Ender, Thomas (1793–1875), Maler und Radierer

Ender Thomas, Maler und Radierer. Geb. Wien, 3. 11. 1793; gest. ebd., 28. 9. 1875; röm.-kath. Sohn des Lizenztandlers Johann Ender und von Katharina Ender, geb. Hörzenberger (Herzberger), Zwillingsbruder von →Johann Nepomuk Ender; ab 1832 verheiratet mit Theresia Ender, geb. Arvay. – E. trat 1806 gemeinsam mit seinem Bruder Johann Nepomuk in die Schule der historischen Zeichnungsgründe bei Hubert Maurer an der Wiener Akademie der bildenden Künste ein, 1810 erfolgte der Übertritt in die Landschaftsschule bei Lorenz Janscha (ab 1812 bei →Josef Mössmer). Im selben Jahr ist E. als Preisträger mit einer Landschaftszeichnung nach Ignace Duvivier belegt, 1816 erhielt er den Allerhöchsten Hofpreis für Landschaftsmalerei mit einer (verschollenen) Praterlandschaft. Erste Wanderungen führten ihn in die Gegend um den Schneeberg sowie nach Salzburg. E.s wesentlicher Schwerpunkt und historische Leistung liegen in der Landschaftskunst als Dokumentation intensiver Reisetätigkeiten, vorwiegend im Auftrag der Habsburger. Von März 1817 bis August 1818 begleitete er eine österreichische Expedition nach Brasilien, auf der er mehr als 700 Aquarelle und Zeichnungen schuf. Anlass für diese Unternehmung bildete die Vermählung von Erzherzogin Leopoldine, einer Tochter von Kaiser →Franz II. (I.), mit dem portugiesischen Kronprinzen Dom Pedro, dem späteren Kaiser von Brasilien. Fürst →Klemens Wenzel Lothar Metternich-Winneburg organisierte auf Wunsch des Kaisers diese Expedition mit 13 Naturwissenschaftlern und E. als Landschaftsmaler. Zwischen März und Juni 1819 begleitete E. Kaiser Franz I. und Fürst Metternich auf einer großen Italienreise. Ab 1820 war er (bis Herbst 1823) als kaiserlicher Pensionär Inhaber eines vierjährigen Rom-Stipendiums, verbunden mit zahlreichen Reisen. In Rom trat er u. a. mit →Josef Rebell in Kontakt. 1826 ist auch ein Besuch in Paris nachweisbar. Zwischen 1829 und 1853 agierte er als „Kammermaler“ im Dienst von Erzherzog →Johann zum Zweck der peniblen Aufnahme der österreichischen Alpenlandschaften sowie regionalen Trachten und Gebräuche, wofür er umfangreiche Reisen in die Steiermark, nach Salzburg, Tirol und Südtirol unternahm. Im Rahmen dieser Dokumentationstätigkeit entstanden auch mehrere Ansichten des Großglockners mit der Pasterze, für die E. besonders berühmt werden sollte. 1829 wurde er nach dem Tod Rebells (1828) beauftragt, drei große Ansichten der k. k. Patrimonialherrschaften Persenbeug für das dortige Schloss zu malen (1831 fertiggestellt). 1836–37 fungierte er als Korrektor der Landschaftszeichnung an der Wiener Akademie bei Mössmer, 1837–50 als Professor der Landschaftsmalerei, 1851 wurde er pensioniert. 1837 begleitete er Erzherzog Johann auf dessen Reise nach Russland (Krim), Konstantinopel und Athen, 1839 folgte eine Südtirol-Reise, 1840 eine weitere in die Steiermark und nach Tirol, 1853 und 1857 hielt er sich in Rom und Neapel auf. E. legte in seinen Werken großen Wert auf eine präzise Wiedergabe der Morphologie der Natur (v. a. Gestein und Gletscher). Seine Tätigkeit als „Kammermaler“ betont dokumentarische Aspekte in weitwinkeligen, Natur und Kultur zu neuen Einheiten formierenden Motiverfindungen. Ohne E.s umfangreiche Tätigkeit wäre die topographische Popularisierung prominenter Orte des Habsburgerreichs und Europas nicht möglich gewesen. Seine Beliebtheit drückte sich auch in zahlreichen Nachstichen seiner Werke durch englische Künstler aus. Hervorzuheben sind zudem seine umfangreichen Unternehmungen mit dem Wiener Verleger Conrad Adolph Hartleben: 1838 brachte dieser die Serie „Malerische Ansichten der Donau … von Engelhardszell bis Wien“ heraus und 1841 erschien auf der Basis von E.s Zeichnungen die Folge „Die Wundermappe der Donau oder das Schönste und Merkwürdigste an den Ufern dieses Stromes in seinem Laufe durch die österreichischen Staaten“. Zusammen mit anderen Künstlern lieferte er auch Vorlagen für das topographische, mit Chromlithographien ausgestattete Werk „Das pittoreske Oesterreich …“ (1840–46). E. wurde 1824 wirkliches Mitglied der Akademie der bildenden Künste und 1845 zum kaiserlichen Rat ernannt, 1869–72 war er Mitglied der Genossenschaft der bildenden Künstler Wiens (Künstlerhaus).

Weitere W.: s. Koschatzky.
L.: Die Presse, WZ, 30. 9. 1875; ADB; AKL; Czeike; Fuchs, 19. Jh.; Fuchs, Erg.Bd.; Thieme–Becker; Wurzbach; W. Koschatzky, Th. E. 1793–1875. Kammermaler Erzherzog Johanns, 1982 (mit W.); Kunst des 19. Jahrhunderts, bearb. E. Hülmbauer, 1992; Johann Nepomuk E. (1793–1854), Th. E. (1793–1875) Emlékkiállítás …, ed. G. Gy. Papp, Budapest 2001 (Kat.); Geschichte der bildenden Kunst in Österreich 5, ed. G. Frodl, 2002, s. Reg.; W. Telesko, Kulturraum Österreich, 2008, s. Reg.; ABK, Pfarre St. Stephan, Pfarre St. Ulrich, alle Wien.
(W. Telesko)   
Zuletzt aktualisiert: 10.12.2019  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 8 (10.12.2019)
1. AUFLAGE: ÖBL 1815-1950, Bd. 1 (Lfg. 3, 1956), S. 247
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