Fabiani, Max (Maks, Massimiliano) (1865–1962), Architekt und Stadtplaner

Fabiani Max (Maks, Massimiliano), Architekt und Stadtplaner. Geb. Cobdil, Görz und Gradisca (Kobdilj, SLO), 29. 4. 1865; gest. Gorizia (I), 12. 8. 1962 (begraben: Kobdilj); röm.-kath. Sohn von Anton Fabiani und Charlotte Fabiani, geb. von Kofler; ab 1906 verheiratet mit Francesca Fabiani. – F. besuchte das Realgymnasium in Laibach und ging 1883 nach Wien, wo er bis 1889 an der Technischen Hochschule Architektur studierte. Danach verbrachte er zwei Jahre als Assistent an der Technischen Hochschule in Graz. 1892 legte er die „strenge Prüfung“ zum „diplomierten Ingenieur“ ab. Diese wurde ihm 1902, nach der Verleihung des Promotionsrechts an die österreichischen Technischen Hochschulen, als Doktorat anerkannt. Finanziert durch ein Ghega-Stipendium, bereiste er 1892–94 u. a. Griechenland, Italien, Deutschland und Frankreich sowie einen großen Teil Kleinasiens. Aufgrund seiner umfassenden Kenntnis der modernen Architektur machte ihn 1894 →Otto Wagner zu seinem Mitarbeiter. Ambitioniert und bemüht um seine eigene Karriere, verließ er Wagner 1896 und fungierte bis 1898 als Assistent, 1898-1910 als Konstrukteur bei dessen Konkurrenten →Karl König an der Technischen Hochschule in Wien. 1910 wurde F. zum ao. Professor für Ornamentik an der Wiener Technik berufen, 1917 zum o. Professor für die neue Lehrkanzel Baukunst I ernannt. Im selben Jahr wurde er im Rahmen seiner Kriegsdienstverpflichtung mit der Leitung des Wiederaufbaus von Görz betraut und Ende 1918 als Professor pensioniert. Parallel dazu führte er ab 1896 in Wien auch ein Privatatelier. Von seinen politischen Ambitionen zeugt die Annäherung an →Franz Ferdinand, für den er Schloss Konopischt in Böhmen zusammen mit dem umliegenden Park umgestaltete. Vor dem 1. Weltkrieg nominierte ihn der Thronfolger zum Kulturminister in seiner nie zustande gekommenen „Schattenregierung“. 1917–22 leitete F. das Büro für Wiederaufbau (UPRA) in Görz und entwarf zahlreiche Regulierungspläne für die im Krieg zerstörten Ortschaften im Isonzogebiet. Nach Auflösung des Büros arbeitete er als freischaffender Architekt in Görz und unterrichtete 1924–27 Kunstgeschichte am dortigen Gymnasium. 1920 vernichteten die Faschisten sein slowenisches Kulturzentrum (Narodni dom) in Triest. Wahrscheinlich um die eigene Position zu stärken und in Zukunft solche Vorkommnisse zu vermeiden, trat er wenige Monate später selbst dieser politischen Bewegung bei. Anderseits erhoffte er sich von diesem Schritt, eine einflussreiche Rolle in der Gewerkschaft der faschistischen Architekten und Ingenieure spielen zu können. 1935 ernannte man ihn zum Bürgermeister von San Daniele del Carso, eine Funktion, die er bis zum Ende des 2. Weltkriegs innehatte, als der Ort jugoslawisch wurde und F. nach Italien übersiedelte. In architektonischer Hinsicht zeichnete sich diese Zeit durch eine rege Bautätigkeit in San Daniele aus. 1945 ging sein Haus in Kobdilj samt umfangreichem Privatarchiv in Flammen auf. F. starb weitgehend vergessen und in ärmlichen Verhältnissen. Erst Jahre später wurde er in dem von ihm entworfenen Familiengrab bei St. Gregor in Kobdilj beigesetzt. F. zählt zu den gebildetsten Wegbereitern der Wiener Moderne. Mit seinem breiten Können übte er einen nicht unbeträchtlichen Einfluss auf die Architektur Wagners aus. Nach dem verheerenden Erdbeben in Laibach (1895) erarbeitete er den ersten Regulierungsplan für die Stadt, wobei ihm Bürgermeister →Ivan Hribar eine rege Bautätigkeit ermöglichte, die sich an der mediterranen Tradition der Lokalarchitektur orientierte. 