Feßler, Joseph (1813–1872), Bischof und Theologe

Feßler Joseph, Bischof und Theologe. Geb. Hofen (Lochau, Vorarlberg), 2. 12. 1813; gest. St. Pölten (Niederösterreich), 25. 4. 1872; röm.-kath. Sohn des Landwirts Gebhard Feßler und dessen Frau Genovefa Feßler, geb. Schneider. – F. besuchte 1824–30 das Gymnasium in Feldkirch und anschließend das Lyzeum in Salzburg und Innsbruck. Nach einjährigem Jusstudium in Innsbruck beschloss er, Priester zu werden, und trat 1833 in das Priesterseminar in Brixen ein, wo er die späteren Bischöfe →Franz Josef Rudigier und →Vinzenz Ferrer Gasser kennenlernte, mit denen er zeitlebens freundschaftlich verbunden blieb. Nach der Priesterweihe in Brixen 1837 durch Fürstbischof →Bernhard Galura wirkte er vorerst als Präfekt am Innsbrucker Theresianum. In der Folge supplierte er kurzzeitig Kirchengeschichte und Kirchenrecht in Brixen, ehe er 1839–41 am Wiener Frintaneum studierte; 1841 Dr. theol. an der Universität Wien. 1841–52 hatte er eine Professur für Kirchengeschichte und Kirchenrecht in Brixen inne. 1848 saß er als Abgeordneter in der Frankfurter Nationalversammlung und vertrat den Brixner Bischof bei der Würzburger Bischofskonferenz. Von dieser wurde er beauftragt, die Schrift „Ueber die Provincial-Concilien und Diöcesan-Synoden“ (1849) herauszugeben. Im April 1849 war er einer der zwölf beratenden Theologen, die an der ersten österreichischen Bischofskonferenz in Wien teilnahmen, wo er durch seine theologischen Referate hervortrat. Seine zweibändige Monographie „Institutiones patrologicae ...“ (1850–51) trug ihm 1852 die Professur für Kirchengeschichte und Kirchenrecht an der Universität Wien ein. Ab 1853 Mitglied der Academia Religionis Catholicae in Rom, war er in die Vorarbeiten für das österreichische Konkordat von 1855 eingebunden. 1853–63 fungierte er als Studiendirektor des Frintaneums; 1856 hielt er sich zu Kirchenrechtsstudien in Rom auf und wurde im selben Jahr zum Professor für dieses Fach an der Universität in Wien ernannt. 1858 begleitete er den Wiener Nuntius Antonino De Luca nach Siebenbürgen zwecks Klärung von Fragen betreffend die Unierten; 1861 Ernennung zum Konsultor der neu errichteten Kongregation für die unierten Ostkirchen. 1862 wurde F. Brixner Weihbischof und Generalvikar für Vorarlberg mit Sitz in Feldkirch (Titularbischof von Nyssa; Konsekration durch Bischof Gasser in Brixen). Im Jahr darauf unternahm er eine erfolglose Reise nach Rom, um im Auftrag Kaiser →Franz Josephs I. eine Revision des Konkordats in Fragen der Mischehen herbeizuführen. Im September 1864 wurde F. zum Bischof von St. Pölten ernannt (päpstliche Bestätigung im März 1865, Inthronisation im Folgemonat). In den sieben Jahren seiner Amtszeit setzte er den „St. Pöltner Boten“ als diözesanes Presseorgan ein, visitierte regelmäßig seine Diözese, baute ein gutes Verhältnis zu deren Klerus auf und bezog mehrfach öffentlich Stellung gegen die liberalen Maigesetze von 1868, die das Konkordat von 1855 aushöhlten. Als Bischof von St. Pölten war er 1865–72 Mitglied des Niederösterreichischen Landtags. Des Weiteren erwarb er für die bischöfliche Mensa das Gut Ochsenburg. In seiner Amtszeit wurde 1865 in St. Pölten ein Taubstummeninstitut eröffnet. Große Bedeutung erlangte F. im Zusammenhang mit dem 1. Vatikanischen Konzil (1869–70). Pius IX. machte ihn zum Generalsekretär des Konzils, wohl mitveranlasst durch F.s Werk über „Das letzte und das nächste allgemeine Concil“ (1869). F., der das volle Vertrauen des Papstes genoss, zeichnete sich durch unermüdlichen Fleiß aus. Kirchenpolitisch stand er auf der Seite der gemäßigt Ultramontanen, die die Mehrheit der Befürworter der päpstlichen Unfehlbarkeit (Infallibilisten) bildeten. Zur Rezeption der Konzilsdogmen veröffentlichte er 1871 die Schriften „Die wahre und die falsche Unfehlbarkeit der Päpste“ sowie „Das Vaticanische Concilium, dessen äußere Bedeutung und innerer Verlauf“. Über F.s theologisches Denken und kirchenpolitische Positionen geben seine umfangreiche Korrespondenz mit Bischöfen und Gelehrten sowie seine zahlreichen Publikationen Auskunft.

Weitere W. (s. auch Gatz; Erdinger; Frankl-Tropper): Studien über das österreichische Concordat vom 18. August 1855, 1856; Geschichte der Kirche Christi, als Religions-Lehrbuch ... für das Ober-Gymnasium, 1857, 4. Aufl. 1877 (auch ins Italienische und Tschechische übersetzt); Die Revision des Concordates, 1861; Die Protestantenfrage in Oesterreich, 1861; Praktische Weisung an die Seelsorgsgeistlichkeit für ihre äußere Amtsthätigkeit in Ehesachen ..., 1868.
L.: ADB; Bautz; Gatz, Bischöfe (mit Bild und W.); A. Erdinger, Dr. J. F. ..., 1874 (mit Bild und W.); M. Ransauer, Dr. J. F. ..., 1875 (mit Bild); Die Kath.-Theologische Fakultät der Universität Wien 1884–1984, ed. E. Ch. Suttner, 1984, s. Reg.; F. Schragl, Geschichte der Diözese St. Pölten, 1985, s. Reg.; Ch. Vallaster, Die Bischöfe Vorarlbergs, 1988; H. Best – W. Weege, Biographisches Handbuch der Abgeordneten der Frankfurter Nationalversammlung 1848/49, 1998; J. Gelmi, Geschichte der Kirche in Tirol, 2001, S. 484ff.; O. Krause, Biographisches Handbuch des NÖ Landtags 1861–1921, 2005, S. 46; Das „Frintaneum“ in Wien und seine Mitglieder aus den Kirchenprovinzen Wien, Salzburg und Görz (1816–1918), ed. K. H. Frankl – P. G. Tropper, 2006, s. Reg. (mit Bild und W.); Pfarre Bregenz, Vorarlberg.
(M. Sohn-Kronthaler)   
Zuletzt aktualisiert: 14.12.2018  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 7 (14.12.2018)
1. AUFLAGE: ÖBL 1815-1950, Bd. 1 (Lfg. 4, 1956), S. 305
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