Feil, Joseph (Josef) d. J. (1811–1862), Historiker und Beamter

Feil Joseph (Josef) d. J., Historiker und Beamter. Geb. Schottenfeld, Niederösterreich (Wien), 20. 6. 1811; gest. Wien, 29. 10. 1862 (Ehrengrab: Zentralfriedhof); röm.-kath. Sohn des Gewerbetreibenden Joseph Feil d. Ä. (geb. 30. 10. 1783; gest. 3. 12. 1814) und von Antonia Feil, geb. Kammerhuber (gest. 1843). – F. besuchte die Zollersche Hauptschule in Neubau (Wien 7) sowie das Piaristengymnasium. Anschließend studierte er 1830–34 Rechtswissenschaften an der Universität Wien. Nach Abschluss seiner Studien trat F. 1835 als unbesoldeter Konzeptspraktikant bei der niederösterreichischen Kameral-Gefällenverwaltung in den Staatsdienst ein; ab 1842 besoldet, 1847 Kameralkonzipist. Aufgrund seiner historischen Forschungen, vor allem zum Wiener Raum, wurde F. 1850 von Unterrichtsminister Leo Gf. Thun-Hohenstein zum Prüfungskommissär für österreichische Geschichte an der Universität Wien bestellt. Die ihm gleichzeitig angebotene Lehrkanzel für österreichische Geschichte lehnte F. unter Berufung auf seine unzulängliche historische Bildung ab; im privaten Rahmen äußerte er seine Bedenken, dieses Fach so zu lehren, dass es keine Kritik von offizieller Seite gäbe. An seiner statt wurde 1851 →Albert Jäger berufen. Im selben Jahr trat F. als Konzipist in das Unterrichtsministerium ein und wurde 1854 auf Antrag Thun-Hohensteins zum Ministerialsekretär ernannt. Diese Stellung bekleidete er bis zu seinem Tod. In dieser Funktion setzte er sich vor allem für das 1854 gegründete Institut für österreichische Geschichtsforschung ein, dem er seine eigenen Urkundenbestände als Übungsmaterialien zur Verfügung stellte. Weiters förderte er die von →Theodor von Sickel angeregte Anlegung einer Faksimilesammlung von Urkunden und sonstigen schriftlichen Zeugnissen. Obwohl Autodidakt, war F. ein auch in Fachkreisen anerkannter Historiker. Ab 1837 gehörte er gemeinsam mit →Ernst von Birk, →Theodor von Karajan, →Albert von Camesina und anderen dem „Dienstagkränzchen“ an, dessen Mitglieder sich mit heimischer Geschichte befassten. 1853 wurde auf Anregung F.s der Alterthumsverein zu Wien gegründet; 1854 wurde F. definitives Ausschussmitglied und stellvertretender Präsident. 1856–57 war er Schriftleiter der von ihm initiierten „Berichte und Mittheilungen des Alterthums-Vereines zu Wien“. Seine historischen, topographischen und kunsthistorischen Abhandlungen zur mittelalterlichen Geschichte, die auf ausführlichen Quellenstudien beruhen, veröffentlichte er vor allem in Schmidls „Oesterreichische Blätter für Literatur und Kunst“ und in der Zeitschrift des Alterthumsvereins. Einen 1860 an ihn ergangenen Auftrag von Kaiser →Franz Joseph I., für Kronprinz →Rudolf einen „Österreichischen Plutarch“ (eine Sammlung von Biographien verdienstvoller Österreicher) zu verfassen, musste er aus gesundheitlichen Gründen ablehnen. F. war Ehrenmitglied der historischen Vereine für Oberbayern (1849), von München (1850) und für Steiermark (1852), der historisch-statistischen Sektion der Mährisch-schlesischen Gesellschaft für Ackerbau, Natur- und Landeskunde (1856) und des Geschichtsvereins für Kärnten (1857). 1851 wurde er korrespondierendes und 1858 wirkliches Mitglied der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Wien. Sein Briefnachlass befindet sich in der Handschriftensammlung der Wienbibliothek.

W.: s. Hörmann.
N.: Almanach Wien 13, 1863, S. 51–59.
L.: M. Hörmann, J. F. (1811–1862). Leben und Werke, phil. Diss. Wien, 1959 (m. W.); R. Till, J. F. Zu seinem hundertsten Todestag, in: Wiener Geschichtsblätter 18 (78), 1963, S. 129–134; E. M. Auer, Die Verwaltung des Alterthumsvereins und der Verein für Geschichte der Stadt Wien, ebd. 33, 1978, S. 138–158; Materialiensammlung ÖBL, Pfarre St. Ulrich, UA, WStLA, alle Wien.
(U. Denk)   
Zuletzt aktualisiert: 15.3.2013  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 2 (15.03.2013)
1. AUFLAGE: ÖBL 1815-1950, Bd. 1 (Lfg. 4, 1956), S. 291
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Lithographie von A. Dauthage, 1859
Glasplattennegativ eines Bildnisses
Lithographie von A. Dauthage, 1859