Fischer, P. Zyrill (Cyrill) (Johannes); Ps. Frank Shields, Omnis, Poisonius, Spectator (1892–1945), Ordensmann und Publizist

Fischer P. Zyrill (Cyrill) (Johannes) OFM, Ps. Frank Shields, Omnis, Poisonius, Spectator, Ordensmann und Publizist. Geb. Schwarzenberg (Oberösterreich), 12. 7. 1892; gest. Santa Barbara, CA (USA), 11. 5. 1945; röm.-kath. Sohn eines Kleinbauern. – F. besuchte das Petrinum in Linz, trat 1910 in die Tiroler Franziskanerprovinz ein und legte die Matura 1914 am Franziskanergymnasium in Bozen ab. In der Folge studierte er Theologie in Salzburg, Schwaz und Bozen; 1918 Priesterweihe in Innsbruck, 1920–23 Kooperator und Katechet in Enns. 1923–24 studierte er Staatswissenschaft und Nationalökonomie an der Universität Innsbruck. Kardinal →Friedrich Piffl berief ihn 1924 zur Pressearbeit in die Katholische Schul- und Erziehungsorganisation Wien. Es folgten kritische Publikationen und Vorträge in Österreich, Deutschland, den deutschsprachigen Gebieten der Tschechoslowakei, Polens und Ungarns über den Austromarxismus, den Verein Freie Schule – Kinderfreunde sowie die Proletarischen Freidenker. Ab 1928 setzte sich F. in zahlreichen polemischen Analysen und Aufklärungsschriften mit der NS-Ideologie auseinander. Diese richteten sich insbesondere gegen national-katholische „Brückenbauer“. Sein Buch „Die Hakenkreuzler“ (1932) prognostizierte bereits viele katastrophale Folgen des Nationalsozialismus. Ab 1934 fungierte F. als Hauptschriftleiter der vom Volksbund der Katholiken Österreichs herausgegebenen Zeitschrift „Katholisches Leben“, wurde jedoch 1936 auf Betreiben des Generalsekretärs der Katholischen Aktion Leopold Engelhardt und Kardinal Theodor Innitzer dieses Postens enthoben, da seine Bekämpfung des Nationalsozialismus als „pastoral unklug“ empfunden wurde. 1936 unterzeichnete F. das Memorandum „Die Kirche Christi und die Judenfrage“, einen Appell an Papst Pius XI., gegen jeglichen Antisemitismus eindeutiger Stellung zu nehmen. Er war Mitarbeiter der „Christlichen Pressezentrale“ in Wien und verfasste – teilweise unter Pseudonym – Artikel für eine Reihe von Blättern (u. a. „Das Neue Reich“, „Tiroler Volksblatt“, „Wiener Sonn- und Montags-Zeitung“). Im Rahmen der Arbeiterkammer leitete er Diskussionsrunden mit sozialdemokratischen Arbeitern und war ab Jänner 1938 in geheimem Auftrag Bundeskanzler Kurt Schuschniggs an Verständigungsversuchen mit diesen beteiligt. F. engagierte sich auch in einer überparteilichen, an der Kirche am Hof in Wien angesiedelten Gruppe gegen den sich abzeichnenden „Anschluss“ Österreichs. Unmittelbar nach dem Einmarsch deutscher Truppen im März 1938 vernichtete F. viele Dokumente, damit sie nicht in die Hände der Gestapo fielen, und flüchtete unter abenteuerlichen Umständen über Ungarn, Italien, die Schweiz und Frankreich in die USA. In der Franziskanerprovinz von Cincinnati arbeitete er in der deutschsprachigen Redaktion der Zeitschrift „Sendbote des göttlichen Herzens Jesu“. 1941 übersiedelte er ins Kloster Old Mission im kalifornischen Santa Barbara, wo er bis zu seinem frühen Tod lebte. Dort entstand auch eine Freundschaft mit dem ebenfalls exilierten Schriftsteller Franz Werfel und dessen Ehefrau Alma Mahler-Werfel. F. beriet Werfel bei der Arbeit an seinem Roman „Das Lied von Bernadette“ über die Heilige Bernadette Soubirous und fungierte bei dessen Hollywood-Verfilmung als Mittler zu kirchlichen Stellen.

Weitere W. (s. auch Loidl; Kugler): Die Kinderfreunde-Bewegung, 1924; Kelle und Schwert. Ein Buch über den Wiederaufbau, 1925; Sozialistische Erziehung, 1926; Katholische oder sozialistische Weihnacht?, 1930; Die proletarischen Freidenker, 2. Aufl. 1930; Rettung vor dem Nationalsozialismus, in: Katholisches Leben 24, 1934; Wie sieht der Katholik das jüdische Volk?, 1935; Enttäuschungen um das deutsche Konkordat, in: Neue Ordnung 13, 1937; Todesstrahlen des Sowjetsternes, in: Sendbote des göttlichen Herzens Jesu 67, 1940, Nr. 11; Letters of Austria, in: The Catholic World 161, 1945, Nr. 961.
L.: R. Braun, in: Die Furche 2, 1946, Nr. 31, S. 6f.; F. Loidl, in: Beiträge zur Wiener Diözesangeschichte 14, 1973, S. 11ff. (mit W.); M. Kugler, Die frühe Diagnose des Nationalsozialismus. Christlich motivierter Widerstand in der österreichischen Publizistik, 1995, passim (mit W.); Ch. Kitzmüller, „... ein unangenehmer Rufer in der Wüste“. Der publizistische Widerstand des österreichischen Franziskaners Z. F. ..., theol. DA Graz, 2012.
(St. Kitzmüller)   
Zuletzt aktualisiert: 25.11.2016  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 5 (25.11.2016)
1. AUFLAGE: ÖBL 1815-1950, Bd. 1 (Lfg. 4, 1956), S. 320
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