Fessler, Ignaz Aurel (1756-1839), Theologe und Historiker

Fessler Ignaz Aurel, Theologe und Historiker. * Zurndorf (Burgenland), 18. 5. 1756; † St. Petersburg, 15. 12. 1839. F. besuchte 1770 die Lateinschule in Preßburg und beschäftigte sich 1771–73 mit philol. Stud. in Raab, 1773 trat er in Stuhlweißenburg in den Kapuzinerorden ein. Nach Aufenthalten in den Klöstern von Besnyö, Großwardein und Schwechat erhielt er 1779 die Priesterweihe und kam 1781 zu weiteren theol. Studien nach Wien, wo er mit dem Kirchenrechtler J. V. Eybel und mit Abt Rautenstrauch verkehrte. F. machte Joseph II. auf die Zustände in den Ordensgefängnissen aufmerksam und trug dadurch zu dessen Maßnahmen gegen die Klöster bei. 1784 Prof. der oriental. Sprachen und der alttestamentl. Exegese in Lemberg, trat er einer Freimaurerloge bei, wurde 1787 aus dem Orden entlassen, flüchtete nach Breslau und wurde Hauslehrer bei Fürst Schönaich-Carolath. 1791 trat er zur evang. Kirche A.B. über und heiratete. 1796 ging er nach Berlin, wo er die „Ges. der Freunde der Humanität“ gründete und mit Fichte an der Reform der Freimaurerorganisation arbeitete. 1798 Rechtskonsulent für die Kirchen- und Schulangelegenheiten in Neu-, Ost- und Südpreußen, trat er 1802 aus dem Freimaurerbund wieder aus und wirkte 1809/10 als Prof. an der Alex. Nevskij Akad. in St. Petersburg. 1810 Mitgl. der russ. Gesetzgebungskommission und 1811 Leiter eines Erziehungsinstitutes in Volsk. Seit 1813 hielt er sich in Saratov auf. 1818 geistlicher Präses des evang. Konsistoriums, 1833 Generalsuperintendent und Kirchenrat in St. Petersburg. F., genial veranlagt und vielseitig, mit manchen Reformideen, machte eine eigenartige religiöse Entwicklung durch, die ihn von der Mystik Augustins über den Deismus der Aufklärungszeit zum Pietismus herrenhutischer Prägung und zur Theologie Schleiermachers führte. Er verfaßte zahlreiche kirchenpolit., schöngeistige, philolog., Philosoph., religiöse und hist. Schriften, darunter mehrere Autobiographien. Seine hist. Werke, meist vom Standpunkt des ung. Patrioten aus gesehen, zeichnen sich durch reiches, allerdings wenig krit. verarbeitetes Quellenmaterial aus.

W.: Was ist der Kaiser, 1782; Attila, König der Hunnen, 1794, Alexander der Eroberer, 1797; Schriften über die Freimaurerei, 3 Bde., 1801f.; Ansichten von Religion und Kirchentum, 3 Tle., 1805; Gemälde aus den alten Zeiten der Hungern, 4 Bde., 1809; Ges. Werke, 22 Bde., 1809–16; Versuch einer Geschichte der Spanier, 1810; Die Geschichte der Ungern und ihrer Landsassen, 10 Bde., 1815–25, 2. Aufl., 1867ff.; Rückblicke auf meine siebzigjährige Pilgerschaft, 2 Bde., 1824–26, 12. Aufl. 1851.
L.: Nagl-Zeidler-Castle, s. Reg.; Wurzbach; ADB; Kosch, Literaturlex.; Giebisch-Pichler-Vancsa; G. Litschauer, Bibliographie zur Geschichte, Landes- und Volkskunde des Burgenlandes 1800–1929, 1929; F. Probst, Der Zurndorfer I.A.F., in: Volk und Heimat, Jg. 1/3, S. 4f.; ders., I.A.F.s dichterisches Werk, in: Burgenländ. Literaturbote I/8–9, S. 122ff.; Religion in Geschichte und Gegenwart II; Wetzer-Welte IV; Buchberger; W. Deinhardt, Der Jansenismus in deutschen Landen, 1829; G. Dörnhöfer, Die evang. Kirche im Burgenland, 1924; Szinnyei 3; Révai 7; vollständiges Werksverzeichnis bei: J. G. Meusel, Das gelehrte Teutschland, 1786, II/312, IX/335, XI/218, XIII/371, XVII/562, XXII 2. Abt./124, und J. Koszó, F.I.A., a regény és történetiso, in: Arbeiten zur dt. Philol., Bd. 30, 1923.
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 1 (Lfg. 4, 1956), S. 304f.
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