Paris als freier Mitarbeiter im Atelier von Albert Laprade auf. Er war einer der Mitinitiatoren der von Otto Basil geleiteten kulturpolitischen Zeitschrift „Plan“, die im Jänner 1938 erst- und einmalig erschien. Ab 1932 Mitglied des Republikanischen Schutzbunds, wurde E. 1934 als Februarkämpfer verhaftet. Ende März 1934 aus dem Grazer Landesgericht entlassen, engagierte er sich hierauf in der illegalen KPÖ, in deren Auftrag er 1937 in die Vaterländische Front eintrat. Von Ende 1937 bis März 1938 war E. in der Sozialen Arbeitsgemeinschaft in Graz aktiv, die als Plattform der verbotenen linken Arbeiterparteien diente. Mitte März 1938, nach dem „Anschluss“ Österreichs, floh er nach Triest und weiter über Zürich nach Paris, wo er sich in der Vereinigung österreichischer Emigranten engagierte. Im November 1938 ging E. in die Türkei, wo er bis März 1940 im Atelier von Clemens Holzmeister in Ankara arbeitete und an der Errichtung von Regierungsbauten mitwirkte. Er war Mitglied der KPÖ-Auslandszelle und fungierte in Istanbul als Anlaufstelle für kommunistische Funktionäre. Im Frühjahr 1940 fuhr er im Auftrag der KPÖ über Sofia, Bukarest, Belgrad und Zagreb nach Graz zurück, um die abgebrochenen Kontakte der kommunistischen Widerstandsgruppen zur Parteiführung im Ausland wiederherzustellen. Nachdem er in Graz in Verbindung zur Widerstandsgruppe um Karl Drews getreten war, unternahm er zwischen Mai und Oktober 1940 mehrere Fahrten nach Wien und schaltete sich in die Reorganisierung der Partei durch Erwin Puschmann ein. Nach seiner Musterung im Juni 1940 meldete E. sich freiwillig zur Wehrmacht und wurde im Juli 1940 als Sonderführer (Dolmetsch) für das Offizierskriegsgefangenenlager Lienz eingezogen, tags darauf wegen seiner politischen Vergangenheit aber wieder entlassen. Im Oktober 1940 zum Heeresdienst nach Salzburg einberufen, rückte er in der Folge als Dolmetsch nach Paris ein. Als Sonderführer für das Frontstammlager 240 verhaftete man ihn im Februar 1941 auf Veranlassung der Gestapo in Verdun und überstellte ihn in das Militärgefängnis in Wien-Favoriten. Nachdem Anfang Juli 1941 das Reichskriegsgericht seinen Fall an den Volksgerichtshof abgetreten hatte, verurteilte dieser E. im September 1942 wegen „Vorbereitung zum kommunistischen Hochverrat“ zum Tod. Im August 1942 entstand in der Haft die mehr als 50-seitige Verteidigungsschrift „Mein Weg“, in der E. seine künstlerischen und politischen Anschauungen darlegte. Im Jänner 1943 wurde er im Wiener Landesgericht hingerichtet.

Weitere W. (s. auch Ecker; Senarclens de Grancy – Halbrainer): Häuser Pistor und Ferner, 1932/33 (Graz-Andritz); Entwurf für eine Markthalle am Andreas-Hofer-Platz, 1935 (Graz); Buchdruckerei und Verlag „Der Ennstaler“, 1936 (Schladming).
L.: H. E. 1903–1943. Architektur und Widerstand, ed. H. Halbrainer, Graz 1998 (Kat., mit Bild); D. Ecker, H. E. (1903–1943): Architekt, 2004 (mit Bild und W.); Totes Leben gibt es nicht. H. E. 1903–1943, ed. A. Senarclens de Grancy – H. Halbrainer, 2004 (mit Bild und W.).
(M. Mugrauer)   
Zuletzt aktualisiert: 25.11.2016  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 5 (25.11.2016)