1899 folgte sein Stadtentwurf für Bielitz. Während die Richtlinien des Regulierungsplans für Laibach bis heute mehr oder weniger bei der Stadtplanung berücksichtigt werden, ist in Bielitz von F.s Eingriffen kaum etwas geblieben, da sich die Situation durch die spätere Zusammenlegung der beiden Städte wesentlich geändert hat. Seine Pläne beruhten auf Ideen, die vorwiegend von Wagner und →Karl Mayreder beeinflusst waren, und zeugen von seinen städteplanerischen Fähigkeiten. Auch mit anderen, ähnlichen Lösungen, wie z. B. dem Projekt zur Gestaltung des Wiener Karlsplatzes (1898), hat er sich auf diesem Gebiet einen Namen gemacht. F. war einer der frühen Verfechter des Secessionsstils in Österreich. Sein Pavillon der drei Kommissionen auf der Jubiläumsausstellung im Prater 1898 lieferte mit seiner Ornamentik ein frühes Beispiel dafür, ebenso wie der Empfangssalon im österreichischen Pavillon auf der Pariser Weltausstellung von 1900. Zu den Meilensteinen der modernen österreichischen Architektur zählen das Geschäftshaus Artaria (1900–01, Wien 1) und der Sitz der Firma Portois & Fix (1899–1900, Wien 3), die im Dialog mit der Wagner’schen Architektur entstanden. Danach distanzierte sich F. bald vom Neuen Stil und verwendete die secessionistische Ornamentik nur mehr sehr sparsam an seinen frühen Wiener Bauten, von denen die meisten dem 2. Weltkrieg zum Opfer fielen. Der 1904 in Triest errichtete Narodni dom zeichnete sich ähnlich wie die Urania (1909, Wien 1) durch ein durchdachtes Miteinander von Funktionen aus. Für seine späteren Wiener Bauten ist die Rückkehr zu barocken und italienischen Stilelementen (Palais Reithoffer, später Palmers, 1912, Wien 6; Casa Stabile, 1906, Triest) bezeichnend, wozu auch die konservative Kunstanschauung Franz Ferdinands beigetragen haben mag. 1906 war er für die Planung der großen Deutsch-Böhmischen Ausstellung in Reichenberg verantwortlich, die er am Ufer eines künstlichen Sees ansiedelte. Dieselbe Meisterschaft bei der Regulierung des Wassers zeigte er später im wasserarmen Karst mit dem großen Bassin im Park der Villa Ferrari in San Daniele (1925–35). Während der beiden Weltkriege war F. auch als Denkmalpfleger tätig. Seinen späteren Realisationen fehlte meist die künstlerische Überzeugungskraft der früheren Werke. F. beschäftigte sich auch mit Erfindungen aller Art (von menschlicher Hand bewegte Flugmaschine, U-Boot, kettenloses Fahrrad usw.) und ließ diese sogar teilweise patentieren. Seine literarischen Versuche sind hingegen verloren gegangen. Ende des 2. Weltkriegs entstand sein philosophisches Traktat „Acma“. Wichtiger jedoch sind seine zahlreichen Aufsätze über nationale Eigenständigkeit in der Architektur sowie über die Regionalplanung. Später beschäftigte er sich mit Visionen zukünftiger Stadtentwicklungen. Er war u. a. ab 1893 Mitglied des Österreichischen Ingenieur- und Architekten-Vereins (1904–07 Präsident) und 1904 Gründungsmitglied der Gesellschaft Österreichischer Architekten. F. war Ritter des Franz Joseph-Ordens (1904), Ritter des königlich preußischen Roten Adler-Ordens (1915) und erhielt 1952 das Goldene Doktordiplom der Technischen Hochschule Wien.

Weitere W.: s. AKL; Podrecca; Pozzetto, 1983, 1998; Architektenlexikon.
L.: Die Presse, 21./22. 1. 1967 (mit Bild); AKL (mit W.); Czeike; PSBL (mit Bild); Thieme–Becker; M. F. architetto, ed. M. Pozzetto, 1966; B. Podrecca, M. F. 1865–1962. Bauten und Projekte in Wien, Wien 1982 (Kat., mit W.); M. Pozzetto, M. F. 1865–1962. Ein Architekt der Monarchie, 1983 (mit W.); M. F., nuove frontiere dell’architettura, ed. M. Pozzetto, Triest 1988 (Kat.); M. Pozzetto, M. F. – Vizije prostora, 1997; M. Pozzetto, M. F., 1998 (mit W.); Architektenlexikon Wien 1770–1945 (mit W., online, Zugriff 30. 5. 2018); TU, Wien.
(D. Prelovšek)   
Zuletzt aktualisiert: 14.12.2018  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 7 (14.12.2018)