Engel, Antonín (1879–1958), Architekt

Engel Antonín, Architekt. Geb. Poděbrad, Böhmen (Poděbrady, CZ), 4. 5. 1879; gest. Praha, Tschechoslowakei (CZ), 12. 10. 1958. Sohn des Ingenieurs und Direktors einer Zuckerfabrik Augustin Engel und dessen Frau Růžena Engel, geb. Boučková, einer Arzttochter. – Nach dem Absolutorium an der tschechischen Oberrealschule in Prag studierte E. Architektur und Hochbau an der tschechischen Technischen Hochschule (1897–1903) und an der deutschen Technischen Hochschule (1901–03 bei Josef Zítek); 1917 Dr. techn. Nach kurzer Praxis beim Prager Stadtbauamt wechselte er nach Wien und vervollständigte 1905–08 seine Ausbildung an der Akademie der bildenden Künste bei Otto Wagner (Hof-Preis, 1907, Staats-Reisestipendium, 1908/09). Nach einer Italienreise wurde er 1909 selbstständiger Architekt in Prag und unterrichtete 1912–20 an der dortigen Staats-Gewerbeschule. Bereits während des Studiums hatte sich E. an wichtigen Wettbewerben beteiligt: Repräsentationshaus der Hauptstadt Prag (1903), Altstädter Rathaus (geteilter 1. Preis, 1905), Projekt für den Durchstich eines Letná-Tunnels (1. Preis, 1909). Obwohl sein frühes Schaffen stark von Otto Wagners Rationalismus geprägt war, wandte er sich nach 1910 dem modernen tektonischen Neoklassizismus (Mietshäuser in den Prager Vororten Dejwitz und Podskalí) zu, wobei sich diese Stilrichtung in der Zwischenkriegszeit verstärkte. Nach 1912 bereicherte E. seine Entwürfe mit dem Formenschatz von dekorativen Elementen des tschechischen Kubismus (Wasserkraftwerk mit Stauanlage in Poděbrad, 1912–16; Wohnhaus, Prager Josefstadt, 1914–15). Kubistische und klassizistische Formen verschmolz er auch beim Projekt der Filteranlage des Prager Wasserwerks in Podolí (1922–28). 1922 wurde er auf Wunsch der Studenten zum Professor an der tschechischen Technischen Hochschule gewählt und wirkte dort bis 1949. 1924–25 und 1937–38 war er Dekan der Fakultät für Architektur und Hochbau, 1939–45 Rektor. Nach dem 1. Weltkrieg wurde er als Vertreter des monumentalen Klassizismus zu einer der wichtigsten Persönlichkeiten des offiziellen Bauwesens in der Tschechoslowakei. Er projektierte bedeutende Regierungs- und Hochschulbauten (Masaryk-Studentenwohnheim, Dejvice, 1923–25; drei Gebäude der tschechischen Technischen Hochschule, ebd., 1925; Generalstabsgebäude der tschechoslowakischen Armee, ebd., 1926–34; Ministerium für Eisenbahnwesen, 1927–32) und arbeitete 1920–29 in der staatlichen Regierungskommission für Groß-Prag. Die klassizistische Ordnung und geometrische Klarheit sind nicht nur für seine Bauten, sondern auch für seine städtebaulichen Projekte charakteristisch (Regulierungspläne für Letná, Petrská-Viertel, Dejvice). Er publizierte zahlreiche Aufsätze und Studien über theoretische Fragen der Architektur und städtebauliche Probleme der Prager Stadtentwicklung (besonders hervorzuheben ist „Praha v půdorysu a obrazovém vývoji“, 1920). E. war Mitglied des S.V.U. Mánes (1904–07) und des Klub za starou Prahu. Sein Nachlass befindet sich im Národní technické muzeum in Prag.

Weitere W.: s. Krajči – Sedláková.
L.: Národní politika, 4. 5. 1939; AKL; BSČZ; Toman; Vollmer; J. E. Koula, Nová česká architektura a její vývoj ve XX. století, 1940, s. Reg.; O. Stefan u. a., Dílo architekta A. E., Praha 1956 (Kat., mit Bild); M. Pozzetto, Die Schule O. Wagners 1894–1912, 1980, S. 219; R. Švácha, Od moderny k funkcionalismu, 1994, s. Reg.; Nová encyklopedie českého výtvarného umění 1, ed. A. Horová, 1995; Dějiny českého výtvarného umění 4, ed. V. Lahoda u. a., 1998, s. Reg.; A. E. 1879–1958, architekt, urbanista, pedagog, ed. P. Krajči – R. Sedláková, Praha 1999 (Kat., mit Bild und W.); J. E. Svoboda, in: Architekt 45, 1999, S. 77f.; P. Šopák, ebd. 46, 2000, S. 76; P. Vorlík, in: Historismy, ed. O. Klapetková – R. Kuprová, 2010, S. 147ff.; J. Jásek u. a., Podolská vodárna a A. E., 2. Aufl. 2014; ABK, Wien.
(V. Vostřelová)   
Zuletzt aktualisiert: 27.11.2017  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 6 (27.11.2017)