Falkenhayn, Julius Graf von (1829–1899), Politiker

Falkenhayn Julius Graf von, Politiker. Geb. Wien, 20. 2. 1829; gest. ebd., 12. 1. 1899; röm.-kath. Sohn des Generals der Kavallerie Eugen Graf von Falkenhayn (geb. Schrems, Niederösterreich, 4. 4. 1792; gest. Girincs, H, 16. 9. 1853) und der Sternkreuzordensdame Karoline Gräfin von Falkenhayn, geb. Gräfin Colloredo-Wallsee (geb. 5. 8. 1802; gest. 1. 12. 1835), Bruder des Oberstleutnants und Flügeladjutanten von Kaiser →Franz Joseph I. Ladislaus Graf von Falkenhayn (geb. 8. 1. 1833; gest. 2. 2. 1865); ab 1857 verheiratet mit der Sternkreuzordensdame Viktoria Gräfin von Falkenhayn, verwitwete Gräfin Keglevich von Buzin, geb. Gräfin Folliot von Crenneville-Poutet (geb. 6. 8. 1816). – F. besuchte das Gymnasium und studierte ab 1843 an der philosophischen Fakultät der Universität Wien; 1863 Dr. phil. 1847 trat er als Kadett bei den Liechtensteinschen Chevaulegers ein. Bereits im April desselben Jahres avancierte er zum Unterleutnant. 1848 wurde F. Oberleutnant im 4. Ulanenregiment und 1850 Rittmeister beim 1. Husarenregiment, 1857 quittierte er den Dienst. In seiner Militärzeit nahm F. an den Feldzügen 1848/49 in Italien und Ungarn teil und wurde verwundet. Danach gründete er eine Papierfabrik in der Nähe von Ischl, die er wegen mangelnder Rentabilität jedoch wieder aufgab. 1866–78 war er Besitzer des Guts St. Wolfgang. In politischer Hinsicht war F. 1867–71 Mitglied des oberösterreichischen Landtags und von September bis Dezember desselben Jahres auch Landeshauptmann von Oberösterreich. Nach einer erfolgreichen Kandidatur für das Abgeordnetenhaus 1879 wurde F. noch im selben Jahr von Ministerpräsident →Eduard Franz Joseph Graf Taaffe zum Ackerbauminister berufen. Dieses Amt übte er sogar noch unter Taaffes Nachfolger →Alfred Fürst zu Windisch-Graetz bis 1895 aus und war mit 16 Jahren Amtszeit der am längsten dienende Ackerbauminister der Monarchie. In diese Ära fielen zahlreiche, durchaus wegweisende Gesetze, etwa das Reichsrahmengesetz von 1883, welches die gesetzliche Grundlage zur Zusammenlegung landwirtschaftlicher Grundstücke, zur Arrodierung von Wäldern und zur Teilung sowie Regulierung von agrargemeinschaftlichen Grundstücken stellte. Ebenso wurde 1884 das Meliorationsgesetz verabschiedet, das auch zur Schaffung eines entsprechenden Fonds führte. Ein weiteres Reichsrahmengesetz von 1889 betraf landwirtschaftliche Besitzungen mittlerer Größe und sollte den Kronländern ermöglichen, andere als vom ABGB vorgesehene Erbfolgeregelungen anzuwenden – und damit die liberalen Reformen hinsichtlich der Freiteilbarkeit von Höfen einzuschränken. Davon machten allerdings nur Böhmen und Kärnten Gebrauch. Insgesamt drei Viehseuchengesetze (1880, 1882, 1892) wurden unter seiner Ministerschaft zum Schutz der landwirtschaftlichen Tierhaltung ausgearbeitet und kundgemacht. Daneben wurden ein Kunstweingesetz, diverse Fischereigesetze sowie Novellen zum Forstgesetz, die sich dem Schutz der Wälder widmeten, zustandegebracht. Besondere Verdienste erwarb sich F. bei der Aufforstung des Karsts und der Schaffung diverser Stipendien, die es auch weniger begüterten bäuerlichen Kindern ermöglichten, eine landwirtschaftliche Ausbildung zu erhalten. Massive Förderung wurden der Wildbachverbauung sowie den genossenschaftlichen Raiffeisenvereinen zuteil, die einen bedeutenden Ausbau verzeichneten. F. gelang es, durchzusetzen, dass der Ackerbauminister an Verhandlungen über Handelsverträge sowie an den Ausgleichsverhandlungen mit Ungarn teilnehmen durfte. Nach dem Ende seiner Ministerschaft verblieb F. im Abgeordnetenhaus, wo er 1897 – am Höhepunkt der Badeni-Krise – einen Antrag auf Abänderung der Geschäftsordnung stellte. Dieser als „lex Falkenhayn“ bekannte (und kurzzeitig angenommene) Antrag hätte dem Präsidenten des Abgeordnetenhauses Mittel in die Hand gegeben, um die lähmende Obstruktion zu unterbinden und das Parlament wieder beschlussfähig zu machen. Stattdessen bewirkte dieser eine weitere Eskalation und wurde schließlich aufgehoben. Nach dieser Niederlage kehrte F. der Politik den Rücken. F., der mit den Ideen →Karl Freiherr von Vogelsangs sympathisierte, schloss sich erst 1892 dem Klub der Konservativen an und fungierte ab 1897 als Obmann des Zentrumsklubs. Für seine Verdienste erhielt er 1850 den Orden der Eisernen Krone III. Klasse, 1882 jenen der I. Klasse, 1853 die Kämmererwürde, 1880 den Geheimratstitel sowie 1889 das Großkreuz des Leopold-Ordens. 1895 wurde er zum Kanzler des Leopold-Ordens ernannt.

W.: Materie zu Studien über das österreichische Budget, 1876; 1868 bis 1877, das Jahrzehnt nach dem Ausgleich, 1877.
L.: NFP, Prager Tagblatt, WZ, 13. 1. 1899; Adlgasser; NDB; F. Ott – W. Wieser, in: 100 Jahre Landwirtschaftsministerium, 1967, S. 67ff.
(P. Swoboda)   
Zuletzt aktualisiert: 20.12.2021  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 10 (20.12.2021)