Eisenberg, Akiba (Bela) (1908–1983), Rabbiner

Eisenberg Akiba (Bela), Rabbiner. Geb. Nemessur, Ungarn (Šúrovce, SK), 30. 9. 1908; gest. Wien, 7. 4. 1983; mos. Enkel des Rabbiners Yomtow Lipa Stern, Sohn des Schächters und Kantors einer Status-quo-Gemeinde, die sich nach dem Allgemeinen Jüdischen Kongress 1868 in Ungarn weder der neologen noch der orthodoxen religiösen Richtung anschloss, Vater von Paul Chaim Eisenberg (bis Juni 2016 Oberrabbiner der Israelitschen Kultusgemeinde Wien) und der Hotelière Ruth Dauber; ab 1949 verheiratet mit Eva Kalisch. – E. wuchs in einer streng orthodoxen Familie in Vác auf. Er besuchte die Jeschiwot von Pápa und Vác und wurde von Rabbiner Yeshayahu Silberstein in Vác ordiniert. Danach studierte er orientalische Sprachen an der Universität Budapest, an der er 1937 promovierte, und am dortigen neologen Landesrabbinerseminar. 1939 erhielt er von Michael Guttmann das Rabbinerdiplom. Einige seiner am Seminar entstandenen wissenschaftlichen Arbeiten wurden mit Preisen ausgezeichnet. Bis 1944 unterrichtete E. in Budapester Gymnasien, die Schoah überlebte er in einem der von ausländischen Botschaften geschützten Häuser. 1945 wurde er Rabbiner von Győr, wo er die Errichtung eines Monuments für die Opfer der Schoah initiierte, und Präsident des Verbands der Kultusgemeinden von Transdanubien. Im März 1948 berief man ihn in die Israelitische Kultusgemeinde Wien, worauf er im August desselben Jahres den Titel Oberrabbiner erhielt. Eine seiner ersten zionistischen Predigten hielt er im August 1949 aus Anlass der Überführung der Gebeine von →Theodor Herzl nach Israel. E., der →Hirsch Perez Chajes als sein großes Vorbild betrachtete, engagierte sich in der Zionistischen Föderation, der Misrachi (Bewegung der religiösen Zionisten), für den Brit Ivrit Olamit (Bund zur Förderung der hebräischen Sprache und Kultur) und war Präsident des Keren Kajemet (jüdischer Nationalfonds). Er unterrichtete auch am Institut für Judaistik der Universität Wien, sprach an Wiener Volkshochschulen über die Bibel und jüdische Glaubenslehren und war Korrespondent der ungarischen Kulturzeitschrift „Múlt és Jövő“. 1956 unterstützte er tatkräftig die rund 12.000 aus Ungarn nach Österreich geflüchteten Juden. Im selben Jahr war E. einer der Gründer der Europäischen Rabbinerkonferenz. 1966–71 fungierte er als Präsident der Zwi-Perez-Chajes-Loge der B’nai B’rith, 1967 verfasste er die Einleitung für den Katalog der von Desider Stern initiierten Ausstellung „Bücher jüdischer Herkunft in deutscher Sprache“ im Wiener Künstlerhaus. Ab 1972 sprach E. zu den jüdischen Feiertagen auch im österreichischen Rundfunk. Als das schrecklichste Ereignis seines Lebens bezeichnete er den Anschlag palästinensischer Terroristen im August 1981 während eines Schabbat-Gottesdiensts im Wiener Stadttempel in der Seitenstettengasse, bei dem 30 Menschen verletzt und zwei ermordet wurden. Auf der Trauerkundgebung rief E. die junge Generation seiner Gemeinde zum Kampf gegen Terror und Neonazismus auf. 1982 wurde auch auf seine Wohnung ein Bombenanschlag verübt, bei dem jedoch niemand verletzt wurde. In den 1970er-Jahren engagierte sich E. außerdem gegen die Unterdrückung der sowjetischen Juden, für ihre Auswanderung und gegen die Nahostpolitik Bruno Kreiskys. 1969 wurde er mit dem Berufstitel Professor ausgezeichnet und 1985 erhielt ein Hörsaal an der Bar-Ilan-Universität in der israelischen Stadt Ramat Gan seinen Namen.

L.: Die Gemeinde. Offizielles Organ der Israelitischen Kultusgemeinde Wien, 1983, Nr. 304/305, S. 4f. (mit Bild); E. Adunka, Die vierte Gemeinde. Die Geschichte der Wiener Juden von 1945 bis heute, 2000, s. Reg. (mit Bild); P. Ch. Eisenberg, Erlebnisse eines Rabbiners. Geschichte und Geschichten (gem. mit E. Adunka), 2006, passim (mit Bild).
(E. Adunka)   
Zuletzt aktualisiert: 14.12.2018  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 7 (14.12.2018)