Fanta, Heinrich (1877–1941), Architekt

Fanta Heinrich, Architekt. Geb. Wien, 26. 8. 1877; gest. Brünn, Protektorat Böhmen und Mähren (Brno, CZ), 9. 2. 1941. Sohn des Ingenieurs Wenzel Fanta, Vater des Architekten Fritz Fanta (geb. Reichenberg, Böhmen / Liberec, CZ, 2. 9. 1906; gest. Linz, Oberösterreich, 16. 10. 1988), der bis 1938 im väterlichen Atelier arbeitete. – F. studierte 1894–1900 u. a. bei →Max Freiherr von Ferstel Architektur an der Technischen Hochschule in Wien (2. Staatsprüfung 1900), wo er auch seinen späteren, aus Reichenberg kommenden Kollegen Max Kühn kennenlernte. Nach dem Militärdienst absolvierte er ab 1901 sein Praktikum in Wien und München. Von den Aufträgen aus dieser Zeit ist ein Jugendstil-Geschäftsportal in der Wiener Kärntnerstraße bekannt. 1902 wirkte er kurz als Assistent an der Technischen Hochschule. 1904 wurde er zum Professor an der Staatsgewerbeschule in Reichenberg ernannt, wo auch Kühn lehrte. Mit diesem gründete er in der Folge ein gemeinsames Architekturbüro. Großen Erfolg feierten sie auf der Deutschböhmischen Ausstellung in Reichenberg 1906, für die sie die Pavillons der Gablonzer und Trautenauer Brauereien entwarfen. Bis zum 1. Weltkrieg projektierten sie v. a. Kirchen und Villen, wobei für ihr Schaffen einerseits die kreative Transformation der historischen Vorlagen, besonders des Barock (Familiengruft Etrich in Trautenau, vor 1906; Maria-Magdalena-Kirche in Reichenberg, 1908–11; Villa Cžižek in Haindorf, 1907–08), andererseits der zweckmäßige Grundriss charakteristisch ist. Einige Bauten entwarfen sie im Stil des modernen Regionalismus: Z. B. sah das Arbeiterhaus bei Reichenberg wie eine Berghütte aus. Das Team benutzte gern natürliche Materialien wie Stein und Holz, wobei die geometrische Wirkung der tektonischen Konstruktion betont wurde (Wallfahrtskapelle in Ruppersdorf bei Reichenberg, 1905–07). Auf dem Gebiet des Monumentalbaus wandten sie dagegen eher den modernen Klassizismus an (Wettbewerbsprojekt für die Gemäldegalerie in Reichenberg, 1909; Gebäude der k. k. priv. Österreichischen Credit-Anstalt für Handel und Gewerbe in Reichenberg, 1911–13; Bezirksamt in Trautenau, 1912–14). Zum Kriegsdienst eingezogen, entwarf F. 1917–18 Bahnstationen für die Eisenbahnlinie im Tiroler Fleimstal in malerischer, volkstümlicher Form. 1918 wurde er zum o. Professor der Utilitätsbaukunde an der deutschen Technischen Hochschule in Brünn ernannt. In der Zwischenkriegszeit projektierte er v. a. Neu- oder Umbauten von Wohnhäusern sowie Industriebauten, für die Einfachheit und klassische Tektonik charakteristisch waren (Villa von Oskar Novotný in Broumov, 1927–28; Getreidesilo in Kyjov, nach 1925). Im Gegensatz dazu gestaltete er Wohnraum mit einem Schwerpunkt auf dem gemütlichen und malerischen Aspekt (Haus des Arztes Ludwig Lederer, Trutnov, 1934). Auf dem Gebiet der öffentlichen Bauten war er nicht erfolgreich, obwohl er an mehreren Wettbewerben teilnahm, z. B. für die Projekte des Deutschen Theaters in Brünn (1927) oder für das Neue Rathaus in Jablonec nad Nisou (1929), beide mit Emil Tranquillini. Als Professor an der Technischen Hochschule erreichte F. große Bekanntheit und wurde oft auch mit deren Vertretung in der Öffentlichkeit beauftragt. 1924–25 und 1931–33 fungierte er als Dekan der Abteilung für Architektur und Hochbau und 1925–26 sowie 1933–34 als Rektor. Er war Mitglied des Kuratoriums des Nordböhmischen Gewerbemuseums in Reichenberg, ab 1902 Mitglied des Österreichischen Ingenieur- und Architekten-Vereins und ab 1926 Mitglied des Deutschen Mährischen Kunstvereins.

Weitere W.: s. Vybíral; Weihsmann; Dostalík.
L.: AKL; BSČZ; Forum 4, 1934, S. 327ff.; J. Vybíral, in: Bulletin Moravské galerie v Brně 49, 1993, S. 100ff. (mit W.); H. Weihsmann, In Wien erbaut, 2005 (mit Bild und W.); J. Dostalík, Architekt Max Kühn, phil. DA Brno, 2009, bes. S. 102ff. (mit W.); archiweb (mit Bild, Zugriff 19. 4. 2016); TU, Wien.
(V. Laštovičková)   
Zuletzt aktualisiert: 25.11.2016  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 5 (25.11.2016)